2024-04-16T09:15:35.043Z

Spielbericht
F: Weiderer
F: Weiderer

7:0-Sieg: Bierofka plant mit Neuzugängen diese Woche

Gebhart, Lappe und Co.

Die Eistruhe war leer – viel zu früh an diesem sonnigen Samstagnachmittag.

Nach 45 torlosen Minuten auf der Bezirkssportanlage am Surheimer Weg musste nicht nur Hans Sitzberger flexibel sein, um sich ein bis dato wenig ansehnliches Spiel seines TSV 1860 zu versüßen. „Cornetto Nuss“ war aus, doch der Vizepräsident hatte Glück. Einer guten Seele gelang es, noch einen „Braunen Bär“ aufzutreiben, und kaum hatte Sitzberger das Papier entfernt, lagen seine Löwen in Führung. Gar 4:0 stand es, als er den letzten Rest vom Stiel weggeschleckt hatte. Drei weitere Tore sollten folgen gegen den nachlassenden Bezirksligisten Hertha München. Sitzberger sah recht zufrieden aus, als die Saisonpremiere des künftigen Regionalliga-Starters beendet war. Auch die 1500 Zuschauer strömten vergnügt zum Ausgang. Einer mit tiefblauer Seele rief in 1860-typischer Selbstironie: „Jetzt steig’ ma auf!“

Löwen-Frust und Löwen-Euphorie liegen bekanntlich eng beieinander, und wenn es überhaupt einen Hoffnungsträger gibt, an dem sich die leidgeprüften Fans aufrichten können, dann heißt der nicht Moritz Heinrich – wie der erste Torschütze der neuen Saison. Auch nicht Benjamin Kindsvater, wie der aus Burghausen gekommene Zweifachtorschütze. Star des Teams war wie beim Vorbereitungsstart fünf Tage zuvor der Trainer. Daniel Bierofka wurde nach dem Schlusspfiff umringt, als wären seine Löwen wirklich bereits aufgestiegen. Links, rechts, hinter ihm, neben ihm – überall tauchten Fans auf, die ein Selfie mit dem Urlöwen machen wollten. Freundlich lächelte Bierofka hinter seinem Vollbart hervor – und sagte dann mit heiserer Stimme: „Ich fand’s schön, dass so viele Zuschauer da waren. Das Interesse zeigt, dass die junge Mannschaft von den Fans akzeptiert wird.“

Über das Spiel selbst wollte Bierofka nicht allzu viele Worte verlieren. Zu wenig Zeit hatte er bisher mit seinem noch unfertigen Kader, zu einseitig verlief das Spiel, als der Bezirksliga-Aufsteiger der vergangenen Saison müde gespielt war. „Wir haben in der Früh noch mal zwei Stunden trainiert, daher hat’s ein bisschen gedauert, bis wir die schweren Beine rausgelaufen haben“, sagte der Coach: „In der zweiten Halbzeit war’s dann in Ordnung.“

Ein Sonderlob gab es für die beiden Gastspieler Aaron Berzel (25, SV Elversberg) und Daniel Wein (23, Wehen Wiesbaden), jeweils für eine Halbzeit als Sechser aufgeboten: „Beide haben einen guten Eindruck gemacht“, sagte der Coach. Sollte in den nächsten Tagen endlich Grünes Licht von der Finanzfront kommen, könnte sich Bierofka vorstellen, „dass wir beide verpflichten werden“. Dass die Löwen in der Besetzung vom Samstag kaum in der Lage sein werden, eine dominierende Rolle in der Regionalliga zu spielen, ist jedem der Verantwortlichen klar. Nicht zuletzt, weil mit Christoph Daferner und Maximilian Engl zwei weitere Talente den Klub verlassen werden. Der eine mit Ansage, der andere aus heiterem Himmel, wie Bierofka meinte.

Sturmtalent Daferner, 19, schließt sich nach langem Abwägen dem SC Freiburg an. „Es ist eh Wahnsinn, dass wir so lange eine 50:50-Chance hatten“, sagte Bierofka: „Die Entscheidung gegen uns ist ihm schwer gefallen, aber ich akzeptiere das total, weil er von Beginn an mit offenen Karten gespielt hat.“

Von Engl, 19, seinem letztjährigen Stammtorhüter, würde der Trainer das eher nicht behaupten. „Beim Maxi hat’s mich getroffen wie ein Blitz“, klagte Bierofka, der nicht mal weiß, wo sein Keeper künftig zwischen den Pfosten stehen will. Von einem Drittligisten ist die Rede – welcher es am Ende wird, spielt für den Trainer keine Rolle: „Ist auch egal, was ich denke“, sagte Bierofka enttäuscht: „Der Spieler hat sich so entschieden. Ich hätte es halt fair gefunden, wenn er vorher mitgeteilt hätte, dass er überhaupt überlegt zu wechseln.“

Dass Bierofka trotzdem halbwegs guter Stimmung war, hängt damit zusammen, dass auch in die andere Richtung Bewegung in die Transferaktivitäten kommt. Das Warten auf Jan Mauersberger, Timo Gebhart und Karl-Heinz Lappe scheint ein Ende zu haben. Bierofka rechnet damit, dass die drei Routiniers schon in den nächsten Tagen zur Mannschaft stoßen werden. Geschäftsführer Markus Fauser mache „große Fortschritte“ beim Ordnen der Finanzen, meldete Bierofka: „Ich glaube, nächste Woche kann einiges passieren.“

Vermutlich nicht nur im sportlichen Bereich. Auch bezüglich des Arena-Auszugs steht eine Entscheidung bevor. Zudem erhoffen sich die Bosse Klarheit über die Höhe des künftigen Etats. Noch soll eine gehörige Lücke klaffen. Sponsorenbeiträge und zu erwartende Einnahmen im Grünwalder Stadion sind offenbar nicht so üppig, dass das Lieblingslied der Ultras mit Leben gefüllt werden kann. Kurz sangen sie auch am Samstag wieder: „Sch . . . auf den Scheich! Sch . . . auf sein Geld.“ Eine belastbare Einschätzung, ob sich die Löwen wie geplant von Hasan Ismaiks Finanztropf loslösen können, wird im Laufe dieser Woche erwartet.

Doch schon jetzt sahen einige Altlöwen sehr zufrieden aus. Nicht unbedingt die Allesfahrer, die weiterhin dem Profifußball hinterhertrauern. Erich Meidert jedoch, der frühere Vize, findet Gefallen am bodenständigen Neustart, der am Samstag den Charakter eines Familientreffens hatte: „Ich denke“, sagte er: „1860 hat jetzt die Chance, endlich wieder 1860 zu werden.“

Aufrufe: 019.6.2017, 09:30 Uhr
Münchner Merkur: Uli KellnerAutor