2024-05-10T08:19:16.237Z

Totopokal
Dorfens Fanclub: Mit Fahnen und Spruchbändern unterstützte der Nachwuchs das Herrenteam. Foto: Weingartner
Dorfens Fanclub: Mit Fahnen und Spruchbändern unterstützte der Nachwuchs das Herrenteam. Foto: Weingartner

Dorfen: Beobachtungen am Rand

Kleine Ultras und ein paar versteckte Rote

Dorfen – 0:7 verloren? Zuhause? Eine Schmach? Muss der Trainer jetzt gehen? Keine Angst, Dorfens Trainer Michael Kostner sitzt so fest auf seinem Stuhl wie je zuvor. Denn erstens: Es ging gegen den TSV 1860 München. Zweitens: Gegen den hat man 1994 schon mal 2:17 verloren. Und drittens: Es gab weit Wichtigeres als das Ergebnis bei diesem Pokalspiel am Dienstagabend. Beobachtungen am Rand:

Die Dorfener Ultras: Die Buben hatten ihr Taschengeld zusammengelegt, und jetzt mussten noch die Mamas ran. „Die Jungs haben sich Fahnenstoff gekauft, der eben noch zusammengenäht gehörte“, erzählt Günter Sattler. Der Jugendleiter des TSV kennt sie alle: Die Buben von den Dorfener Ultras, die – wenn sie nicht gerade selbst für den TSV kicken – die erste Mannschaft anfeuern, insbesondere Michi Friemer und Andi Brenninger – ihre erklärten Lieblingsspieler. Auch beim Auswärtsspiel am Königsee seien sie dabei gewesen. Die Niederlage dort war freilich schmerzlicher als das 0:7 am Dienstagabend gegen die Löwen. Zumindest für Tim Daubenbüchel, der schließlich auch sonst dem TSV 1860 die Daumen drückt. Bayern-Fan Flo Brenninger und FCA-Anhänger Felix Blaha sehen das durchaus ein bisserl anders. Was die drei und das gute Dutzend weitere Mitstreiter eint: Sie feuern ihre Jungs an. Mit den neuen Fahnen. Den Mamas sei Dank.

Kostners schweres und leichtes Spiel

Das Geburtstagskind: Er bekam vom Trainersohn einen Kuchen. In der Kabine warteten Luftballons mit der 26 drauf. Aber entscheidend ist aufm Platz. Auch für Gerhard Thalmaier. „Ich muss mich manchmal zwicken, denn ich kann immer noch nicht glauben, dass das wahr ist“, sagt der Torjäger des TSV Dorfen. 800 Zuschauer bei einem Aufstiegsspiel mit seinem Ex-Verein TSV St. Wolfgang – das sei bisher die größte Kulisse gewesen, vor der er gespielt habe. „Aber heute! 2500 Zuschauer! Des werd so geil!“ Dann schaut er den Reporter kurz an und fügt hinzu: „Für so etwas ist man Fußballer.“ Und dann träumte er noch ein wenig. „In so einem Spiel kriegst du als Stürmer vielleicht eine Chance. Und die musst du nutzen.“ Letzteres hat allerdings nicht geklappt.

Der entspannte Coach: Für Michael Kostner ist es das leichteste und schwerste Spiel seiner Trainerkarriere überhaupt. Leicht, was die Motivation der Spieler anbelangt. „Ich werde in der Kabine nicht viel sagen“, kündigt er schon vor dem Spiel an. „Du kannst da eh sagen, was du willst“, weiß der Coach, der einst als 18-Jähriger mit Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal gewann. „Das war mein größtes Spiel“, erinnert er sich und wiederholt nochmal: „Die Jungs sollen das genießen. Das Ergebnis ist zweitrangig. Und heute ist mir die Bezirksliga völlig egal.“ Echt? Aber am Freitag steht doch schon die Partie gegen Wasserburg an. „Heute ist mir das wurscht“, wiederholt er, und nein, er werde die Auswechslungen auch nicht in Hinblick auf das Freitagsspiel tätigen. Womit wir auch schon bei seinem schwierigsten Spiel sind: „Ich kann leider nicht alle einwechseln. Ich muss vier Spielern weh tun. Das ist wirklich schlimm. Aber da muss ich als Trainer durch.“ Letztlich mussten Ersatzkeeper Andreas Gunderlach, Thomas Ertl, Shqipron Shoshaj und Andreas Brenninger draußen bleiben.

Der traurige Dauerverletzte: Dass Leo Balderanos nicht dabei sein kann, war vorher schon klar. Der 22-Jährige plagt sich mit Kalkablagerungen im Becken rum und fällt noch bis Ende des Jahres aus. „Klar ist das für mich bitter“, sagt das Talent, das bereits in Taufkirchen, Landshut und Burghausen gespielt hat. „Aber mich freut’s für jeden einzelnen der Jungs, dass sie so etwas erleben dürfen.“ Er rühmt den Teamgeist in seiner Mannschaft („Einfach nur super“). Klar, dass er auf der Ersatzbank Platz nahm.

Die Rote vom Roten Kreuz

Die Auswärtshelfer: Mit sechs Einsatzkräften, einem Rettungs- und einem Krankentransportwagen ist das Rote Kreuz vor Ort – und haben ein Auswärtsspiel. „Wir sind aus Mühldorf. Der Bereitschaftsleiter hat das so eingeteilt“, sagt eine der Helferinnen und outet sich. „Ich bin Bayern-Fan.“ Aber sie wünsche den Löwen den Aufstieg in die Bundesliga. „Das wäre wirklich schön“, sagt sie. „Und dann sollen sie gegen die Bayern gscheit verlieren. Dass a Ruah is.“ Ruhig wird es wohl zwischen den beiden Vereinen nie werden. Und wer will das eigentlich?

Der Fan-Club-Boss: Willi Krähmüller ist Chef des 160 Mitglieder starken Löwen-Fanclubs Taufkirchen/Vils. Dass er die Partie in Dorfen vor Ort sehen kann, ist keine Selbstverständlichkeit. „Ich habe die Karte von einem Spezl bekommen.“ Allzu oft werde er seine Sechziger wohl gar nicht mehr live sehen können, befürchtet der 64-Jährige. „In der Allianz Arena war das kein Problem. Da haben wir 50 Karten geordert und sind dann mit dem Bus nach München gefahren“, sagt er. Fürs Grünwalder gebe es aber so gut wie keine Tickets. „Das ist wirklich schlechter geworden“, meint Krähmüller, „aber sonst ist vieles besser. Die Spieler stehen wieder zu Sechzig. Das ist doch das Entscheidende“. Sein Tipp („Die Löwen gewinnen mit vier Toren Unterschied“) ging nicht ganz auf. Derzeit übertreffen die Sechziger sogar die Erwartungen ihrer Fans.

Tarnung mit Löwen-Schal

Neue Freunde: Weit über 100 Helfer hat Günter Sattler auf den Organisationsplänen. „Alle im Verein wollen uns unterstützen“, sagt er und blickt auf die vier aufgebauten Kioskstände, auf die um ihn herumwirbelnden Mädels, die den VIP- und Pressebereich betreuen, und die zahllosen Platzordner. Und nicht nur der TSV hilft. Der ESC Dorfen kümmert sich um den Parkplatz. Wie berichtet, dürfen die Eishackler die Parkgebühren (drei Euro pro Auto) behalten, weil sie dafür die Zusatztribüne bereitstellten. Es ist ein gutes Geschäft. Der Parkplatz ist schnell voll – vor allem mit Kennzeichen, die am Ende ein 1860 tragen. Und alles läuft gesittet ab. Oder wie es eine Einweiserin ausdrückt: „Wir hatten hier keine Randalierern – nur ein paar schlechte Autofahrer“.

Die Einlauf-Eskorte: Es ist ein großer Tag auch für die kleinen Kicker des TSV Dorfen, die als Einlaufeskorte aufs Feld dürfen. Einen besonderen Job hat dabei Raphael Mildner. Der achtjährige Torjäger der F-Jugend führt Schiedsrichter Thomas Berg auf den Platz. „Hat Spaß gemacht“, sagt der Bub und verrät sein Geheimnis: „Ich bin Bayern-Fan. Mein Lieblingsspieler ist Thomas Müller.“

Und noch ein Roter: Ja, die blaue Wand von Dorfen, war tatsächlich unterwandert von einigen Bayern-Fans, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Einer trug sogar eine Löwen-Schal. Wer, das bleibt hier geheim. Nur soviel: Was der Vater, ein Stock-Blauer, nicht geschafft hat, ist der charmanten Freundin dann doch gelungen.

Text: Dieter Priglmeir

Aufrufe: 024.8.2017, 10:53 Uhr
Dieter Priglmeir - Erdinger AnzeigerAutor