2024-04-23T13:35:06.289Z

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Bald kann er über den fünften Aufstieg in Folge jubeln: Dominik Haas, Kapitän des TSV Wasserburg.  Hübner
Bald kann er über den fünften Aufstieg in Folge jubeln: Dominik Haas, Kapitän des TSV Wasserburg.  Hübner

Haas: „Da muss ich weniger laufen, vielleicht ganz gut in meinem Alter“

Wasserburg vor dem Aufstieg in die Bayernliga

Knapp 500 Kilometer sind es von Elversberg nahe der französischen Grenze nach Ramerberg in der oberbayerischen Provinz. Rund fünf Stunden mit dem Auto, viel Zeit, um nachzudenken.

Viel ist Dominik Haas auf dieser Fahrt durch den Kopf gegangen, er wusste, der Vater sähe es gerne, würde er bei der SV Elversberg einen neuen Anlauf nehmen Richtung Profi-Karriere. Haas stammt aus einer Fußballer-Familie, Leo, der ein Jahr ältere Bruder, war Profi, Matthias, der jüngere, später auch. Dominik hat selbst mal bei Bayern gespielt, ist sogar zweimal Deutscher Meister geworden mit den A-Junioren, einmal war er einer der Torschützen im Finale. Seine Mitspieler damals hießen Lahm und Schweinsteiger, Rensing und Ottl, fast alle haben den Sprung zu den Profis geschafft. „Bis auf drei“, sagt Haas und lacht: „Ich war einer davon.“

Damals, auf der Heimfahrt von Elversberg, fiel die Entscheidung. Gegen den Profifußball. Für ein Studium. „Mir war das alles zu weit weg, ich brauche das familiäre Umfeld, meine Eltern, meine Brüder, meine Freunde.“ Es war der erste große Einschnitt im Leben des Fußballers Dominik Haas. Der zweite folgte im Frühjahr 2013. Haas, inzwischen Lehrer für Mathe und Sport, war der Aufwand, den er für die Regionalliga mit 1860 Rosenheim betreiben musste, ein bisschen viel geworden. Fast 30 war er und der Spaß am Fußball war nicht mehr der von damals, als er jünger war.

Im November wird Haas 36. Und steht plötzlich wieder an der Schwelle zur Bayernliga. Bis runter in die A-Klasse ist er 2014 gegangen, tiefer geht’s kaum. Hobbyfußball mit Freunden, so etwas war das damals beim TSV Wasserburg. Niki Wiedmann ist mit Matthias, Dominiks jüngerem Bruder, aus Rosenheim dazugestoßen, „ich wollte nochmal mit den beiden zusammenspielen, den Spaß wiederfinden, auch etwas aufbauen.“ Wasserburg war lange in der Bezirksoberliga, ist dann immer tiefer gestürzt, Bezirksliga, Kreisklasse, A-Klasse. Dominik tat das weh, in Ramerberg, ein paar Kilometer außerhalb der Innstadt, ist er groß geworden, er kannte den Verein, das Umfeld, die latente Begeisterung für den Fußball. Es war eine Art Wiederbelebung.

„An die Bezirksliga habe ich damals schon heimlich gedacht, aber Bayernliga. . .“

Nie aber hat Haas von dem geträumt, was sich daraus entwickeln sollte. Jahr für Jahr ist man aufgestiegen, in die Kreisklasse, die Kreisliga, die Bezirks- und die Landesliga. Vier Spieltage vor Schluss steht man nun vor dem Sprung in die Bayernliga, neun Punkte Vorsprung sind kaum zu verspielen. „An die Bezirksliga habe ich damals schon heimlich gedacht, aber Bayernliga. . .“ Haas schüttelt den Kopf, ungläubig, es ist ein echtes Fußballmärchen, noch immer aber ist er vorsichtig: „Ich habe im Fußball schon so viel erlebt.“

Nicht immer in den letzten Jahren ist Wasserburgs Durchmarsch so glatt verlaufen. Vor zwei Jahren hat man in der Kreisliga am drittletzten Spieltag die Spitze an Reichertsheim abgegeben und musste in eine nervenaufreibende Relegation. In vier Spielen hat man sich gegen Traunreut und hauchdünn gegen Taufkirchen durchgesetzt, der „schwierigste aller Aufstiege“ für Haas, „der aber hat uns richtig zusammengeschweißt und Kräfte freigesetzt für die Bezirksliga.“

Inzwischen hatte Leo Haas nach Ende seiner Profikarriere das Traineramt von Onkel Christian übernommen, die drei Haas-Brüder hatten sich zuvor noch den Traum erfüllt, gemeinsam in einer Mannschaft zu spielen. Für Dominik ein wunderschönes Geschenk, „wir harmonieren prächtig, nicht nur auf dem Platz.“ Auch jetzt noch, da der große Bruder quasi der Vorgesetzte ist? „Leo macht das super, der bringt eine professionelle Einstellung mit, die uns alle nur begeistert. Sogar Videoanalysen machte er“, nicht unbedingt das, was man im Amateurfußball erwartet.

„Ich weiß nie, wohin er schießt, aber irgendwie findet er mich immer“

Eigentlich hatte Dominik Haas damals 1860 Rosenheim verlassen, weil er kürzer treten, sich mehr auf den Beruf und die inzwischen vierköpfige Familie konzentrieren wollte. Der Fußball aber hat ihn nicht losgelassen, im Gegenteil, gerade in den unteren Spielklassen ist die Freude am Spiel, der Spaß am Fußball zurückgekehrt. „Ich freue mich auf jedes Training“, inzwischen wieder dreimal die Woche. Der Aufwand ist fast wie damals: „Anfangs sind wir am Wochenende nach Maitenbeth gefahren, nun wieder bis nach Bogen, zweieinhalb Stunden einfach.“ Aber er ist unter Freunden, unter Brüdern, mit Georg Haas, dem Torhüter, ist auch der Cousin dabei. Der TSV Wasserburg ist auch ein Projekt der Fußball-Familie Haas. Dominik ist Kapitän, mit 14 Treffern erfolgreichster Torschütze, knapp vor Bruder Matthias, der als Standard-Spezialist meist die Vorarbeit leistet: „Ich weiß nie, wohin er schießt, aber irgendwie findet er mich immer.“

Ab Sommer, wenn der fünfte Aufstieg in Folge unter Dach und Fach ist, spielen die Haas-Brüder wieder in der zweithöchsten bayerischen Liga, noch immer kaum zu begreifen für Dominik. Wenn der Körper mitspielt, will er es noch mal versuchen, der Ehrgeiz ist ungebrochen. Allerdings würde er, der im Laufe der Jahre, eigentlich untypisch, vom Defensiv- zum Offensiv-Spieler geworden ist, gerne wieder mehr nach hinten rücken. „Da muss ich weniger laufen, vielleicht ganz gut in meinem Alter.“ Der Spaß aber ist wieder da, „schön, wenn man das am Ende einer Karriere sagen kann“.

Und er hat nichts, aber auch gar nichts zu bedauern. Vielleicht wäre alles ganz anders gelaufen, wäre Elversberg nicht ganz so weit entfernt von Ramerberg. Vielleicht hätte Dominik Haas als Profi gut verdient, aber hätte er auch diesen Spaß am Fußball gefunden? Nein, er ist zufrieden mit seinem Leben. „Ich habe eine tolle Familie, einen tollen Beruf, tolle Kollegen und ein super Umfeld in Wasserburg.“ Die Entscheidung, die damals auf der langen Heimfahrt reifte, sei richtig gewesen. Absolut.

Aufrufe: 024.4.2019, 10:49 Uhr
Reinhard HübnerAutor