2024-04-25T14:35:39.956Z

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Führungsspieler aus Darmstadt: Hassan Amin führt das Regionalliga-Team des SV Waldhof Mannheim künftig als Kapitän.
Führungsspieler aus Darmstadt: Hassan Amin führt das Regionalliga-Team des SV Waldhof Mannheim künftig als Kapitän.

Kapitän in Verein und Nationalelf

Regionalliga Südwest: Der Darmstädter Hassan Amin will mit dem SV Waldhof den Drittliga-Aufstieg schaffen und für Afghanistan „Glücksgefühle vermitteln“

Als einer von sieben Geschwistern hat Hassan Amin mit seinen gerade 25 Jahren schon einiges in seiner jungen Fußballerkarriere erlebt.

Der gebürtige Darmstädter, der auch in seiner Heimatstadt lebt und seit einem Jahr als Linksverteidiger für den früheren Bundesligisten SV Waldhof Mannheim in der Regionalliga aufläuft, führte dank seiner elterlichen afghanischen Wurzeln als Kapitän die Nationalmannschaft des krisengeschüttelten Landes aufs Spielfeld, scheiterte zweimal – mit dem 1. FC Saarbrücken und zuletzt Waldhof – erst im Elfmeterschießen am Aufstieg in die Dritte Liga, feierte aber auch Erfolge. Etwa den Aufstieg mit Saarbrücken von der Ober- in die Regionalliga. Für ihn noch wichtiger – der Aufstieg mit dem SV Darmstadt 98 im Jahr 2011 in die Dritte Liga.

Internationale Einsätze „eine Art Kulturschock“

„Ich habe knapp elf Jahre, also meine ganze Jugend, für die Lilien gespielt und durfte dann auch in der ersten Mannschaft ran. Das war ein schönes Erlebnis“, erinnert sich der 1,74 große Linksfuß, dessen fußballerische Laufbahn im Bambini-Alter bei der TG 75 Darmstadt begann. „Eigentlich hatte ich gar keine Lust auf Fußball. Mit fünf Jahren hat mich meine Mutter dann einmal mit in ein Training genommen. Danach nahm alles irgendwie seinen Lauf.“ Amins’ Eltern waren vor über 30 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflohen und leben, wie Hassan, bis heute in Darmstadt.

Unter dem deutschen Trainer Erich Rutemöller feierte Amin am 20. Mai 2014 sein Debüt in der afghanischen Nationalmannschaft. Auf insgesamt neun Einsätze und ein Tor brachte er es bisher. Dass es nicht zu mehr Spielen reichte, lag auch an Verletzungen. Inzwischen trägt er unter seinem aktuellen Trainer und Weltenbummler Otto Pfister die Kapitänsbinde für sein Land und kämpft in der Qualifikation für den Asien-Cup 2019. Unter kuriosen wie teils lebensgefährlichen Umständen, wie Amin berichtet.

„Unsere Heimspiele können wir seit Jahren nicht im eigenen Land austragen. Oft drohen Bomben- oder Selbstmordanschläge bei solchen Ereignissen. Einmal haben bei uns im Spielerhotel die Scheiben geklirrt. Das war bedrohlich. Deshalb weichen wir seitdem – auch schon in der Spielvorbereitung – nach Tadschikistan oder in den Iran aus.“

Wie er sich in Anbetracht dieser Bedingungen rund um seine internationalen Einsätze fühle? Amin: „Inzwischen sind wir ja nicht mehr in Afghanistan direkt und bekommen das nicht so mit. Viele von uns spielen ja auch noch hier in Deutschland oder anderen Teilen Europas und Asiens. Trotzdem war es für uns am Anfang schon wie eine Art Kulturschock. Die schlechte Infrastruktur, die Menschen mit ihrer völlig anderen Mentalität oder das Essen, das sicher gewöhnungsbedürftig ist. Was uns zusammenschweißt ist, dass wir möglichst viel gewinnen wollen, um den Menschen in unserer aller Heimat zumindest für ein paar Stunden Glücksgefühle zu vermitteln, von denen sie sonst so gut wie keine haben.“

Wahre Heimat bleibt Darmstadt

Beim nächsten Qualifikationsspiel am 5. September in Amman gegen Jordanien soll dies möglichst wieder so sein. „Wir haben zwar erst einen Punkt in der Tabelle nach zwei Spielen, aber durchaus noch rechnerische Chancen“, hofft Amin auf weitere Glücksgefühle und einen Überraschungscoup beim Spitzenreiter. Immerhin: 2015 wurde Amin mit der Nummer 155 der Fifa-Weltrangliste Vize-Südasienmeister.

Am Donnerstag wurde Amin als Nachfolger des früheren Bundesliga-Profis Michael Fink auch als künftiger Kapitän des SV Waldhof präsentiert. Im dritten Anlauf in Folge wollen die Blau-Schwarzen, die an diesem Samstag beim KSV Hessen Kassel in die Liga starten, den Aufstieg in Liga drei schaffen. „Der Frust von Meppen ist abgehakt. Wir schauen nach vorne“, sagt Amin, der täglich mit Teamkollege und Angreifer Jannik Sommer zum Training pendelt und trotz seines Jobs bei den Nordbadenern weiß, wo seine wahre Heimat ist: „Hier in Darmstadt. Da habe ich die meisten Freunde und gehe gerne mit ihnen weg. Das passt und ich fühle mich wohl.“ Und er räumt ein: „In der letzten Zeit hat es leider nicht mehr zu Besuchen am Böllenfalltor gereicht. Aber ich verfolge die Lilien weiter und freue mich mit ihnen über jeden Sieg.“

Aufrufe: 031.7.2017, 19:00 Uhr
RedaktionAutor