2024-04-23T13:35:06.289Z

Allgemeines
– Foto: Harneit

Giovanna Hoffmann holt sich den Feinschliff für den SC Freiburg

Individualtraining mit Roman Opalka +++ Umzug in den Schwarzwald steht kurz bevor

Die Bälle jagen ins Netz. Links und rechts vom großen Tor hat Roman Opalka zwei kleine Trainingstore platziert und auf Zuruf schiesst Giovanna Hoffmann die Kugel abwechselnd mit dem linken und rechten Fuß in die leeren Tore. Der Coach spielt ihr die Bälle zu, Ballannahme und Ballmitnahme sind eine Bewegung, Doppelpass mit der umgedrehten Zuschauerbank und Hoffmann zirkelt den Ball in den Knick. Alles läuft im höchstem Tempo ab. Die 21-Jährige macht sich fit für die neue Saison in der Frauen-Bundesliga und vertraut auf das Training vom erfahrenen Fussballtrainer.

Die Sonne scheint im Bürgerpark Bremerhaven. Auf dem Kunstrasenplatz des ESC Geestemünde haben sich Giovanna Hoffmann und Roman Opalka wieder zum Training verabredet. Im letzten Monat trafen sie sich dreimal in der Woche und spulten ihr Programm ab. „Ich habe einen Plan von unserem Athletiktrainer bekommen. Lauf- und Krafteinheiten absolviere ich allein, aber die Übungen mit Ball sind allein schwierig. Roman hat sich angeboten und ich bin ihm sehr dankbar für das Training. Das ist natürlich qualitativ viel besser und motivierender, als selbstständig zu trainieren“, sagt Hoffmann.

Roman Opalka kennt die Fußballerin seit sie neun Jahre ist und hat ihr Talent früh erkannt. „Sie war in jungen Jahren schon in meiner Fussballschule und sie hatte immer einen guten Willen und viel Talent“, sagt der Coach. „Für mich ist das klasse, mit so einer Top-Spielerin arbeiten zu dürfen und das Training ist auf einem sehr hohen Niveau. Ich kann mit ihr Übungen machen, die spielnah sind und auch sofort klappen. Der Coach hat sich fest vorgenommen ihre Spiele beim SC zu verfolgen.

– Foto: Harneit

Mit dem Zug nach Bremen

Mit neun Jahren begann sie beim TSV Imsum. Nach einem Jahr beim SC Lehe-Spaden wechselte sie 2012 in die Jugend von Werder Bremen. Die ersten Jahre musste sie noch zwischen Bremerhaven und Bremen pendeln. Drei bis viermal pro Woche setzte sie sich in den Zug Richtung Bremen, stieg in die Straßenbahn, lief die letzten 500 Meter zu Fuß zum Weserstadion und absolvierte das Training. Hinzu kamen die Spiele am Wochenende. Später richtete der Verein einen Fahrdienst ein, der mehrere Spielerinnen aus der Region zum Weserstadion chauffierte.

Früh erkannte der Verein das Talent und den großen Willen der Bremerhavenerin. Sie zog ins Werder-Internat und somit fielen die lästigen Fahrten zwar weg, doch war sie von nun an auch weiter von der Familie entfernt und ein Stück weit auf sich allein gestellt. Hoffmann setzte sich durch.

Am 3. September 2013 wurde die talentierte Spielerin von der ehemaligen Nationalspielerin Anouschka Bernhard in die U16-Nationalmannschaft berufen und traf nur wenige Minuten nach ihrer Einwechslung zum 3:1 Endstand in Norwegen. Ihr bis dato letztes Länderspiel bestritt sie für die U19 im Sommer 2017 gegen die USA. Deutschland siegte mit 1:0. Torschützin war Giulia Gwinn. Gwinn wurde später zur WM-Entdeckung 2019 und schoss den Siegtreffer im Auftaktspiel gegen China. Mittlerweile spielt sie beim FC Bayern München und gehört zu den bekanntesten deutschen Spielerinnen. Zuvor spielte Gwinn im Schwarzwald beim SC Freiburg. Genau der Verein, für den Giovanna Hoffmann zukünftig auflaufen wird.

Auf- und Abstieg mit Werder

Als U17-Spielerin debütierte sie in Werders Frauenmannschaft. Das Team stieg sogar in die Bundesliga auf, allerdings verletzte sich Hoffmann schwer am Sprunggelenk und konnte nicht ein einziges Spiel in der höchsten Liga absolvieren. Die Mannschaft stieg sofort wieder aus der höchsten deutschen Spielklasse ab, doch das Offensivtalent hatte in der Folgesaison mit 14 Toren einen erheblichen Anteil am Wiederaufstieg. Danach wurde sie immer wieder durch Verletzungen ausgebremst. Zwar hielt Werder am Ende der Saison 2017/2018 die Klasse, doch die zukünftige SC-Spielerin konnte nur acht Punktspiele bestreiten. Es folgte eine lange Leidenszeit.

Über ein Jahr konnte sie nicht für Werders Frauen auflaufen. Sie trainierte hart für ihr Comeback und wischte Momente des Zweifelns schnell wieder weg. Zu groß war ihr Ehrgeiz und die Liebe zum Ball. Im Bundesligaspiel gegen den MSV Duisburg war sie wieder zurück auf der Fußballbühne. Es folgten noch sieben Saisoneinsätze, den Klassenerhalt schaffte Werder aber nicht mehr.

In der laufenden Saison marschierte sie mit ihrer Mannschaft durch die 2. Bundesliga. Bis zur Unterbrechung durch die Corona-Pandemie hatte das Team elf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten und blieb ohne Niederlage. „Zwischendurch haben wir schon gezittert. Es war ja unklar wie gewertet wird. Ich bin wirklich froh, dass es mit dem Aufstieg geklappt hat.“ Am Montag wurde die Mannschaft von Bremer Fußballverband geehrt. Für die 21-Jährige war es vorerst das letzte Mal, dass sie sich das grüne Trikot überstreifte.

Neue Wohnung per Facetime

Bereits im Februar gab sie ihren Wechsel in den Breisgau bekannt und wünschte sich vorher noch den Aufstieg zum Abschied. Das hat geklappt, aber was wünscht sich die Jura-Studentin für die Zukunft beim SC Freiburg? „Ich war sehr lange bei Werder, wo wir es in der Bundesliga immer schwer hatten auch unsere spielerische Klasse zu zeigen. In Freiburg bin ich Teil einer jungen, spielstarken Mannschaft, die sich weiter oben in der Bundesliga behaupten will.“

Eine Wohnung hat sie bereits gefunden. Aufgrund von Corona wird sie diese aber erst in wenigen Tagen zum ersten Mal betreten. „Im Süden war es ja noch viel schlimmer als bei uns im Norden mit dem Virus, daher habe ich die Wohnung bisher nur über Facetime gesehen.“ Anschluss wird sie am neuen Wohnort sicher schnell finden. „Ich kenne bereits einige Spielerinnen, mit denen ich in der U-Nationalmannschaft gespielt habe“, so die Offensivspielerin. Außerdem trifft sie in Freiburg auf Stefanie Sanders, die 2018 von Werder zum SC Freiburg wechselte.

Sobald das neue SC-Stadion in Freiburg steht, soll die Frauenmannschaft ins Schwarzwaldstadion ziehen, in der bisher noch die Mannschaft von Christian Streich seine Heimspiele austrägt.

Am Mittwoch tritt sie den Weg zur ihrem neuen Verein an. Kurz danach folgt der obligatorische Corona-Test und die Vorbereitung auf die neue Saison beginnt.

Ihr Individualcoach ist sich sicher, dass Hoffmann sich beim SC Freiburg durchsetzt: „Giovanna ist eine ganz seltene Spielerin, die alles für den Fussball gibt und immer hart trainiert. Sie hat das gewisse Etwas, was sie von anderen Spielerinnen abhebt und deswegen schafft sie es auch in die Bundesliga. Da sie so unheimlich ehrgeizig und mit ihrem Talent auch hart zu sich selbst ist, ist sie einfach viel besser, als viele ihrer Mitspielerinnen. Viele gehen aus oder haben andere Freizeitbeschäftigungen, Giovanna trainiert und will sich täglich verbessern. Nur so schafft man es in den absoluten Profibereich.“

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Aufrufe: 014.7.2020, 13:00 Uhr
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