2024-04-23T13:35:06.289Z

Allgemeines
Matthias Stingl wartet sehnlichst auf seinen Visabescheid, um in die USA reisen zu können.
Matthias Stingl wartet sehnlichst auf seinen Visabescheid, um in die USA reisen zu können. – Foto: Robert Geisler

Er sitzt auf gepackten Koffern - und trainiert daheim in Winzer

Das geplante USA-Abenteuer des Ex-Burghausers Matthias Stingl (22) wird zur Hängepartie

Die Koffer sind gepackt - und eigentlich sollte Matthias Stingl längst in den Vereinigten Staaten sein. "Der Plan war, dass ich die Reha in den USA absolviere", seufzt der 22-Jährige, der sich nach einem Kreuzbandriss vor sechs Monaten wieder in Form bringt. Anstatt sich aber in der Nähe der Ostküsten-Metropole Boston für sein Debüt im College-Soccer fit machen zu lassen, heißt die Realität für den gebürtigen Niederbayern im Moment: Schuften in Vilshofen! Denn in der Donaustadt hat Papa Stingl zum Glück eine Physiopraxis und legt nun selbst Hand an beim Filius.

Und so muss sich Matthias Stingl im Moment in Geduld üben. Das Problem ist, dass aufgrund der Corona-Pandemie die USA ihre Konsulate geschlossen haben, die Visa-Anträge bleiben liegen und werden schlicht nicht bearbeitet. "Ich hoffe, dass vielleicht im August was vorwärts geht. Am 10. August würde die Vorbereitung meines College-Soccer-Teams beginnen. Spätestens am 1. September muss ich drüben sein, denn dann beginnt das Studium und das hat Priorität für mich." Und wenn sich die Situation bis dahin nicht entspannt? "Dann müsste es wohl oder übel irgendwie online gehen."

Die Vorfreude auf die Sportstadt Boston ist riesig.

Drei Jahre will der Niederbayer in Lowell bleiben, einer Universitätsstadt rund 30 Kilometer von Boston entfernt. Seinen Bachelor in Business Administration will er dort ablegen, so lange gilt auch seine Spielgenehmigung. Im Fokus soll aber schon der akademische Werdegang und anschließende Abschluss stehen. "Ich weiß ehrlich gesagt noch gar nicht wirklich, was mich sportlich erwartet. lch denke, das Niveau wird irgendwo zwischen Regional- und Bayernliga anzusiedeln sein. Was ich mir erhoffe? Von der MLS (höchste Profiliga in Amerika, Anm.d.Red.) träume ich nicht. Ich will aber vor allem athletisch auf ein neues Level kommen. Gerade dafür ist der College-Sport ja bekannt", erklärt Stingl. Die Sportstadt Boston dürfte für den bekennenden Basketball-Fan einige Schmankerl bereithalten: "Ich freue mich auf Spieler der Celtics in der NBA. Auch das Eishockey-Team Boston Bruins gehört zu den besten des Landes." Daneben wäre noch die Football-Giganten der New England Patriots und das MLS-Team New England Revolution zu nennen. Langweilig dürfte ihm also nicht werden. Aber: Alles noch Zukunftsmusik!

Nach seiner Zeit in Paderborn zog es ihn nach Bayern zurück.

Derzeit nämlich muss er noch vorliebnehmen mit dem elterlichen Zuhause in Winzer (Lkr. Deggendorf), wo er seit der Kündigung seiner Wohnung in Burghausen untergekommen ist. Während die Corona-Krise den Fußball lahmgelegt hat, hat Matthias Stingl die Zeit genutzt und bei der Firma ZF in Passau ein Praktikum absolviert. Sportlich hätte er sich natürlich einen gänzlich anderen Abgang aus Burghausen gewünscht. "Ich konnte mich leider nicht einmal persönlich verabschieden. Das ist schon brutal schade." Trotz seines erlittenen Kreuzbandrisses will er die Zeit an der Salzach nicht missen. Burghausen, das war für ihn fast ein Sehnsuchtsort wenn man so will. "Nach meiner Zeit in Paderborn hat es mich doch wieder arg zurückgezogen in meine bayerische Heimat."

Eineinhalb Jahre war Matthias Stingl für den SV Wacker am Ball.
Eineinhalb Jahre war Matthias Stingl für den SV Wacker am Ball. – Foto: Michael Buchholz


In Ostwestfalen versuchte er sich nach seiner Zeit in der Jugend des FC Bayern im Profifußball. "Zum SC Paderborn bin ich eher zufällig gekommen. Ich hing nach der U19 ein wenig in Luft, wäre fast in Holland gelandet", erinnert sich Stingl. Die ersten Monate beim SCP verliefen vielversprechend, der junge Bayer kam auf seine Einsätze in der 3. Liga - bis ihn eine Knieverletzung ausbremste. Genauer gesagt ein Knorpelschaden. Der anschließende Erfolg der Mannschaft, der Aufstieg in die 2. Liga, war für Stingl nicht unbedingt ein Glücksfall. "Für meine Entwicklung wäre es besser gewesen, wenn wir in der 3. Liga geblieben wären. So kamen viele neue Spieler und für mich war dann schnell klar, dass ich nicht oft auf dem Platz stehen werde."

Training daheim in Winzer.

Der Profifußball muss es für Matthias Stingl aber gar nicht mehr sein. Für sich hat er eine ideale Nische gefunden: Studium in den USA verbunden mit semiprofessionellem College-Soccer. Nach seiner schweren Knieverletzung meint er, in vier bis sechs Wochen wieder in ein Mannschaftstraining einsteigen zu können. Am Comeback arbeitet er derzeit an einem ganz besonderen Ort: Zuhause in Winzer. "Ich gehe derzeit oft auf den Platz und mache Übungen", verrät Stingl und schickt dabei wohl Stoßgebete gen Himmel, dass sein Visa-Antrag möglichst bald bearbeitet wird. Und sollte sich das alles wider Erwarten doch noch hinziehen wie Kaugummi, ja was dann? "Sollte ich tatsächlich bis Winter nicht in die USA reisen können, würde ich mir eine Möglichkeit suchen, um mich fit zu halten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo bei einem Verein ins Wettkampfgeschehen einzugreifen. Das Verletzungsrisiko wäre mir einfach zu groß", sagt Stingl. Soweit soll es aber nicht kommen. Die Koffer sind schließlich schon gepackt.





Aufrufe: 08.7.2020, 16:55 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor