Dabei hatten der Vorsitzende der ersten Stunde, als Chemiker im Schwefelsäurebetrieb der damaligen Farbenfabriken Bayer in Dormagen angestellt, trotz des in der Satzung beschriebenen Vereinszwecks, „Ausübung des geregelten Fußballbetriebs und sonstiger Leibesübungen“, und seine Mitstreiter damals wohl ausschließlich den Aufbau eines schlagkräftigen Fußballklubs vor Augen. Doch dazu später mehr.
Das größte handballerische Ereignis, das der Rhein-Kreis je erlebt hat Zunächst geht es nämlich mal zurück ins Jahr 1993: Weil den Verantwortlichen der International Handball-Federation (IHF) die liebevoll „Schweinehalle“ genannte Dreifachhalle an der Konrad-Adenauer-Straße, in der der TSV bis zur Eröffnung des Bayer-Sportcenters im März 2002 all seine Bundesligapartien bestritt, dem Anlass nicht würdig genug erschien, trug der TSV Bayer Dormagen das Finalhinspiel um den IHF-Europapokal gegen Teka Santander in der Wilhelm-Dopatka-Halle in Leverkusen aus. Ein Trauma, trotz des 24:20-Sieges über die hochfavorisierten Spanier. „Hätten wir in unserer Halle gespielt, hätten wir das Hinspiel höher gewonnen – und wären Europapokalsieger geworden,“ sagt Alt-Bürgermeister Heinz Hilgers noch heute. In seiner Funktion als oberster Bürger Dormagens und Edelfan zugleich führte er eine Woche später auch die Expedition per Charterflug ins damals brütendheiße Kantabrien an – und erlebte, wie sich Santander vor 3000 Zuschauern mit dem 26:20-Erfolg den Titel holte. In Erinnerung geblieben ist aber vor allem das erste Duell: Auf der einen Seite die Startruppe aus Spanien, angeführt vom zweifachen Welthandballer des Jahres (1994 und 1996) Talant Dujshebaev und Olympiasieger Michail Jakimowitsch, auf der anderen das Team mit den Dormagener Eigengewächsen Dieter Springel, Klaus Dyllong und Norbert Nowak, für die das internationale Parkett absolutes Neuland bedeutete. Sicher, so ganz namenlos war die Truppe des Trainergespanns Hade Schmitz und Michael Biegler dank der international erfahrenen Andreas Thiel im Tor, Christian Fitzek am Kreis und Michael Klemm auf der Regieposition auch nicht, trotzdem galt der Heimsieg des TSV damals als Sensation – und der 22. Mai 1993 wird wohl auf ewig als bedeutendstes Datum in der heimischen Handball-Historie stehen.
Medaillenschmiede und Meistermacher der Dormagener Leichtathleten Kaum ein Sportverein im Rhein-Kreis hat Titel und Medaillen – mit der silbernen von Stabhochspringer Björn Otto bei den Olympischen Spielen 2012 als Höhepunkt – gesammelt wie die Leichtathletik-Abteilung des TSV Bayer Dormagen. Die wurde am 1. Juni 1960 aus dem TuS Bayer Dormagen heraus durch den 2004 verstorbenen Willi Esser gegründet. Der, damals noch keine 20 Jahre alt, wurde zu einer der herausragenden (Sport-)Persönlichkeiten im Rhein-Kreis, war von 1984 bis 1990 Vorsitzender des Kreissportbundes Neuss (KSB) und rief 1989 den Korschenbroicher City-Lauf ins Leben, der zu den größten Stadtläufen Deutschlands gehört.
1965 trat Herbert Missalla auf den Plan. Der Mittelstreckler, 1958 Sechster der Europameisterschaften, machte schnell Karriere als Hauptgeschäftsführer des TSV (von 1965 bis 1995) und wurde „nebenbei“ einer der angesehensten Leichtathletik-Trainer Deutschlands. In den siebziger und achtziger Jahren führte er die Dormagener Sprinterinnen um Elke Barth, Birgit Seiring, Ute Weichenthal und Susanne Kinder in die nationale Spitze (und war Juniorinnen-Bundestrainer des DLV). Später entdeckte er sein Herz für die Langstreckler und machte den TSV Bayer um Martin Grüning, Bernd Rangen und Bernd Kofferschläger zu einer Hochburg in dieser Disziplin. Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand blieb der TSV dank Athleten wie Birgit Kähler (Olympia-Teilnehmerin im Hochsprung), Andreas Linden (WM-Teilnehmer im Speerwurf), Daniela Rath (EM-Dritte im Hochsprung), Thorsten Naumann (Studenten-Vizeweltmeister über 5000 Meter) und Lars Börgeling (Jugend-Vizeweltmeister im Stabhochsprung) eine Top-Adresse der deutschen Leichtathletik. Die in Elke Barth (Montreal 1976), Sabine Everts (Seoul 1988), Birgit Kähler (Barcelona 1992) und Björn Otto (London 2012) vier Olympia-Starter hervorbrachte.
Als TSV-Schwimmer Weltklasse waren Das herausragende Stück Abteilungsgeschichte – 1966 mit Günter Beilstein als erstem Vorsitzenden von elf Schwimmsportenthusiasten gegründet – wurde in der Zeit von 1984 bis 1988 geschrieben: 1984 gewann Brust-Spezialist Rolf Beab über 100 Meter den Europa-Cup in Bergen, zwei Jahre später verfehlte er auf dieser Strecke in 1:00,3 Minuten nur hauchdünn die Minuten-Schallmauer – schwamm aber Weltbestzeit. Bei der EM 1985 in Sofia holte Beab in der Lagen-Staffel Gold und Silber im Einzel. Beim Europacup lieferten die Dormagener Beab, Buchholz, Goebel sowie Ute Hasse, Birgit Schulz und Ralf Diegel fast ein Drittel der Punkte für das siegreiche deutsche Team. Mit fünf Teilnehmern (Stephan Güsgen als Sechster wurde trotz Qualifikation ausgeladen) war der TSV bei den Weltmeisterschaften 1986 der am stärksten vertretene Verein. Die Krönung in dieser Zeit war die Olympia-Teilnahme von Güsgen (vorher Europarekord über 50 Meter Schmetterling) 1988 in Seoul, wo er 14. wurde.
Von der Hobbygruppe zu Fecht-Weltmeistern Der TSV Bayer hat seit 2005 sechs Einzel-Weltmeister und sieben Mannschafts-Weltmeister hervorgebracht und ist damit ziemlich sicher der erfolgreichste Säbelfechtverein Deutschlands, wenn nicht der Welt. Die Mannschaftseuropameister Max Hartung, Matyas Szabo und Benedikt Wagner sind längst für die Olympischen Spiele 2021 in Tokio qualfiziert. Dabei waren die Anfänge mehr als bescheiden: Die ersten Trainingseinheiten fanden, drei Wochen nach Gründung der Fechtabteilung am 8. Oktober 1954 im Hotel Schnorrenberg unter Vorsitz von Dr. Hans Haimerl, im Feierabendhaus der Bayer AG statt. Und noch zwei Jahre später waren es nicht mehr als zehn Aktive, die dem Umgang mit der Waffe frönten. Es gab sogar Bestrebungen, die Abteilung wieder aufzulösen. Erst ab 1959 ging es unter den Fittichen von Fechtmeister Friedrich W. Eggert bergauf. Zum ersten Topmann avancierte Paul Wischeidt, dem mit 24 Jahren als erstem Dormagener Sportler überhaupt die Qualifikation für die Olympischen Spiele gelang. In Mexiko belegte er Rang neun im Einzel und Platz vier mit der Mannschaft und begründete so eine Tradition, die bis heute zehn Olympia-Teilnehmer (plus zwei Paralympcis) hervorgebracht hat. Seit 1975 ist der TSV Gastgeber des Nachwuchsturniers um den „Preis der Chemiestadt Dormagen“, inzwischen das größte Weltcup-Turnier für Junioren der Welt.
Als die F ußballer bei den Großen anklopften Und damit zum Abschluss dieses kleinen Streifzugs noch mal zurück zu den Kickern.1992 wechselte in Markus Anfang „ne Kölsche Jung“ zum TSV Bayer Dormagen. Verantwortlich dafür waren der damalige Geschäftsführer Gregor Schwermer und Harald Pauly, für ewig und drei Tage Obmann am Höhenberg. „Das Bindeglied zwischen Mannschaft und Vorstand“, sagte er selbst. Rainer Lisson, Vorstand Sport und Kommunikation beim TSV: „Der Harald ist hier bei uns eine absolute Legende.“ Ein lebendes Fußballlexikon. Er und Schwermer waren bei Reiner Calmund in Leverkusen vorstellig geworden – und entdeckten Anfang. „Der wohnte in Chorweiler, da sind wir dann hingefahren und haben gesagt: ‚Du kannst doch von hier aus in 15 Minuten bei uns am Platz sein‘“, erinnerte sich Pauli später.
Von da an kickte Anfang unter Ex-Bayer-Profi Klaus Bruckmann in Dormagen. „Er war von Beginn an ein Führungsspieler im Mittelfeld. Auch wenn er ja nicht der Größte, sondern eher etwas klein geraten war. Als er hierhin kam, ging es mit uns sportlich steil bergauf“, sagte Pauli. 1993 verpasste der TSV unter Bruckmann als Vizemeister hinter Rot-Weiß Oberhausen nur hauchdünn den Sprung in die Oberliga. Nach zwei Jahren in Dormagen wechselt Anfang, der nach Trainerstationen beim SC Kapellen, Holstein Kiel und 1. FC Köln mittlerweile beim Zweitligisten Darmstadt 98 unter Vertrag steht, zurück zu den Amateuren nach Leverkusen und von dort nach Düsseldorf, wo er 1995 seinen ersten Profivertrag unterschrieb. Am Höhenberg ist der Ex-Schalker bis heute als „korrekter und gradliniger Junge“ in Erinnerung geblieben.
Verein Hat als Mehrspartenverein mit knapp 4000 Mitgliedern eine breiten- und leistungssportliche Ausrichtung. Das eigene Teilinternat trägt zur schulischen Unterstützung der Nachwuchssportler bei. Darüber hinaus ist der Verein ein enger Partner des Sportinternats Knechtsteden.
Bayer 1952 erhielten der SV (1920) und der TuS Dormagen (1927) von den Farbenfabriken Bayer die Erlaubnis, den Namen BAYER im Namen zu führen.