2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche

Nachspielzeit mit Florian Weissgerber

"Die Anspannung ist zu spüren" +++ Im "Interview der Woche" spricht der Hechtsheim-Spieler über seine Zukunftspläne und die schwere Saison, die er mit der TSG durchmacht

Hechtsheim. Nicht gesperrt, nicht verletzt – Florian Weissgerber hat beim Landesligisten TSG Hechtsheim in dieser Saison fast alle Spiele mitgemacht, was aus den unterschiedlichsten Gründen nur den wenigsten gelungen ist. Im „Interview der Woche“ berichtet der Verteidiger, wie er den Abgang von Trainer Tobias Rieger erlebt hat, warum trotz des letzten Tabellenplatzes der Klassenerhalt noch möglich ist und wie er den Verein in der Nach-Simon-Ära aufgestellt sieht.

Florian, wie hast Du den Abgang von Tobias Rieger erfahren und erlebt?

Tobias hat mich und viele andere Spieler auch am Mittwoch persönlich angerufen und es mir mitgeteilt. Das kam für mich überraschend, ich finde es sehr schade. Der Vorstand hat es so entschieden, das kann man leider nicht ändern.

Es wurde ja als einvernehmliche Trennung dargestellt. Hast Du das so empfunden?

Was der Vorstand genau mit Tobi besprochen hat, weiß ich nicht. Ob es einvernehmlich war oder nicht, kann ich schlecht beurteilen. Er hat sich bei den Spielern, die es bis zum Ende durchgezogen haben, bedankt. Vom Charakter her hat er das wirklich gut aufgenommen und sich sehr fair verhalten.

Der Spielabbruch gegen Oppau, die Flut an Roten Karten gegen Rülzheim – wie konnte es so weit kommen, dass bei euch alle Dämme brechen?

Die Situation momentan ist schwer, die Anspannung ist zu spüren. Aber es ist nicht zu entschuldigen, wie wir uns verhalten haben. Das wurde auch klar angesprochen. Wir dürfen die Schuld nicht bei anderen suchen, auch nicht beim Schiedsrichter. Ich kann es mir nur mit der hohen Anspannung erklären. Aber wir müssen uns einfach besser im Griff haben und unser Spiel weiterspielen. Gegen Rülzheim hatten wir in den ersten 20 Minuten die besseren Torchancen und nehmen uns dann selbst die Chance, zu punkten. Das ist einfach ärgerlich.

Wie hast Du den Abbruch gegen Oppau erlebt?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich von der Aktion des Schiedsrichters überrascht war. Natürlich war ein Wortgefecht zu hören, ich habe aber keine Beleidigung wahrgenommen. Ich denke, es war alles noch im Rahmen. Da gleich Rot zu ziehen, war für mich völlig überzogen. Auch danach hat mir einfach das Fingerspitzengefühl gefehlt. Man hätte das Spiel einfach weiterführen können, auch nach einer kurzen Unterbrechung.

Was war denn im Kabinentrakt los?

Nach der Roten Karte gab es natürlich eine heiß geführte Diskussion, aber ich habe von Beleidigungen oder einer Bedrohung des Schiedsrichters nichts wahrgenommen, genauso wenig wie die Oppauer auch. Da finde ich es umso schlimmer, dass das Spiel jetzt 0:2 gewertet wurde. Ein Wiederholungsspiel, notfalls auch zu zehnt, wäre für mich die richtige Konsequenz gewesen. Das Spiel letztes Wochenende mit drei Roten Karten spricht aber natürlich nicht für uns. Wir müssen uns zurückhalten und dürfen diesen Ruf, den wir gerade bekommen, nicht bestätigen. Eigentlich sind wir eine ruhige Mannschaft mit ruhigen Typen drin.

Euer Spieler Alfonso Sepe hat zuletzt gegen Rülzheim das Spielfeld verlassen. Was war da los?

Ich habe nicht genau mitbekommen, ob er vielleicht verletzt war und was da genau los war, und konnte seitdem auch noch nicht mit ihm darüber sprechen. In der Situation war das sicher nicht vorteilhaft für uns. Eigentlich darf das nicht passieren bei einem Teamsport, da muss man zusammenhalten.

Wie ist es um den Zusammenhalt der Mannschaft bestellt, nach all den Turbulenzen?

Ich verstehe mich mit allen Spielern sehr gut, untereinander verstehen wir uns eigentlich alle sehr gut. Wir haben nichts mehr zu verlieren und müssen jetzt zusammenhalten. Gerade gegen die Teams, die oben stehen, haben wir es in der Hinrunde geschafft, Punkte zu holen. Ich gehe immer noch davon aus, dass wir eine Möglichkeit haben, die Klasse zu halten. Die Qualität dafür ist, trotz allem, noch da.

Bekommt Ihr denn überhaupt noch elf Mann zusammen?

Auf jeden Fall, auch wenn wir aus der zweiten Mannschaft Spieler hoch holen müssen. Wir werden uns nicht hängen lassen. Und egal wer spielt – jeder kann zumindest fighten, dann kann man auch gegen jeden Gegner etwas holen. Es ist bitter, dass wir so viele Verletzte hatten und haben, aber wir können es nicht ändern.

Viele namhafte Spieler sind weg, der Verein wollte im Sommer konsequent auf junge, entwicklungsfähige Spieler setzen – angeführt von einigen Routiniers, die nun großteils fehlen. War das im Nachhinein betrachtet eine zu riskante Personalstrategie?
Es war schwierig abzusehen. Im Winter hat man ja auch zwei erfahrene Spieler geholt. Man hätte vielleicht im Winter noch den ein oder anderen weiteren erfahrenen Spieler holen können. Mit den Verletzungen von Ljubo Dragun und Ivan Idzan ist es sehr unglücklich gelaufen.

Angenommen, Ihr steigt ab – was glaubst Du, wie geht es dann weiter?

Es ist eine neue Situation, dass Tobi nicht mehr dabei ist. Wir müssen abwarten, wie der Kader nächste Saison aussieht. Ich bin überzeugt, dass in Hechtsheim auch in der nächsten Saison eine gute Mannschaft beisammen sein wird. Das muss jetzt so schnell es geht geklärt werden. Ich denke aber auch, dass wir immer noch die Qualität haben drinzubleiben, auch wenn uns schon viele abgeschrieben haben.

Wie geht es bei Dir nächste Saison weiter? Machst Du Deinen Verbleib auch von der Ligazugehörigkeit abhängig?

Wir sind in Gesprächen. Momentan gehe ich davon aus, dass es funktioniert. Mit den Jungs verstehe ich mich gut. Aber man muss natürlich abwarten, wie es mit dem Trainer und der Mannschaft aussieht. Ich habe Achim (Groß, Sportdirektor und Interimstrainer, d.Red.) schon gesagt, dass es für mich wichtig ist, dass ich Spaß am Fußball habe. Wenn es die Möglichkeit gibt oben mitzuspielen, ist es kein Ausschlusskriterium, in der Bezirksliga zu spielen.

Stefan Simon ist nicht mehr der Vorsitzende, was in Hechtsheim ein gravierender Einschnitt ist. Wie nimmst Du die neue Führung des Klubs wahr?

Ich war ehrlich gesagt vom Zeitpunkt überrascht. Stefan Simon war für uns immer ein Ansprechpartner, er hatte gerade für uns Spieler immer ein offenes Ohr. Der neue Vorstand hat sich direkt vorgestellt und wirkte sehr engagiert. Jetzt muss man halt abwarten, wie die Planung für die neue Runde aussieht. Der Vorstand muss ein Konzept vorlegen. Es muss eine Einheit sein, in der jeder an einem Strang zieht. Es ist, egal in welcher Liga, die Grundvoraussetzung, dass man erkennen kann, wo der Verein hin will.

Du hattest Dir das nach Deinem Wechsel von Schott Mainz II hierher vergangenen Sommer wohl anders vorgestellt...

Die Hinrunde lief ja wirklich nicht schlecht. Vor der Saison hat auch jeder gesagt, wir würden gegen den Abstieg spielen. Dann haben wir am Anfang sogar oben mitgespielt und waren anschließend zumindest im gesicherten Mittelfeld. Dann sind immer mehr Spieler weggebrochen, herbe Verluste, die man über das Mannschaftsgefüge auffangen muss. Ich bereue den Wechsel auf keinen Fall, es ist weiterhin die richtige Entscheidung.

Was hast Du Dir als Fußballer vorgenommen für die nächsten Jahre, was möchtest Du erreichen?

Ich möchte in einem Team spielen, das Fußball spielt und in dem ich Spaß habe. Ich möchte schon gern Landesliga spielen. Wenn der Verein das als langfristiges Ziel setzt, egal wie diese Saison ausgeht, dann wird man auch eine Einigung finden.

Aufrufe: 014.4.2017, 15:30 Uhr
Torben SchröderAutor