2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
In der deutschen Fußball-Beletage an der Seitenlinie: Der Kasteler Rafael Foltyn. Archivfoto: privat
In der deutschen Fußball-Beletage an der Seitenlinie: Der Kasteler Rafael Foltyn. Archivfoto: privat

"Es ist für mich ein Traum, in der Bundesliga zu sein"

Der Kasteler Bundesliga-Schiedsrichterassistent Rafael Foltyn über sein Leben als Referee

WIESBADEN. Beim Pfingstturnier in Kastel fing alles an. Der damals zwölfjährige Knirps Rafael Foltyn absolviert seine ersten Fußballspiele. Als Schiedsrichter. Mit 13 besuchte Foltyn seinen ersten Lehrgang und spielte parallel bis zu seinem Schiri-Debüt in der Kreisoberliga (damals Bezirksliga) noch bei Kastel 46 in der Jugend. Da war er gerade einmal 17. Von da an ging es Stück für Stück die Karriereleiter nach oben. Mittlerweile ist Rafael Foltyn 28 Jahre alt. Und seit nunmehr einem Jahr Schiedsrichterassistent in der Bundesliga und damit hinter Tobias Welz das Aushängeschild der Wiesbadener Schiedsrichterszene. Im Interview mit FuPa spricht der Student über sein Leben als Schiedsrichter, Torlinien-Technik und sein ganz persönliches Karrierehighlight.

Herr Foltyn, vor drei Wochen assistierten Sie dem Wiesbadener Tobias Welz bei der Leitung des Bundesliga-Eröffnungsspiels zwischen Bayern München und Borussia Mönchengladbach (Endstand 3:1). Da hatten Sie ja gleich mal mächtig was zu tun, immerhin passierten die beiden von Gladbachs Álvaro Domínguez verursachten Handelfmeter auf Ihrer Seite...
Ja, das Eröffnungsspiel war schon etwas ganz Spezielles. Immerhin hat es zwei Handspiele von ein und demselben Spieler innerhalb so kurzer Zeit (83 Sekunden, Anmerkung der Redaktion) in 50 Jahren Bundesligageschichte noch nie gegeben. Aber wir als Gespann sind froh darüber, diese Entscheidungen so getroffen zu haben.

Bevor die endgültige Entscheidung auf den zweiten Elfmeter fiel, kam Tobias Welz nochmal zu Ihnen, um sich mit Ihnen abzusprechen. Was haben Sie da genau besprochen?
Die Kommunikation läuft ja schon vorher über das Sprachsystem ab. Tobias wurde von einigen Spielern die Sicht behindert. Ich dagegen hatte freie Sicht auf das Handspiel und konnte ihm so beim Treffen der Entscheidung behilflich sein.

Sie sind ja noch nicht allzu lange im Profigeschäft tätig. War dieses Spiel das Highlight Ihrer bisherigen Karriere?
Definitiv. Im zweiten Jahr meiner Bundesligazugehörigkeit das Eröffnungsspiel der Bundesliga assistieren zu dürfen, ist schon etwas ganz Besonderes.

Ebenfalls am ersten Spieltag erhitzte zudem das zu Unrecht nicht gegebene Tor von Hoffenheims Kevin Volland beim 2:2 gegen Nürnberg die Gemüter. Sollte man aus Ihrer Sicht die Torlinientechnick einführen?
Das komplette Schiedsrichterwesen setzt sich seit Jahren für die Einführung dieser technischen Hilfsmittel ein und begrüßt diese Technik sehr. Diese Entscheidungen, ob ein Ball hinter oder vor der Linie war, liegen im Schwarz-Weiß-Bereich. Das heißt, sie sind entweder richtig oder falsch. Die Torlinientechnik erleichtert uns Schiedsrichtern gerade da die Arbeit sehr.

Hinter Tobias Welz sind Sie momentan die Nummer zwei der Wiesbadener Schiedsrichterszene. Sehen Sie sich ein wenig auf den Spuren von ihm? Halten Sie Kontakt?
Wir beide haben ja unterschiedliche Laufbahnen eingeschlagen. Er als Schiedsrichter, ich als Assistent. Daher kann man uns beide eigentlich nicht miteinander vergleichen. Und da wir zwei momentan in einem Gespann sind, stehen wir auch in regelmäßigem Kontakt.

Sie haben früher auch mal aktiv bei Kastel 46 gespielt. Juckt es manchmal noch in den Füßen?
Prinzipiell schon. Auch wenn es viele Faktoren gibt, die mir das aktive Fußball spielen nicht mehr erlauben. Aber wenn ich kein Schiedsrichter wäre, würde ich auf jeden Fall noch aktiv spielen. Jetzt ist aber auch schlicht und ergreifend keine Zeit mehr dafür. Aber klar, wenn man einmal das Fußballer-Gen im Blut hat, bleibt man auch dabei.

Wieso haben Sie sich letztendlich fürs Pfeifen entschieden?
Aufgrund der Perspektive. Ich wollte keine halben Sachen machen und mich dann voll auf meine Tätigkeit als Schiedsrichter konzentrieren. Ich habe die Entscheidung damals schweren Herzens getroffen. Aber das war wohl eine der besten meines gesamten Lebens.

Weil Sie wohl als Fußballer nicht so hoch hinausgekommen wären?
(lacht) Nein. Da muss man realistisch bleiben. In solch eine Leistungsklasse wie die Bundesliga wäre ich als Spieler nie hineingekommen.

Dann mal Hand aufs Herz: Was macht Ihnen mehr Freude, Kicken oder Pfeifen?
Auf jeden Fall Pfeifen. Ich bin mittlerweile in der Bundesliga, der Traum eines jeden Schiedsrichters. Das ist eine Situation, auf die ich jahrelang hingearbeitet habe. Auch wenn natürlich das ein oder andere Quäntchen Glück dabei war.

Was meinen Sie damit konkret?
Dass man auch in ganz engen Situationen intuitiv richtig entscheidet. Denn manchmal sind es nur Nuancen, die eine Entscheidung richtig oder falsch werden lassen.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Karriere gesteckt? Mal überspitzt gefragt: Ist die WM 2018 realistisch oder nur ein Traum?
(lacht) Nein, meine Ziele beschränken sich von Spieltag zu Spieltag. Ich versuche, das Bestmögliche abzurufen. Alles andere ist für mich derzeit sekundär. Es ist für mich Traum genug, ein Teil des Gesamtkonstrukts Bundesliga zu sein.

Aber was unterscheidet Sie denn großartig von international renommierten Assistenten?
Da gibt es momentan noch einen riesigen Unterschied: Die Erfahrung. Unsere Top-Assistenten haben unglaublich viel Erfahrung und schon unzählige Spiele und Spielsituationen erlebt.

Alle Schiedsrichter vereint jedoch, dass sie alle einmal im Amateur- beziehungsweise Jugendbereich ihre Karriere begonnen haben, was ja oft kein leichtes Unterfangen ist. Gab es auch Momente, in denen Sie an einer erfolgreichen Schiedsrichterkarriere gezweifelt haben?
Auch wenn der Job sehr zeitintensiv ist und man bei anderen Punkten zurückstecken musste: Die Schiedsrichtertätigkeit hat mir schon damals solch einen Spaß bereitet. Jedes Mal, wenn ich den Platz betrete und betreten habe, verspüre ich einfach nur Freude. Das ist das Wichtigste.

Was würden Sie dann jungen, angehenden Referees mit auf den Weg geben für eine ähnlich steile Karriere wie die Ihrige?
Schiedsrichter zu sein, ist eine unglaublich schöne Tätigkeit. Und gleichzeitig eine Schule fürs Leben. Denn schließlich muss man Situationen in kürzester Zeit entscheiden, sich dem damit verbundenen Stress stellen und ihn verarbeiten. Zudem übernimmt man enorm viel Verantwortung. Aber das wichtigste sollte die Affinität zum Fußball sein.

Aufrufe: 04.9.2013, 06:00 Uhr
Philipp DurilloAutor