2024-04-25T14:35:39.956Z

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Michael Köllner, Trainer TSV 1860 München Christina Pahnke / sampics / sampics
Michael Köllner, Trainer TSV 1860 München Christina Pahnke / sampics / sampics

Michael Köllner: „Sechzig geht mir unter die Haut“

160 Jahre TSV 1860 München

Einmal Löwe, immer Löwe: 1860-Coach Michael Köllner erklärt, was ihn an den Münchner Fußball-Verein bindet und hält.
  • 1860-Coach Michael Köllner spricht im tz-Interview über seine Liebe zu den Löwen.
  • Dabei gibt er bekannt, dass er einen Kicker besonders schätzte.
  • Nach einem halben Jahr in München kann er ein Motto besonders gut nachvollziehen.
  • Mehr News rund um den TSV 1860 München gibt es in unserer News-App.

München - Geburtstag ist der 17. Mai – haben wir eine Serie zu Münchens großer Liebe zusammengestellt, die für alle Fan-Generationen Lesenswertes zu bieten hat. Historisches mit Meisterlöwen-Kapitän Peter Grosser, Leidenschaftliches mit Sammler und Allesfahrer Sigi Nagelstutz, Nachdenkliches mit Michael Köllner, Herzhaftes mit Kulttrainer Werner Lorant. Zwist und Leid zum Trotz – wir heben Glas und Tastatur auf die nächsten 160 Jahre!

München - Für unsere heutige Folge der ­Serie stand uns Löwen-Trainer Michael Köllner* (50) Rede und Antwort. Ein Interview über ­Geschichte, Leitbilder und Identifikation.

Herr Köllner, was ist Ihre älteste Erinnerung an 1860?

Köllner: Ganz dunkel erinnere ich mich noch an Trainer Wenzel Halama*, der in der Saison 1984/1985 zu 1860 zurückgekehrt ist. Damals war ich 14 Jahre alt, habe ein Mannschafts-Poster der Löwen geschenkt bekommen und da war er drauf. Durch den ungewöhnlichen Namen hat er sich mir eingeprägt. Etwas deutlicher sind meine Erinnerungen ab der Saison 1990/1991. Die SpVgg Weiden *, der nächstgrößere Verein in der Nähe meines Heimatortes Fuchsmühl, hat unter Trainer Hans Greben damals in der Bayernliga* mit um den Aufstieg gespielt. Ich kann mich gut erinnern, dass die Sechziger damals das Weidener Stadion am Wasserwerk gefüllt haben mit einer schier unendlichen Anzahl an Zuschauern.

1860 hatte drei prägende Langzeittrainer: Sympathisieren Sie im Geiste am ehesten mit Max Merkel, mit Karsten Wettberg oder mit Werner Lorant?

Köllner: Grundsätzlich haben alle drei genannten Trainer mit 1860 unglaublichen Erfolg gehabt. Natürlich zeichnen sich alle drei durch unterschiedliche Eigenschaften aus: Merkel* und Lorant* haben wie besessen trainieren lassen und haben die Spieler an ihre Grenzen geführt. Davon haben viele Spieler berichtet, mit denen ich mich ausgetauscht habe – zum Beispiel beim Treffen mit den Meisterlöwen oder im Gespräch mit Bernhard Winkler*, mit dem ich hin und wieder Kontakt habe.

Karsten Wettberg hat sich als der Motivator schlechthin ausgezeichnet und hat es verstanden, alle Fans hinter sich zu bringen. Und Werner Lorant hat eine lange Zeit 1860 trainiert und geformt. So ein langes Wirken als Cheftrainer in einem Profiklub ist die Ausnahme und zeigt seine Besonderheit. Alle drei sind echte Typen, in Bayern würde man sagen „Mannsbilder“. Diese Formulierung ist nicht unbedingt auf die Statur bezogen, sondern auf die ausgeprägte Persönlichkeit in jeder Hinsicht und auf die große Ausstrahlung des Trios.

Gab es einen Löwen-Spieler oder -Trainer, den Sie sportlich und/oder als Mensch besonders bewundert haben?

Köllner: Wenn ich einen hervorheben kann, dann Piotr Nowak*. Er war ein Spieler, den ich im Stadion und im Fernsehen immer gerne angeschaut habe, weil er spielerisch einfach herausragend war. Einfach ein genialer Spielmacher. Ich habe ihn vor vielen Jahren in Amerika noch einmal gesehen bei Chicago Fire gegen Washington D.C.

Für was steht 1860?

Köllner: 1860 ist für mich ein Verein für alle. Jeder ist hier willkommen, aus München, ganz Deutschland und dem Ausland. Bei öffentlichen Trainingseinheiten oder vor bzw. nach den Spielen waren zum Teil Fans aus Ungarn, Rumänien oder aus der Schweiz zu Gast, die als bekennende 1860-Fans ein Autogramm oder ein Selfie wollten. Unabhängig von Sprache, Religion, Geschlecht, Alter, Nationalität, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder gesellschaftlichem Status findet hier jeder eine Art Heimat. Es ist ein extrem geselliger Verein, der von Zusammenhalt und gegenseitiger Unterstützung lebt und Leidenschaft pur ist. Der Verein ist für viele Familie, Religion und Lebensinhalt zugleich, bester Freund und eine Liebesbeziehung, die alle Höhen und Tiefen übersteht.

Michael Köllner: "1860 sollte ein Verein zum Anfassen sein"

Für was sollte 1860 stehen?

Köllner: Für Willkommenskultur, für sportlich maximalen Erfolg, für Identität und Identifikation. Deswegen ist mir wichtig, dass ich als Cheftrainer meinen Teil dazu beitragen kann. 1860 soll ein Verein zum Anfassen sein, der eine Mannschaft auf dem Platz hat, die die Herzen der Fans berührt – mit ihrem Auftreten, mit ihrer Art und Weise, Fußball zu spielen. Natürlich sollen sich die Fans mit Spielern aus der Region in hohem Maße identifizieren können. Zudem für eine top Jugendausbildung, damit junge Spieler aus der Umgebung, die das Fußballspielen lernen wollen, die Chance haben, Profis zu werden.

Wie wollen Sie als Löwen-Trainer in Erinnerung bleiben?

Köllner: Für mich wäre das Schönste, wenn die Leute später sagen: „Michael Köllner war ein guter Trainer mit Bodenhaftung, der Spuren hinterlassen hat, indem er die Spieler besser gemacht und die Werte des Vereins verkörpert hat. Damit hatte er Erfolg.“ Spuren zu hinterlassen, ist für mich das Wichtigste. Natürlich tut man das durch Erfolg, aber auch durch menschliche Erlebnisse und Begegnungen. Ich hoffe, dass ich das schwere Amt des 1860-Trainers stemmen kann, mit all der Tradition und Historie des Vereins, die einem auf die Schultern gelegt wird.

Was ist für Sie dran am inoffiziellen Vereinsmotto: „Einmal Löwe, immer Löwe“?

Köllner: Nach einem halben Jahr in München kann ich dieses Motto schon sehr gut nachvollziehen. Ich erlebe das in allen gesellschaftlichen Gruppen, bei Personen des öffentlichen Lebens wie Michael Altinger* oder Ottfried Fischer*. Aber auch bei ehemaligen Spielern und Trainern ist es so, dass Sechzig sie nicht mehr loslässt. Der Verein ist mir jetzt schon unter die Haut gegangen und das wird so bleiben. Daher kann ich gut verstehen, dass man, wenn man einmal Löwe ist, immer ein Stück weit Löwe sein wird.

Interview: Ludwig Krammer und Uli Kellner

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Aufrufe: 015.5.2020, 09:04 Uhr
Münchner Merkur / tz / Ludwig Uli Krammer KellnerAutor