2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche

Hoffen auf die Winterpause

Abwehrchef Ljubo Dragun über die kritische Personalsituation bei der TSG Hechtsheim +++ Neuzugänge im Winter sind fest eingeplant +++ Frage nach dem richtigen Trainer stellt sich nicht

Viele hatten die TSG Hechtsheim als Aufstiegskandidaten auf dem Zettel, und nach holprigem Saisonstart lief es ja auch prima für den früheren Bezirksligisten in der vermeintlich so verflixten zweiten Saison nach dem Aufstieg. Doch die beiden Derbypleiten daheim gegen die TSG Bretzenheim 46 (0:2) und den SV Weisenau (1:4) drückten zuletzt mächtig auf die Stimmung. Abwehrchef Ljubo Dragun (29) sucht im Interview der Woche nach Erklärungen, schaut auf mögliche und tatsächliche Neuzugänge im Winter und riskiert trotz der jüngsten Negativerlebnisse einen Blick Richtung Verbandsliga.

Ljubo, zwischenzeitlich lief es nach dem mauen Saisonstart richtig gut für Euch. Wie erklärst Du Dir diese beiden klaren Derby-Niederlagen daheim?

Zu dem Zeitpunkt, als wir unsere gute Serie hatten, hatten wir viel mehr Spieler zur Verfügung, viel mehr Optionen in der Hinterhand. Da konnten Spieler von der Bank nach der 60. noch einen Qualitätsunterschied machen. Die letzten drei, vier Spiele gehen wir fast auf dem Zahnfleisch. Letzte Woche hatten wir eigentlich nur einen richtigen Auswechselspieler. Wir haben die Saison mit einem großen Kader gestartet, aber dann sind viele aus den unterschiedlichsten Gründen abgesprungen. Thomas Strohmeier ist angeschlagen, ich habe mit Schmerztabletten gespielt.

Wo sind die alle hin?

Marcel Schwab hat gesagt, dass er es vom Beruf her zeitlich nicht mehr packt. Lukas Danielewski hat sich am ersten Spieltag verletzt, seitdem habe ich von ihm persönlich nichts mehr gehört. Mathias Bochenek hat mit starken Schmerzen gespielt, weil er eine Zyste hatte, und fällt nun aus. Zwei Mann wurden zur zweiten Mannschaft abgestellt. Emrah Karakaya hatte vor einigen Wochen auch aufgehört, so wie ich gehört habe ebenfalls berufsbedingt.

Schreit nach Neuzugängen...

Ja, die brauchen wir, allein schon wegen der Trainingsbeteiligung. Wir sind unter der Woche nur zehn, zwölf Leute. Ivan Idzan hat eine Firma, ich habe zwei Kinder, da sage ich auch mal ein Training ab. So kommt eins zum anderen. Mit zehn Mann kann man kein richtiges Training machen. Jeder in der Mannschaft hofft auf die Winterpause, damit wir die Kräfte bündeln und die beiden Neuzugänge bekommen.

Josef Meier und Luka Teichreb sollen kommen. Genügt das?

Je nachdem, wir können auch mit 14, 15 Mann durchspielen, wenn sich keiner verletzt. Im Moment müssen wir von Sonntag zu Sonntag denken. Vielleicht kommen ja Danielewski, Bochenek, Michael Mader und Amin Ouachchen nach ihren Verletzungen zurück. Ein 18-Mann-Kader reicht eigentlich völlig aus.

Doch mit elf fitten Spielern, die was taugen, kann man ja auch eine vernünftige Leistung abliefern. So schlecht las sich die Aufstellung gegen Bretzenheim und Weisenau ja nun auch nicht...

Klar. Wir haben auch diskutiert, woran es liegt. Von unserer Seite aus hat komplett der Derbycharakter gefehlt. Gegen Bretzenheim hatten wir glaube ich nur im Kopf, wie hoch das Spiel ausgeht. Statt 100 Prozent wird 90 Prozent gegeben, und das reicht dann nicht.

Auffällig sind die vielen Gegentore, und es scheint auch keine Besserung in Sicht. Woran liegt das?

Wir haben mit der Mannschaft und dem Trainer darüber geredet. Größtenteils bekommen wir unsere Gegentore durch Konter. Wir spielen, alle schieben nach vorne, dann fehlt bei uns die Rückwärtsbewegung, um der Abwehr zu helfen. Marco Bergmann und ich sind ja auch keine gelernten Innenverteidiger, das kommt noch hinzu, auch wenn ich das in Mombach zwei Jahre lang gespielt habe. In den letzten Wochen haben wir im Training Wert auf die Defensive gelegt. Aber wenn wir den Ball verlieren, geht es gegen uns zu einfach.

Vor der Saison hieß es, dass Ihr ein großer Kreis guter Freunde seid. Ist das Binnenklima vielleicht auch manchmal zu harmonisch?

Schwer zu sagen. Natürlich ist es schwieriger, einen guten Freund anzumeckern. Aber eigentlich müsste man das Sportliche und das Private trennen. Am Spaßfaktor hängt es bei uns wirklich nicht, wir haben Spaß ohne Ende, eine Gruppenbildung gibt es nicht. Jeder kommt mit jedem im Verein gut klar. Ich glaube, daran liegt es nicht.

Eurer Trainer hat sich zu Saisonbeginn mehrfach über die magere Trainingsbeteiligung beklagt. Ist es vielleicht auch eine Frage der Einstellung?

Wenn ich mal absage, ist es familienbedingt, Ivan hat, wie gesagt, eine eigene Firma, Florian Syska ist Lehrer und dann und wann auf Ausfahrten, Serkan Akinci arbeitet bei der Bank und muss öfters länger arbeiten. Der Kader war groß, aber es waren einige Spieler dabei, die den Konkurrenzkampf nicht annehmen wollten und früh gegangen sind. Dann kamen die Verletzten noch hinzu. Ich glaube nicht, dass es an der Moral liegt. Selbst wenn wir mit zehn Mann trainieren, ist Feuer drin.

Wenn man nur die Namen liest, sollte man Euch eigentlich zum Aufstiegskandidaten ausrufen. Und dass in Eurem Umfeld solche Ambitionen bestehen, kann man angesichts der Personalpolitik wohl kaum leugnen. Woran hängt's?

Ich kann es nicht zu 100 Prozent beantworten. Klar, wenn man die Namen liest, und man sieht es auch an den Interviews der Gegner vor dem Spiel, dann sollten wir Ambitionen haben. Namen sind Namen, aber Namen schießen keine Tore. Wenn jemand früher in der Oberliga oder der Verbandsliga gespielt hat, heißt das nicht automatisch, dass er es auch in der Landesliga reißt. Man muss sich immer wieder neu beweisen. Und wir haben ja auch einige Spieler im Kader, die man erst einmal an die Landesliga-Spitze führen muss. So stark wie beispielsweise Speyer ist unser Kader nun auch nicht. Aber das ist keine Entschuldigung, ich selber sehe uns auch unter den ersten drei, vier. Uns abzuschreiben, wäre auf jeden Fall fatal. Noch ist nichts verloren.

Tobias Rieger hat am Sonntag die Frage aufgeworfen, ob er noch der richtige Trainer ist. Was denkst Du?

Ich glaube, so hat er das gar nicht gemeint. Er ist einfach angefressen von der Niederlage und dass wir zu wenig Biss gezeigt haben. Der Tobi lebt von Zweikämpfen und Emotionen. Wenn man so etwas nicht zeigt, besonders im Derby, dann ist er sehr enttäuscht. Das ist auch nachvollziehbar. Beim Derby muss einfach gefightet werden. Das hat bei uns komplett gefehlt. Er hat Hechtsheim mit aufgebaut, ist seit sieben Jahren da. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich jetzt wirklich fragt, ob er der Richtige ist.

Welche Perspektiven siehst Du bei der TSG? Was ist noch nötig, um mit Aussicht auf Erfolg Richtung Verbandsliga anzugreifen?

Als Erstes die Konstanz. Der Wille muss da sein. Sonntag muss es einfach brennen. Ich gehe beispielsweise samstags abends nicht weg. Das müsste eigentlich jeder so machen, auch wenn ich das in der Landesliga natürlich nicht verlangen kann. Man muss vom Kopf her frisch sein und brennen.

Glaubst Du, dass Ihr dieses Jahr noch ein Wort um den Aufstieg mitreden könnt?

Vom Kader her, wenn Amin Ouachchen wieder fit ist, Josef Meier als Innenverteidiger kommt, Luka Teichreb auch noch für die Abwehr, dann könnten Marco Bergmann und ich wieder ins Mittelfeld vorgezogen werden und wir hätten eine stabilere Elf. Wenn alle fit sind, die Trainingsbeteiligung hoch ist und gute Spieler hinzukommen, könnten wir noch oben mitspielen. Der zweite Platz müsste für diesen Kader drin sein.

Welche persönlichen Ziele hast Du noch bei der TSG, hast Du schon Zukunftspläne gemacht?

Nein, überhaupt nicht. Ich spreche noch mit meiner Frau, wie es weiter geht. Tobias Rieger hat mich so fit gemacht, wie ich seit glaube ich fünf Jahren nicht mehr war. Konkret mit jemandem geredet habe ich noch nicht. Aber Fußball liegt mir im Blut, wenn ich sonntags nicht auf dem Sportplatz bin, ist was falsch. Ich fühle mich topfit. Ein Aufstieg wäre natürlich immer noch super. Verbandsliga würde ich mir auf jeden Fall noch zutrauen.

Aufrufe: 019.11.2015, 06:30 Uhr
Torben SchröderAutor