2024-05-10T08:19:16.237Z

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Kompetent und kritisch: Fußballexperte Peter Grosser.
Kompetent und kritisch: Fußballexperte Peter Grosser. – Foto: mis

Peter Grosser (†82): Für „Zinko“ war die Erste Liga gerade gut genug

Claudius Mayer über seine Begegnungen mit dem Charakterkopf

Reporter-Veteran Claudius Mayer kannte Meister-Kapitän Peter Grosser seit 30 Jahren und erinnert sich an die vielen Begegnungen mit dem Charakterkopf.

München – Seit 1963 ist mir der Name Peter Grosser ein Begriff. Damals wechselte der technisch so hochbegabte Halbstürmer vom FC Bayern zum TSV 1860, der als einziger Münchner Verein in die neugegründete Bundesliga aufgenommen worden war. Und erstklassig zu sein, war für einen wie Grosser gerade gut genug.

Im Lager der blauen und roten Anhänger sorgte der Wechsel für große Aufregung und Missstimmung. Bei den einen, weil sie ihren Spieler ungern verloren, bei den anderen, weil sie keinen Roten in ihren Reihen haben wollten. Mir als 12-jährigem Löwen-Fan war das wurscht. Hauptsache, ein guter Spieler mehr war da.

Peter Grosser über Wechsel vom FCB zu 1860: Nach zwei Treffern gegen Dortmund „war dann a Ruah“

Auf anfängliche Pfiffe und Beschimpfungen reagierte Grosser auf seine Weise – mit Toren. Eine Woche nach seinem Einstand beim 1:1 gegen Braunschweig traf er beim 3:3 in Dortmund doppelt. „Da war dann a Ruah“, erzählte er mir viele Jahre später mit einem schelmischen Grinsen.

Dabei hätte es den Löwen-Anhängern ohnehin gefallen müssen, wie der damals 24-Jährige die Bayern bei seinem Wechsel ausgetrickst hat. Grosser: „Ich bluffte mit einem Wechsel zu Fortuna Düsseldorf, der dem FC Bayern wenig Ablöse eingebracht hätte. Und dann sagte ich ihnen, dass sie weitaus mehr Geld bekommen würden, wenn sie mich zum TSV 1860 ziehen lassen. Das gab dann den Ausschlag.“

Peter Grosser: Sein Spitzname in der Mannschaft war „Zinko“

Die Gespräche mit Grosser, den ich vor etwa 30 Jahren als Reporter näher kennengelernt hatte, waren immer amüsant und gaben viel her. Dabei ist er als Fußballer eigentlich immer mehr „ein Eigenbrötler gewesen“, wie Mitspieler Hans Rebele aus der Meistermannschaft verriet: „Es gab ein paar Anweisungen beim Warmmachen vor dem Spiel, das war’s.“

„Zinko“ wurde Grosser deshalb teamintern genannt. Ein „verzinkter Hund“ würde man auf Bairisch sagen. Das bekam auch der legendäre Trainer Max Merkel zu spüren, der auf Betreiben von Grosser und Torhüter Petar Radenkovic im Dezember 1966 „abgeschossen“ wurde. 12:3 gegen Merkel hieß es nach interner Abstimmung. Für Grosser war es bis zuletzt die richtige Entscheidung.

Peter Grosser: Der Verlust der beiden Söhne war ein schwerer Schicksalsschlag

Ein halbes Jahr zuvor war die blaue Welt für mich noch völlig in Ordnung gewesen. Die Löwen waren Deutscher Meister geworden, nicht zuletzt dank Grossers grandiosem „Slalom-Tor“ am vorletzten Spieltag beim 2:0 in Dortmund. Mit Max Merkel. Aber Grosser hatte später seine eigene Ansicht: „Wir sind nicht wegen Merkel Meister geworden, sondern trotz Merkel!“

Grossers Abschied als Spieler war weniger schön. In seiner letzten Saison, 68/69, war er viel verletzt und wenn er spielte, pfiffen ihn die Zuschauer aus und verhöhnten ihn. Die richtigen Schicksalsschläge sollten aber noch auf ihn warten. 1979 kam sein ältester Sohn Peter bei einem Autounfall ums Leben. Grosser sagte mir vor ein paar Jahren: „Das Schlimme ist, dass er überlebt hätte, wenn man damals die medizinische Versorgung wie heute gehabt hätte.“ Und 19 Jahre später starb der zweite Sohn, Thomas, der beim Hallenfußball zusammenbrach. „Einer ist schon schlimm genug“, sagte er damals, „aber alle zwei…“

Peter Grosser: Erster Lockdown machte ihm schwer zu schaffen

Im vergangenen Jahr haben wir ein paar Mal telefoniert. Auch zu Beginn des ersten Corona-Lockdowns, der auch ihm schwer zu schaffen machte: „Ich gehe nicht mehr weg“, sagte er, „setze mich höchstens ins Auto und fahre in den Fürstenrieder Forst, wo ich dann ein bisschen herumradle.“

Mach’s gut und ruhe in Frieden, Meisterkapitän!

Peter Grosser: Eine Münchner Fußball-Legende

Geboren: 28. September 1938 in München.

Gestorben: 2. März 2021 in München.

Vereine als Spieler: MTV München (1956/57). – FC Bayern II (1958/59). – FC Bayern (1959 bis 1963). – TSV 1860 (1963 bis 1969). – Austria Salzburg 1969 bis 1975).

Erfolge als Spieler: 49 Treffer in 130 Spielen der 1. Bundesliga, 18 Tore in 54 Oberliga-Spielen (bis 1963), zwei B-Länderspiele, Deuscher Meister (1966) und Pokalsieger (1964) mit 1860.

Stationen als Trainer: TSV Forstenried (1974 bis 1982 Jugend). – SpVgg Unterhaching (1977 bis 1987 und Saison 1992/93). – SV Türkgücü München (1987/88).

Stationen als Funktionär: 1990 bis 2011 Vizepräsident der SpVgg Unterhaching.

(CLAUDIUS MAYER)

Aufrufe: 03.3.2021, 10:30 Uhr
Münchner Merkur / tz / Claudius MayerAutor