2024-04-25T14:35:39.956Z

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Daniel Jais galt bei den Löwen als riesen Talent. Doch der Stürmer konnte die Erwartungen nie erfüllen. Sampics
Daniel Jais galt bei den Löwen als riesen Talent. Doch der Stürmer konnte die Erwartungen nie erfüllen. Sampics

Ex-Löwe Daniel Jais: Die Karriere des gescheiterten Talents

Der geplatzte Profi-Traum als Chance

Daniel Jais war die Hoffnung der Löwen-Fans. Hoffenheim und Dortmund hatten den Torjäger in der A-Jugend auf dem Zettel. Die hohen Erwartungen konnte der Stürmer nie erfüllen. Als Fußballer hat er sich nicht durchgesetzt. Doch das Scheitern hat ihm eine neue Laufbahn ermöglicht.

Daniel Jais wusste, dass es vorbei war. Der Traum, für den er schon als Zehnjähriger gelebt hat, war geplatzt. Nach seinem letzten Spiel im Löwen-Trikot stand der Stürmer im Mai 2014 auf dem Stadion-Zaun. Er weinte. Vor ihm feierten die Löwen-Fans, für die er so gerne gespielt hätte. Nicht in der Regionalliga Bayern. Jais wollte beim TSV 1860 Profi werden. „Für mich war das ein sehr, sehr emotionaler Moment. An dem Tag hatte ich noch keinen neuen Verein und wusste, dass ich es bei 1860 nicht geschafft habe.“

Dabei war Daniel Jais einer der Spieler, die beim TSV 1860 für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft standen. Im Sommer 2011 war der Stürmer eines von fünf Talenten, denen die Verantwortlichen der Löwen die ganz große Karriere zutrauten. Im Trainingslager in Maria Tafel sollten Daniel Jais, Phillipp Steinhart, Sebastian Maier, Korbinian Vollmann und Tobi Schilk zum Höhenflug ansetzen. Mit einem Sprung ins Wasser. Ein Fotograf lichtete die neuen Löwen-Talente im Swimming Pool ab. Das Bild war ein Versprechen an die Löwen-Fans. Diese Burschen werden es packen.

Peniel Mlapa prägt den Begriff „Luren“

Knapp sieben Jahre später kann Jais über das Foto lachen. „Wir hatten eine Abmachung. Aber wer genau hinschaut, sieht, dass ich der Einzige bin, der auf dem Bild gelurt hat. Und ausgerechnet das druckt die Zeitung“, erzählt Jais. Luren - eine Begrüßungsgeste, die Peniel Mlapa in der Löwen-Jugend eingeführt hat. „Du musst dein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verziehen. Das ist Luren“, lacht Jais. Es sind die Momente, an die Daniel Jais gerne zurückdenkt, wenn er sich an die Löwen erinnert. Er hatte lange damit zu kämpfen, dass er es im Fußball nicht nach oben geschafft hat. Weder bei den Löwen, noch bei seinen weiteren Stationen bei Wacker Burghausen oder dem TSV Steinbach, die als Sprungbrett dienen sollten.

Immer früher müssen Talente heute den Aufstieg zu den Profis packen. Wer es nach der A-Jugend nicht sofort schafft, verschwindet schnell vom Radar. Jedes Jahr kommen neue Talente nach, die um ihre Chance bei den Profis kämpfen. Daniel Jais galt in der A-Jugend als der nächste Benny Lauth. Hoffenheim, Dortmund und Gladbach warben um die Sturm-Hoffnung der Löwen. Jais geriet in die Schlagzeilen. „Es gab damals viele schlechte Artikel über mich. Mir wurde vorgeworfen, ich sei arrogant, weil ich keinen neuen Vertrag bei 1860 unterschreiben möchte. Dabei hatte ich keinen Vertrag vorliegen“, erzählt Jais.

Wechsel nach Steinbach entwickelte sich zum Albtraum

Der Start bei den Profis lief entsprechend holprig. In der Mannschaft hatte Jais nach den Berichten einen schweren Stand. Hinzu kamen die riesigen Erwartungen. „Ich bin mit dem Druck nicht klar gekommen, so schnell wie möglich den nächsten Schritt machen zu müssen“, erzählt Jais heute. Andere Stürmer wie Kevin Volland, Markus Ziereis oder Bobby Wood bekamen nach und nach ihre Chance bei den Profis. Doch Jais wartete vergeblich. Auch später, als er sich an das Tempo bei den Herren gewöhnt hatte. „Viele Talente haben ihr Zweitliga-Spiel bekommen. Ich musste mir dagegen die Frage stellen, wie es weiter geht“, sagt Jais. Nach dem Aus bei 1860 hoffte der Stürmer auf ein Angebot aus der 3. Liga. Doch es kam nicht. Über Wacker Burghausen landete Jais beim TSV Steinbach. Er wollte in einer Regionalliga fernab seiner Heimat noch einmal auf sich aufmerksam machen. Der hessische Klub Steinbach war seine letzte Hoffnung. Doch die Station entwickelte sich zum Albtraum. Der Verein entließ zwei Trainer. 40 Spieler kämpften am Ende um elf Plätze in der Startelf. „Es ging nicht mehr um die Bundesliga. Ich durfte in der Regionalliga kaum spielen. Das hat mich fertig gemacht. Ich war mental total am Ende“, sagt Jais.

Vier Jahre nach dem Sprung in den Swimming Pool war der Stürmer mit 22 Jahren am Tiefpunkt: „Es fiel mir schwer zu akzeptieren, dass es nicht mal für die Regionalliga langt. Ich musste mir die Frage stellen: Ist Fußball immer noch das Hauptziel in meinem Leben? Habe ich noch die Ambitionen, Profi zu werden?“

Model-Karriere dank Freundin Nathalie

Doch als Jais vor dem Scherbenhaufen seiner Fußball-Karriere stand, tat sich eine neue Chance auf. Weil er Menschen in seinem Leben hatte, die für ihn da waren. Seine Freundin Nathalie schickte über Nacht an alle großen Model-Agenturen in Deutschland Fotos von ihrem Freund. „Ich habe ihm schon immer gesagt, dass er gut aussieht. Ich habe Selfies und Aufnahmen aus dem Urlaub verschickt. Er hat von allen Agenturen Zusagen bekommen“, erzählt Natalie. Jais wusste nichts von dem Alleingang seiner Freundin. Ihr hat er seine zweite Karriere zu verdanken: „Ich habe zu ihr gesagt: Du kleine, fiese Schlange. Warum sagst du nichts?“

Heute ist Jais als Model und Fotograf selbstständig. Foto: Privat
Heute ist Jais als Model und Fotograf selbstständig. Foto: Privat
Heute ist er als Model und Fotograf selbstständig. Foto: Privat

Am Wochenende spielt der Stürmer immer noch Fußball. Der SC Oberweikertshofen profitiert in der Landesliga von seinem Torinstinkt. Doch unter der Woche steht er für Marken wie Porsche und Adidas vor der Kamera. Über das Modeln hat er seine Leidenschaft für die Fotografie entdeckt. Und sich mit seiner Freundin selbstständig gemacht. Auf der Fotoplattform Instagram erreicht Jais jede Woche mit seinen Bildern mehrere Millionen Menschen. „Ich bin sehr froh, dass alles so gekommen ist“, sagt das einstige Löwen-Talent. „Ich habe mit der Zeit gemerkt, dass Fußball in meinem Leben nicht alles ist. Ich bin viel stärker in dem, was ich jetzt mache.“

Jais ist nicht neidisch auf die alten Kollegen

Daniel Jais hat es als Profi nicht gepackt. Doch das Leben mit all seinen Möglichkeiten hat er jetzt vor sich. Er hat erkannt, dass es noch weitere Ziele im Leben gibt: „Ich musste lernen zu akzeptieren, dass ich es als Profi nicht geschafft habe. Aber jetzt bin ich gespannt, was in meinem Leben noch auf mich zukommt.“ Erst vor Kurzem hat Daniel Jais in Dortmund Julian Weigl getroffen. Die Frage, warum es andere geschafft haben und er nicht, stellt sich Daniel Jais nicht. Nicht mehr. „Ich freue mich wahnsinnig, wenn ich Julian Weigl oder Basti Maier in der Bundesliga spielen sehe“, sagt Jais. Er empfindet keinen Schmerz oder gar Neid, wenn er heute Profi-Fußball sieht: „Neid ist für mich die schlechteste Eigenschaft eines Menschen. Wer so empfindet, zieht sich selbst nur runter.“

Aufrufe: 018.4.2018, 14:33 Uhr
Christoph SeidlAutor