2024-04-19T07:32:36.736Z

Querpass
In Ströbitz gab es am Samstagnachmittag nur lachende Gesichter. F.: Voigt
In Ströbitz gab es am Samstagnachmittag nur lachende Gesichter. F.: Voigt

"Der Fußball spricht seine eigene Sprache"

In Ströbitz zeigt sich bei einem Testspiel der anderen Art die Integrationskraft des Fußballs

Refugees Welcome hieß es am vergangenen Wochenende auf dem Sportplatz des SV Wacker Ströbitz. Fernab jeglicher Pokalwettbewerbe organisierte der Verein aus dem Cottbuser Norden am Samstagnachmittag ein Testspiel gegen eine Flüchtlingsauswahl, bei dem sich vor allem eins zeigte: Im Fußball ist es egal, welche Sprache man herkunftsbedingt spricht - auf dem Rasen sprechen alle 22 Akteure immer die Gleiche.

Schon beim Einlaufen erkannte man, dass es beiden Seiten dabei um viel mehr ging, als schlichtweg einen leistungsbezogenen Vorbereitungskick an einem spielfreien Wochenende zu bestreiten. Shakehands, lachende Gesichter und gemeinsame Erinnerungsfotos waren unverkennbare Indizien dafür. So störte es auch niemanden, dass die bunt zusammengestellte "Weltauswahl" mit Sportlern aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und Kamerun am Ende mit 6:0 den Kürzeren ziehen sollte. Der Spaß stand eindeutig im Vordergund.

Zudem kristallisierte sich heraus, dass vor allem der Sport ein Meilenstein für eine erfolgreiche Integrationspolitik sein könnte, die in diesen Tagen wohl so kontrovers wie nie zuvor diskutiert wird. "Es ist einfach nicht leicht für die Menschen, die hierher kommen. Natürlich sind die Lebensbedingungen in Deutschland deutlich besser, als in den Heimatländern, aber besonders der abwechslungsarme Alltag setzt vielen schon zu. Da viele Flüchtlinge zunächst keine Arbeitserlaubnis bekommen, bleiben zumeist nur ein paar Deutschkursstunden in der Woche, um sich als ein Teil der Gesellschaft zu fühlen. Da bietet der Fußball eine unglaubliche Chance", fasst Wackers Mittelfeldspieler Jacob Andaje Netzker, der selbst einen Migrationshintergrund hat, die Situation zusammen.

Und tatsächlich, speziell bei dem gebürtigen Kenianer kann man die Integrationsbedeutung des Sports nahezu greifen. So kickte der technisch versierte Mittelfeldspieler bereits kurz nach seiner Ankunft in Deutschland vor gut eineinhalb Jahren für die SG Burg, ehe er sich dem Südcottbuser Landesligisten anschloss, was vor allem seinen Sprachkenntnissen zu Gute kam - mittlerweile beherrscht Netzker nahezu perfekt die deutsche Sprache und scheint keinerlei Verständigungsprobleme mehr zu haben.


Natürlich gab es auch ein Erinnerungsfoto mit allen Protagonisten. F.: Voigt

Dass diese Entwicklung jedoch keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist und speziell zu Beginn auch Probleme mit sich bringt, weiß auch SVW-Coach Tino Kandlbinder einzuschätzen, der während des Trainingsbetriebs derzeit einige internationale Kicker in seinen Reihen begrüßen darf. "Ohne Frage ist der Anfang nicht immer einfach. Viele können natürlich nur ein paar Worte Deutsch. Aber dann hilft zur Verständigung meist die englische Sprache und auch die Französischkenntnisse von Marcus Pawelke werden ab und an mal benötigt", so Kandlbinder lachend. Zudem ergänzt der 49-Jährige final zwei Sätze, die wohl allein schon anhand Energies Bundesligageschichte zu "Ede" Geyers Zeiten stets belegbar waren und den Sport über jegliche interkulturellen Unterschiede hinweg auszeichnen: "Dass nicht alle Spieler auf Anhieb dieselbe Sprache sprechen ist aus meiner Sicht auch eher zweitrangig. Denn wie wir alle wissen, spricht der Fußball auf dem Rasen eh seine eigene - und nur das zählt am Ende."

Übrigens sind Sportvereine durch eine Neuregelung rechtlich abgesichert, wenn sie Asylbewerber und Flüchtlinge die Möglichkeit zum mittrainieren bieten. Darüber informiert der Fußball-Landesverband Brandenburg (FLB) auf seiner Homepage. Demnach hat der LSB Brandenburg dafür eine pauschale Unfall- und Haftpflichtversicherung mit der Feuersozietät Berlin Brandenburg abgeschlossen. Der Versicherungsschutz für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gilt explizit für Nicht-Mitglieder und ist seit dem 1. Februar 2015 in Kraft. „Der Sportverein bietet nämlich einen hervorragenden Raum für Integration. Wir wollen auf die Flüchtlinge und Asylsuchenden in unserem Bundesland noch intensiver zugehen und sie ermutigen, in den Vereinen auch ohne Mitgliedschaft Sport zu treiben“, sagt LSB-Hauptgeschäftsführer Andreas Gerlach in dem Bericht. Die neue Versicherung schützt vor Personen-, Sach- und Vermögensschäden und springt beispielsweise bei Bergungskosten, kosmetischen Operationen oder Invalidität ein. Wenn Asylbewerber und Flüchtlinge allerdings auch aktiv am Spielbetrieb teilnehmen wollen, müssen sie Mitglied im Sportverein sein. Dann sind sie über die allgemeine Sportversicherung abgesichert.

Aufrufe: 014.10.2015, 17:32 Uhr
Tobias Voigt /Sven BockAutor