2024-04-25T10:27:22.981Z

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Der Grenzverkehr zwischen Deutschland und Tschechien ist bis auf Weiteres eingestellt.
Der Grenzverkehr zwischen Deutschland und Tschechien ist bis auf Weiteres eingestellt. – Foto: Montage FuPa

Tschechische Spieler in Bayern: Abruptes Ende einer Ära?

Strikte Verordnungen in der Corona-Krise könnten dazu führen, dass Kicker aus dem östlichen Nachbarland nicht mehr in den weiß-blauen Freistaat kommen

Unser Nachbarland Tschechien hat wegen der Corona-Krise Mitte März seine Grenzen geschlossen. Nur noch Mitarbeiter des Gesundheits- und Rettungswesens dürfen die Grenzübergänge passieren, für alle anderen heißt es: Für 30 Tage gilt der Ein- und Ausreisestopp. Aufgrund des Schengener Grenzkodex dürfen Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der EU in Ausnahmesituationen für höchstens diesen Zeitraum verhängt werden. Allerdings kann nach Ablauf dieser Frist die tschechische Regierung erneut für 30 Tage die Grenzen schließen - und das Prozedere kann immer wieder, je nach Einschätzung der Lage, wiederholt werden. Was heißt das für die Vereine in Ostbayern? Sollte die Saison in absehbarer Zeit wieder anlaufen, könnte es sein, dass die Klubs auf ihre tschechischen Gastspieler verzichten müssen. Zudem wird noch eine andere Frage gestellt werden: Können wir uns das überhaupt noch leisten? FuPa hat sich bei Klubs aus der Region mal umgehört.

Beim Landesligisten TSV Bogen stehen mit den Zwillingen Lukas und Tomas Krbecek (34) zwei tschechische Routiniers im Kader, die unverzichtbare Führungsfiguren für die jungen Spieler verkörpern. Sportdirektor und Übergangscoach Helmut Muhr ist pessimistisch, die beiden in Kürze wiedersehen zu können: "Ich glaube nicht, dass es bis Ende Juni wieder einen geregelten Pendelverkehr geben kann. Sollte also der Spielbetrieb wieder früher aufgenommen werden, würde das nicht nur bei uns zu Turbulenzen führen."

Das Problem sei laut Muhr die Anordnung der tschechischen Behörden, wonach Rückkehrer aus Deutschland sich im Anschluss zwei Wochen in Quarantäne begeben müssten. Das würden sich die beiden Familienväter nicht antun. Muhr glaubt, dass die Corona-Krise und ihre Folgen für ein Umdenken bei vielen Vereinen sorgen wird: "Das Virus wird ja nicht in zwei oder drei Monaten verschwunden sein. Könnte also sein, dass es auch danach zu Grenzschließungen kommt bzw. der Pendlerverkehr erheblich eingeschränkt wird. Da werden sicher einige ins Grübeln kommen, ob es in der Form weiter Sinn macht, auf tschechische Spieler zu setzen." Eine Chance also für die eigene Jugend? Von heute auf morgen werde das sich nicht zu einem Aufschwung im Nachwuchsbereich führen. Es sei ein langer und steiniger Weg, ehe das Früchte tragen wird.



Bogens Ligakonkurrent, der SV Neukirchen beim Hl. Blut, liegt direkt an der Grenze zur tschechischen Republik und hat sechs Akteure aus dem Nachbarland im Kader. "Vier leben und arbeiten hier. Zwei sind Vertragsspieler und stehen damit offiziell in einem Arbeitsverhältnis zu uns", erklärt Sportdirektor Christopher Gierstl, der im Moment wahrlich nicht vom Glück verfolgt ist. Bei einem Arbeitsunfall hat er sich heftig am Unterarm verletzt, Muskeln und Sehnen wurden in Mitleidenschaft gezogen, nun ist er krankgeschrieben. "Ich bin praktisch seit sechs Wochen in Quarantäne", ächzt der 34-Jährige. Dazu kommt die instabile sportliche Lage für den Fußballverrückten, die aufs Gemüt drückt: "Die Ungewissheit macht mir am meisten zu schaffen." In den letzten Tagen hat er bereits alle Sponsoren abtelefoniert, die Signale sind im Grunde positiv, aber: "Der Faktor Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Wenn das Schlimmste in ein paar Wochen ausgestanden ist, wird uns wahrscheinlich schon ein Großteil die Treue halten. Zieht sich das aber noch über Monate dahin, könnte es schwierig werden."

Auch aus der Mannschaft kommen positive Zeichen, die Spieler wollen auf Aufwandsentschädigungen verzichten. Bezüglich seiner tschechischen Akteure macht er sich natürlich Gedanken: "Freilich wäre das ein Problem, wenn sie beispielsweise zuhause zwei Wochen in Quarantäne müssten. Aber auch dann wird bei uns weiter Fußball gespielt werden. Außerdem hoffe ich doch in der Angelegenheit sehr auf den Verband. Wir sind ja wahrlich nicht der einzige Verein in Grenznähe mit tschechischen Spielern im Kader. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der BFV den Spielbetrieb wieder aufnimmt, wenn fünf Kilometer weiter noch der Katastrophenfall gilt."

Gierstl pocht auf eine baldige Entscheidung, wie auch immer die ausfallen möge. "Die Vereine brauchen Planungssicherheit. Je länger das hinausgezögert wird, umso schwieriger wird es. Schon jetzt wird es fast unmöglich, für die neue Saison zu planen."



Kreisligist SV Prackenbach hat mit Filip Prochazka, Marek Falout und Frantisek Peroutka drei Akteure aus dem Nachbarland im Kader, die beim Klub aus dem Landkreis Regen zu den Leistungsträgern zählen. "Wir wissen über die Einreisebestimmungen Bescheid. Allerdings konfrontiert uns dieses Thema aufgrund der Ausgangsbeschränkungen derzeit nicht und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass unmittelbar nach dem 19. April so schnell wieder Fußball gespielt werden darf", sagt Prackenbachs langjähriger Abteilungsleiter Alexander Eckl, der mittlerweile 2. Vorstand des früheren Bezirksoberligisten ist.

Eckl spannt den Bogen ohnehin bereits etwas weiter: "Wir werden uns grundsätzliche Gedanken machen müssen. Im Juni hätten wir ein großes Heimatfest geplant. Wir haben es zwar noch nicht abgesagt, aber ob wir es austragen können, ist momentan mehr als fraglich. Bei einer Absage würde uns viel Geld verloren gehen, zudem fehlen uns derzeit auch die Heimspieleinnahmen. Ein anderes Thema sind die Sponsoren. Wenn beispielsweise eine Firma Kurzarbeit anmelden muss, wird sie in der aktuellen Lage kaum Vereine unterstützen können. Ich gehe derzeit stark davon aus, dass wir Sparmaßnahmen ergreifen müssen und das kann dann auch Auswirkungen darauf haben, ob wir unsere tschechischen Spieler überhaupt weiter beschäftigen können."


Der SV Arnbruck steckt in der Kreisklasse Regen mitten im Abstiegskampf. Mit Spielertrainer Tomas Peterik (40) und Keeper Tomas Motycka (28) stehen zwei wichtige Akteure im Kader der Zellertaler, die in Tschechien leben. Über die Einreisebeschränkungen sind die Verantwortlichen zwar informiert, ein akutes Thema ist es aber aktuell für die Verantwortlichen nicht: "Mit dieser Problematik haben wir uns ehrlich gesagt noch nicht beschäftigt. Wir sind natürlich vor allem mit unserem Coach Tomas Peterik in regelmäßigen Kontakt, aber wir haben nicht über diese Sache gesprochen. Ich kann mir aber ohnehin schwer vorstellen, dass wieder Fußball gespielt werden kann, bevor die Grenzen wieder offen sind. Daher machen wir uns da jetzt auch gar keinen großen Kopf", berichtet Arnbrucks Abteilungsleiter Jonas Muhr.






Aufrufe: 03.4.2020, 08:00 Uhr
Mathias Willmerdinger / Thomas Seidl Autor