2024-04-25T14:35:39.956Z

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Bereit für eine neue Aufgabe: Marco Stilp tritt in Vaihingen nach dieser Saison das Erbe Klaus Kämmerers an. Foto: Dural
Bereit für eine neue Aufgabe: Marco Stilp tritt in Vaihingen nach dieser Saison das Erbe Klaus Kämmerers an. Foto: Dural

SV Vaihingen: Einstiger Peiniger wird neuer Trainer

Bezirksliga Stuttgart: SV Vaihingen holt Marco Stilp für die neue Saison

Zwei Kicker im Krankenhaus, späte Gegentore, ein Zehn-Tore-Festival in Plattenhardt mit Feldspieler im Tor - der 22. Spieltag der Stuttgarter Bezirksliga hatte es in sich. Die Schlagzeile hinter den Kulissen liefert der SV Vaihingen. Der hat seine Trainersuche erfolgreich beendet.

Vielleicht sollten die Verantwortlichen künftig vorsichtshalber Schilder an den Eingangstoren aufstellen: ,,Vor gesundheitlichen Risiken und Nebenwirkungen wird gewarnt." Was der aktuelle Spieltag der Fußball-Bezirksliga gebracht hat, war jedenfalls nichts für schwache Nerven. Die Kurzbilanz aus Filder-Sicht: zwei Kicker im Krankenhaus, zwei Gegentore in den Schlussminuten, die jeweils Siege kosteten - dazu ein Zehn-Tore-Festival in Plattenhardt, bei welchem für die Gastgeber ein Feldspieler zwischen den Pfosten stand. Vergleichsweise unaufgeregt ging es nur beim SV Vaihingen zu, der dafür aber hinter den Kulissen für Schlagzeilen sorgt: Die Trainersuche ist beendet. Marco Stilp tritt zur nächsten Saison die Nachfolge von Klaus Kämmerer an.

Neuer Trainer. Über einen Mangel an Interessenten konnten sie sich beim SV Vaihingen nicht beklagen. Ein gutes Dutzend Bewerbungen hatte der Verein laut seinem Abteilungsleiter Thomas Illig auf dem Tisch liegen. Hinzu kamen einige aus eigenem Antrieb kontaktierte Kandidaten. Seit Sonntag steht das Ergebnis: Durchgesetzt hat sich in der Trainersuche ein Mann, der anfänglich wohl auf keiner Rechnung am Schwarzbach stand - Marco Stilp. ,,Es war uns wichtig, jemanden zu finden, der unsere Philosophie mitträgt, jene der Jugendförderung und dass es bei uns keine Einzelbezahlung von Spielern gibt", sagt Illig. In dieses Raster passte Stilp. Zudem brachte der 44-Jährige beim finalen Casting einen entscheidenden Vorteil mit: Er ist derzeit ohne Fußballjob und somit in der Lage, sofort intensiv in die Planung für die nächste Saison einzusteigen. Das unterscheidet ihn etwa von Mario Estasi, der im Umfeld bis zuletzt als Favorit auf die Nachfolge des scheidenden Coachs Klaus Kämmerer gehandelt wurde. Estasi steht bis zum Rundenende noch in Böblingen unter Vertrag.

Einen Trainernamen hat sich Stilp vor allem während seines einst gut dreijährigen Engagements beim TSV Plattenhardt gemacht. Mit den Filderstädtern gelang ihm 2007 der Aufstieg in die Landesliga - woran man sich bei seinem künftigen Arbeitgeber allerdings ungern erinnern dürfte. Pikante Note: der damals ausschlaggebende Sieg in der Relegation gelang Stilp und Co. just gegen den SV Vaihingen, der damit seinerseits absteigen musste. Weitere Stationen des gebürtigen Cannstatters waren seitdem der SSV Rübgarten und der TSV Grafenberg. Zuletzt, im vergangenen Spieljahr, fungierte er beim Oberliga-Team der Stuttgarter Kickers als Co-Trainer. Aus seiner Spielerzeit bringt Stilp darüber hinaus langjährige Verbandsliga-Erfahrung mit. Auf den Fildern war er in seinen frühen Aktivenjahren für den TV Echterdingen und den SV Bonlanden am Ball.

Welche Spielklasse es nun in Vaihingen wird? Es spricht einiges für die Bezirksliga. Vor Stilps Vorstellung gegenüber der Mannschaft heute Abend hat diese aber immerhin in die Erfolgsspur zurückgefunden. Eine Woche nach der Blamage beim Tabellenletzten Palästina Al Q'uds gelang gegen Croatia Stuttgart ein 3:0-Erfolg. ,,60 Minuten lang war es zäh. Alles in allem haben die Spieler aber eine guten Job gemacht", sagt der Noch-Coach Kämmerer. Das erlösende Führungstor erzielte Tristan Schmid nach einem klugen Pass von Fabio Andretti. Danach hatten die Gastgeber in einer Szene Glück, als der Gegner den Pfosten traf, ehe sie den Sack verdient zumachten. Zuschauer bei alledem: Stilp. Das nächste Casting hat begonnen, diesmal für die Spieler.

Neuer Frust. Braucht es an dieser Stelle einen neuen Bericht? Reichte es nicht, einfach jenen der vorigen Woche zu kopieren? Aus Sicht von Jörg Elser durchaus. ,,Gleiche Schallplatte", knurrt der Trainer der Spvgg Möhringen, nachdem seine Elf eine erstaunliche Duplizität der Ereignisse durchlaufen hat. Wie am Spieltag zuvor dreimal geführt, wie am Spieltag zuvor dreimal den Ausgleich kassiert, wie am Spieltag zuvor gegnerischer Torjubel in der Nachspielzeit - so folgte dem ärgerlichen 3:3 gegen den TSV Mühlhausen ein nicht minder ärgerliches 3:3 beim SSV Zuffenhausen. ,,Innerhalb von acht Tagen haben wir vier Punkte unnötig liegen lassen", sagt Elser. Nach den Möhringer Treffern von Etienne Friedrich, Steffen Müller und Jakob Müller, der damit seine sechseinhalbmonatige Toredurststrecke in der Liga beendete, bedeutete diesmal ein Kopfball des Routiniers Ilker Aybar den finalen Stimmungskiller.

Für Kopfschütteln hatte freilich schon die erste Hälfte gesorgt. Dass es auch nach dieser gegen einen aus seiner Sicht ,,bis dahin grottenschlechten Gegner und trotz drückender eigener Überlegenheit" nur unentschieden gestanden war, erachtet Elser als ,,großen Witz". Dumm nur: keiner, über den bei den Gästen gelacht werden konnte, ebensowenig wie über den umstrittenen Elfmeter zum zwischenzeitlichen 1:1. Der Keeper Furkan Güzelkücük, Ersatz für den verletzten Martin Brodbeck, war mit einem Zuffenhausener Angreifer zusammengeprallt. Immerhin: das war dann doch noch etwas, worin sich der Spielfilm von jenem der vorigen Woche unterschied.

Neues Verletzungspech. Wie hatte die flehentliche Bitte gelautet? Richtig, verletzten darf sich keiner mehr, kommt der SV Bonlanden II doch eh schon mit einem letzten Aufgebot daher. Was ist am Sonntag dann passiert? Genau, prompt hat es einen Leistungsträger übel erwischt. Für Fabian Rieker endete der Spieltag im Krankenhaus. Die Diagnose: doppelter Rippenanbruch, nachdem der 26-Jährige kurz vor Schluss vom gegnerischen Keeper beim Klärungsversuch samt Ball abgeräumt worden war. Damit hatte das 2:2 beim FC Stuttgart-Cannstatt vollends einen bitteren Geschmack. Das Ergebnis? ,,Im Voraus hätten wir dazu gesagt: super. Im Nachhinein gilt: wir haben zwei Punkte verschenkt", sagt der Trainer Robert Stadtmüller. Schließlich spielten die Seinen 45 Minuten lang in Überzahl. Ali Sivka, zuvor schon durch einen Ellbogenschlag gegen Marcel Decker unschön aufgefallen, sah kurz vor der Pause Gelb-Rot.

Doch wussten die Bonlandener daraus kein Kapital zu schlagen. Im Gegenteil. Niels Wüllbier traf nur den Pfosten. Und in der Endphase gerieten sie dann sogar in Rückstand - ehe der eingewechselte A-Jugendliche Ricardo Pinto Lino per mutigem Dribbling einen Elfmeter erzwang. Jenen verwandelte der da noch putzmuntere Rieker. Wer konnte ahnen, dass er wenige Minuten später auf der Trage liegen sollte?

Neuer Torhüter. Da ist dann auch dem Coach die Spucke weggeblieben. Nicht, dass Sascha Gavranovic nach rund eineinhalb Jahrzehnten im Trainergeschäft noch so schnell durch etwas zu überraschen wäre. Zur aktuellen Partie seines TSV Plattenhardt fiel ihm aber zunächst nur noch ein Wort ein: ,,Unglaublich." Zurück ging der Blick auf ein Spiel, das jeden Hitchcock-Thriller in den Schatten stellte - ein Ritt auf einer Achterbahn. Rauf, runter. Von hoch jauchzend bis tief betrübt war alles drin. Zweimal führten die Gastgeber, zweimal der Gegner. Einmal sah das eine Team wie der sichere Sieger aus, dann das andere - ehe am Ende gegen den SV Sillenbuch ein aberwitzig anmutendes 5:5 stand. Dieses verbucht Gavranovic zwar partiell positiv: ,,Die Mannschaft hat unheimliche Moral bewiesen. Man hat gesehen, dass sie lebt", sagt er. Zugleich ist freilich auch ihm bewusst: im Abstiegskampf hilft der eine Punkt nicht groß weiter. Die Filderstädter bleiben Vorletzter, dies mit nun schon vier Zählern Abstand zum rettenden Ufer.

Zum so sehr herbeigesehnten Sieg verhalfen schließlich selbst drei Tore des Neuzugangs Aristidis Perhanidis nicht. Letzterer ragte zusammen mit Paulo Bayrak (ein Tor, drei Torvorlagen) heraus. Als Perhanidis in der 90. Minute zum 5:4 einnetzte und mit den Seinen in einer Jubeltraube versank, schlugen die Gäste prompt noch einmal zurück. Beim finalen Abstauber war der Plattenhardter Keeper Dennis Kattenberg chancenlos. Nein, kein Druckfehler: Keeper Kattenberg. Jener, eigentlich Angreifer, musste notgedrungen ins Tor, nachdem Tim Steck bei einem Zusammenprall eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. Einen Ersatzmann hatten die Gastgeber nicht dabei. Warum gerade Kattenberg? ,,Keiner hat sich richtig getraut. Dann habe ich halt mal ihn gefragt", sagt Gavranovic. Zum turbulenten Nachmittag passte die Begebenheit wie die Faust aufs Auge.

Aufrufe: 024.3.2015, 13:00 Uhr
Filder-Zeitung / Franz StettmerAutor