2024-04-30T13:48:59.170Z

Ligavorschau
„Wir brennen auf diese Partie“: Abwehr-Heißsporn Dennis Erdmann, einer von Bierofkas neuen Leitlöwen.  sampics / Stefan matzke
„Wir brennen auf diese Partie“: Abwehr-Heißsporn Dennis Erdmann, einer von Bierofkas neuen Leitlöwen.  sampics / Stefan matzke

TSV 1860 startet mit Jetzt-erst-recht-Mentalität gegen Münster in die Dritte Liga

Reise ins sportlich Ungewisse

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Der TSV 1860 steht unter Erfolgsdruck. In Ermangelung größerer Kaderveränderungen setzt Löwen-Trainer Bierofka umso mehr auf Mentalität.

München – Da ist er wieder, der berühmte Tunnelblick. Zwei, drei Tage vor einem Pflichtspiel setzt Daniel Bierofka die Scheuklappen auf, wie er kürzlich sehr unterhaltsam schilderte. Ob seine Frau zum Essen bittet oder die Kinder rufen – dringt dann alles nicht mehr vor bis zum Löwen-Trainer, der die innere Abschottung wie folgt beschreibt: „Im Tunnel kann ich außer unserem Spiel, unserem Matchplan und möglichen Varianten des Gegners nichts mehr an mich ranlassen.“ Es kann dann auch passieren, dass der stets korrekte Fußballlehrer ein- und demselben Reporter gleich zweimal die Hand zur Begrüßung schüttelt wie am Donnerstag, dem Tag vor dem Saisonauftaktspiel in der 3. Liga.

Das Spiel gibt es hier im Liveticker:

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Natürlich ist der Bierofka-Tunnel besonders mächtig, jetzt, da eine Reise ins sportlich Ungewisse ansteht. Der Trainer hat mehrfach betont, dass schon der Klassenerhalt in der heute beginnenden Spielzeit als Erfolg zu werten wäre. Zu schmal besetzt sei weiterhin der eigene Kader, der nur unter größter Mühe mit zwei Führungsspielern verstärkt wurde (Timo Gebhart, Dennis Erdmann). Zu ausgeglichen dagegen stuft Bierofka die Liga an sich ein, die sowohl von oben als auch von unten massiven Qualitätszuwachs erfahren habe.

Als erster von 19 Kontrahenten stellte sich heute Preußen Münster vor, ein Gegner, der es dem 1860-Coach – Tunnel hin, Tunnel her – nicht einfach macht, einen adäquaten Matchplan auszuarbeiten. Als „Wundertüte“ bezeichnet Bierofka die Westdeutschen, die in Martin Kobylanski, 25, einen der besten Zehner der Liga an Eintracht Braunschweig verloren haben und ohne konkretes Ziel in die Saison gehen. „Stark sind sie trotzdem“, glaubt der 1860-Coach: „Von den Einzelspielern her haben sie immer noch eine gute Qualität für die 3. Liga.“

Und die eigene Mannschaft? Mangels größerer Veränderungen im Kader setzt Bierofka auf funktionierende Automatismen – die meisten Spieler arbeiten schließlich schon länger unter ihm. Darüber hinaus hofft er auf eine Trotzreaktion als Folge der allgemeinen Stimmungslage um das Team: „Meine Spieler haben in den letzten Wochen eine Jetzt-erst-recht-Mentalität entwickelt“, hat der Coach festgestellt: „Sie wollen beweisen, dass sie zu Unrecht als Abstiegskandidat Nummer 1 genannt werden.“

Was die von Bierofka geforderte Kratzbürstigkeit angeht, ruhen seine Hoffnungen auf der neu geschaffenen Mentalitäts-Achse. Diese beginnt bei Hendrik Bonmann im Tor. Sie setzt sich fort über den berüchtigten Abwehr-Heißsporn Dennis Erdmann („Wir brennen auf diese Partie“), im Mittelfeld über den auch nicht als zimperlich bekannten Gebhart – bis hin zu Sascha Mölders, dem bewährten Alphatier in der Sturmspitze. „Letztes Jahr waren wir eine sehr brave Mannschaft“, begründet Bierofka die Hintergründe seiner auf Charakterprofis zielenden Rasterfahndung: „Mir war es daher wichtig, dass wir ein paar extrovertierte Spieler hinzubekommen.“ Dass Gebhart nur vier Tage nach seiner Rückkehr im Kader stehen wird, ist beschlossene Sache. Wie lange er spielen wird, da will sich der Coach noch nicht genau festlegen. „Timo hat schon im Training seine Akzente gesetzt“, so Bierofka: „Er kann mit einer Aktion ein Spiel entscheiden, daher ist es eine Option für mich, ihn reinzuschmeißen.“

Obwohl er selbst nicht so wirkte, beteuerte Bierofka, „lockerer“ als vor einem Jahr in die Saison zu gehen. Der Grund dafür sei, dass die Doppelbelastung mit der Fußballlehrer-Ausbildung wegfalle, „meine größte Lebensleistung bisher“. An ihre Stelle tritt die Aufgabe, die Liga zu halten, „möglichst vor dem 38. Spieltag“. Anders ausgedrückt: Je früher ein Licht am Ende des Tunnels erscheint, desto besser für die Löwen. Und für Bierofkas Umfeld.

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TSV 1860 tritt am Freitag gegen Preußen Münster an: Bonmann oder Hiller - Bierofka hat sich für einen Torwart zum Drittliga-Start entschieden.

Aufrufe: 019.7.2019, 09:30 Uhr
Münchner Merkur / tz / Uli KellnerAutor