2024-04-24T13:20:38.835Z

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Werder-Trainer Nouri als Gast in Buxtehude

Bremens Coach auf Heimatbesuch - Darum gönnt er dem HSV den Klassenerhalt

Seine Karriere begann einst beim TSV Altkloster in Buxtehude, mittlerweile ist Alexander Nouri Trainer von Werder Bremen. Nun kam er für einen Abend zurück in seine Heimatstadt, sprach über seine bisherige Zeit als Chefcoach und erklärte, warum er dem HSV den Klassenerhalt gönnt.

Alexander Nouri steht in der Abteilung für Männermode, zweiter Stock, Hosen auf der einen Seite, Pullover auf der anderen, und in etwas Entfernung Dutzende Menschen, die nur seinetwegen gekommen sind. Es ist Donnerstagabend, 19.38 Uhr, Nouri ist zu Gast im Buxtehuder Modehaus Stackmann, in dem er schon als Siebenjähriger mit seinen Eltern einkaufen war.

Heute, 30 Jahre später, sind die Eltern auch wieder dabei, aber Alexander Nouri ist nicht zum Shoppen hier. Stackmann hat zu seinem ersten "Männerabend" geladen und der Trainer von Werder Bremen ist der Star-Gast in seiner Heimatstadt.

"Erst im Sportclub beim NDR, dann im ZDF-Sportstudio, und jetzt die erneute Steigerung: bei Stackmann", eröffnet Moderator und TAGEBLATT-Chefredakteur Wolfgang Stephan den Talk. Das Publikum ist amüsiert, Nouri lächelt und sagt: "Es ist ein schönes Gefühl, hier zu sein, wo man sich heimisch fühlt." Es ist sein erster öffentlicher Auftritt als Werder-Trainer in der Stadt, in der er geboren wurde.

Bei aller gebotenen Sachlichkeit in diesem häufig überhitzten Zirkus Fußball-Bundesliga: Aus lokaler Sicht ist das schon eine tolle Nummer mit Nouri. Ein Mann, der seine Karriere einst beim TSV Altkloster begann, der noch vergangenen Sommer wohl nahezu unerkannt durch die Buxtehuder Fußgängerzone hätte schlendern können, ist plötzlich eine der gefragtesten Personen des deutschen Fußballs.

Das allein ist schon erstaunlich. Noch erstaunlicher ist allerdings die Souveränität, mit der Nouri nach nur acht Monaten im Bundesliga-Geschäft seine öffentlichen Auftritte bestreitet. Schlagfertig, humorvoll, professionell: So erlebten ihn die Zuschauer im NDR, im ZDF, und auch bei Stackmann.

Vier Auszüge aus dem Gespräch:

Wolfgang Stephan: Alex, wie haben Sie erfahren, dass Sie Cheftrainer von Werder werden sollen?

Alexander Nouri: Es war Sonntag, ich wollte gerade Brötchen holen, da bekam ich einen Anruf, ich solle sofort zum Weserstadion kommen. Da hatte ich schon so ein Gefühl, rief meine Frau an und sagte ihr: Heute gibt’s keine Brötchen.

Wolfgang Stephan: Wie haben Sie Werder in die Erfolgsspur gebracht?

Alexander Nouri: Das ging nicht von heute auf morgen, sondern dafür bedurfte es ein paar Maßnahmen, die sich erst nach und nach ausgezahlt haben. Als ich mit meinem Trainerteam angetreten bin, hatten wir zu viele Spieler. Wir mussten im konditionellen Bereich einiges optimieren, wir mussten Systeme neu einüben und lernen, zwischen diesen im Spiel zu wechseln.

Wolfgang Stephan: Ist es als junger Trainer womöglich schwieriger, weil noch etwas die Autorität fehlt?

Alexander Nouri: Warum sollte die Autorität fehlen? Das ist keine Frage des Alters, sondern des Umgangs, des Respekts, der Dinge, die man vorlebt und wie man die Mannschaft anspricht.

Wolfgang Stephan: Was muss der HSV tun, damit er so erfolgreich spielt, wie Werder derzeit?

Alexander Nouri: Ich werde mich hüten, Ratschläge zu geben. Aber ich wünsche mir, dass der HSV in der Bundesliga bleibt, damit wir auch in Zukunft die Nordderbys gewinnen.

Das Publikum lacht, klatscht Beifall, viele nicken häufig anerkennend. Dieser Alexander Nouri hat auf jede Frage eine Antwort. Vor allem aber hat er auf fast jede Frage eine gute Antwort. "Rhetorisch war Alex schon immer sehr gut", sagt sein Vater, der auch Alexander heißt und der während der Veranstaltung bei den Hosen und Pullovern steht, von wo aus sein Sohn zur Bühne gegangen ist. Der Papa ist stolz wie Bolle auf die Karriere seines Sohnes. Das muss er gar nicht extra betonen, man hört es in jedem Satz, wenn Alex Senior über Alex Junior spricht. Der Vater hat ja auch viel dazu beigetragen. TSV Altkloster, anschließend Buxtehuder SV, später SC Vorwärts-Wacker 04 in Hamburg-Billstedt und Werder Bremen: Bei jeder Station war der Papa auch der Trainer, er förderte und forderte den Sohn. "Dann habe ich Alex in die Hände von Thomas Schaaf gegeben", sagt der Senior und grinst dabei schelmisch.

Unter Schaaf spielte Nouri bei Werder in der Jugend und bei den Amateuren, verließ den Verein 2001 und kam nach den Stationen Uerdingen, Osnabrück, Kiel und Oldenburg 2014 zu Werder zurück. Erst war er Co-Trainer der zweiten Mannschaft, dann deren Chefcoach, im September vergangenen Jahres wurde Nouri schließlich zum Trainer der Bundesliga-Mannschaft befördert. Eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrages ist nach zuletzt acht Siegen aus zehn Spielen und dem Sprung auf Tabellenplatz sieben nur noch eine Frage der Zeit. Eine Karriere, wie auf dem Reißbrett entworfen.

Wolfgang Stephan: Haben Sie nach dem Angebot im September einen Moment innegehalten und gesagt: Okay, das muss ich erstmal mit meiner Frau besprechen?

Alexander Nouri: Nein, nicht einen Moment, ich habe zu keinem Zeitpunkt gezweifelt.

Das klingt nach Standard-Antwort, bei Nouri klingt es authentisch. Weil er schon als Jugendspieler so war, ehrgeizig, nach Höherem strebend. Sein ehemaliger Mitspieler beim BSV, Niki Nitschke, hat einmal gesagt: "Es war immer klar, dass Alex nicht vorhat, als Fußballer in Buxtehude alt zu werden."

Zum Ende des Talks dürfen die Fans Fragen stellen. Sie wollen wissen, ob Serge Gnabry bleibt, ob Davie Selke zurückkommt, und ob der Europapokal das neue Ziel ist. Bei solchen Fragen hält sich Nouri dann doch an die üblichen Fußballerfloskeln und antwortet ausweichend. "Natürlich muss ich mehr darauf achten, was sich sage, seitdem ich Bundesliga-Trainer bin", hatte er während des Talks zuvor zugegeben.Um kurz vor halb neun muss sich Nouri auf den Rückweg nach Bremen machen, ein Sponsorenabend wartet noch. Dazwischen liegen knapp Hundert Kilometer und mehr als ein Dutzend Fans, die ein Foto machen oder eine Unterschrift haben möchten.

Dann verschwindet Nouri durch den Nebenausgang. Die Zuschauer sind sich einig, dass der Buxtehuder Nouri in Buxtehude einen sehr guten Auftritt abgeliefert hat. Ob er neue Fans für Werder Bremen gewinnen konnte, bleibt aber fraglich. Den größten Applaus gab es nämlich bei folgender Frage:

Wolfgang Stephan: Der HSV steigt nicht ab, weil...

Alexander Nouri: ...sie einen sehr guten Trainer und eine sehr gute Mannschaft haben.

Aufrufe: 028.4.2017, 21:00 Uhr
Tageblatt / Birger HamannAutor