2024-05-10T08:19:16.237Z

Spielbericht

Wir sind zurück!

Sonntagnachmittag. Ein lauer Herbstwind weht über die Sportplätze Kassels. Die Sonne scheint schüchtern durch die tiefhängenden Wolken über der Holländischen Straße, als sich die Mannen um Coach Knauf zum ersten Gefecht der neuen Saison bereit machen. Auf dem satten Kunstrasengrün des Nordstadtstadions geht es im ersten Pflichtspiel nach dem Wiederaufstieg gegen die Zweitvertretung Türkgücüs. Doch der Gegner ist an diesem Tag zweitrangig. Im Vordergrund stehen die Geilheit auf KOL-Fußball, die Gier auf drei Punkte und der Drang danach, eine gute Vorbereitung mit einem noch besseren Resultat zu belohnen. Und das strahlen die Baumhof-Kicker auch aus. Vom Anpfiff weg zeigt sich ein Bild, auf das wohl nur die wenigsten neutralen Zuschauer gewettet hätten. Nicht der Aufsteiger aus Harleshausen ist es, der an die Wand gespielt wird, sondern der Gegner. Feine Kombinationen durch die Ketten, ein konsequentes Abwehr- und Umschaltverhalten sowie durchdachte Spieleröffnungen – die SVH weiß vom hochgehandelten Towarttalent bis hin zum Alteisen im Sturm zu überzeugen. Doch der Reihe nach. 469 Tage liegen zwischen dem letzten Spiel unserer Helden in der Kreisoberliga und dem heutigen Aufeinandertreffen. Eine schier unendliche Zeit, die schnell vergessen werden will. Sehr schnell. Drei Minuten schnell, um genau zu sein. So lange braucht es nämlich nur, um den gegnerischen Innenverteidiger zu einem Fehlpass im Spielaufbau zu zwingen, den Ball zu erobern und ein erstes Mal nach schnellem Umschalten in den Maschen zu versenken. Erster Schuss, erstes Tor. Sowohl für die Mannschaft als auch für unseren Torpedo-Blondschopf auf der rechten Außenbahn. Yes, we’re back! Doch damit nicht genug. „Wat den Jungs da vorne können, schaffen mir schon lange“, dachte sich wohl unsere Abwehrreihe und ließ in Sachen Effizienz keine Zweifel aufkommen, dass man auch hier die 100% erfüllen will. Weitgeschlagene Diagonalbälle des Gegners werden souverän weggeköpft, nahezu jeder Zweikampf am Boden gewonnen und die eroberten Bälle schnell nach vorne getragen. So auch vorm 2:0. Handwerker JvS und Eisvogel Coordes erobern gemeinsam mit den eineiigen Zwillingen Walthermann auf der Sechs den Ball, stecken auf Langzeitinvalide Fricke durch und der drischt das Spielgerät quer übers Feld zu BumBum Querfurth. Und was seine Mutter ihm sein Sohn macht, wenn er allein vorm Tor steht ist klar: zünden. Angetrieben von der Gewissheit, dass nun richtig was geht, ist spätestens jetzt klar, dass es getreu der Philosophen-Legende Peter Wackel heute nur ein Gas gibt. Vollgas. Unaufhörlich beackern die Ossen daher den sandig frischen Untergrund des Spielfelds. Jeder Quadratzentimeter wird umgegraben und jeder Gegenspieler daran erinnert, dass die SVH in die KOL gekommen ist, um zu bleiben. Vorm 3:0 ist es Jonas „Fuß dazwischen“ Koch, der auf der Zehn im fairen Milieu mehr gibt als Norbert Siegmann bei seinem Foul an Ewald Lienen. „Ihr? Heute? An mir vorbei? No chance, amigos.“, denkt er sich wohl und zwingt den Gegner zu einem weiteren Verlust des Spielapparats. Dieses nimmt Querfurth sich geistesgegenwärtig auf den Schlappen, steckt auf Fricke durch und der chipped den Ball nach Beinschuss am Gegner von der Strafraumkante über den Keeper hinweg ins Netz.
Während die Opposition nach dem neuerlichen Gegentreffer immer mehr das Eins gegen Eins sucht, stellt unsere Abwehr alle Räume für Dribblings zu. Sei es der ewig junge Captain Hertwig, Zaubermaus Paùl, Kante Wassermann oder Langbein Walther – immer sind mindestens zwei Spieler am rechten Ort, um den Gegner zu stoppen (Insider berichten bereits, dass selbst Otto Rehhagel die Videotapes des Sonntags angefordert hat, um sein Konzept der „Totalen Defensive“ zu überarbeiten). So auch in der 30. Minute. Hier erzwingt das Bollwerk einen Fumble an der Mittellinie, wie der korrekte Terminus im Fachjargon lautet, sodass das Spielgerät frei vor die Füße von Zapkau rollt. Dieser schaltet kurzerhand in den Sportmodus, sprintet quer über den Platz an Freund und Feind vorbei und düpiert mit einem geschmeidigen Wackler ein weiteres Mal des Gegners Torsteher. Solche Spritzigkeit gibt’s sonst nur bei Gerolsteiner. Dreizehn Minuten lang wird es dann etwas ruhiger, bevor in der 43. dann das erste Kuriosum der noch frischen Saison passiert. Wurde bis dato Fußball gespielt, sieht der stets sicher auftretende Schiedsrichter in dieser Minute einen schnellen Wechsel der Sportart auf Seiten des Gastgebers. Aus Fuß wird Hand und somit aus einem Pfiff ein Elfmeter. „Nice, ein Standard ohne Mauer? Den mach‘ ich.“ – so oder so ähnlich muss es in Wassermanns Kopf vorgegangen sein. Denn ohne zu zögern macht er schnelle Meter aus dem Mittelfeld, nimmt sich die Murmel und legt sie auf den Punkt. Sein Blick ist von da an stur nach vorn gerichtet. Er schaut selbst beim Anlauf noch nur auf den Torwart, sieht das er in eine Ecke geht und… schießt trotzdem dorthin. Muss wohl eine Mutprobe gewesen sein. Oder so ähnlich. Naja, wie dem auch sei: Ball drin, 5:0. Dann ist Halbzeit. Aus dieser kommt unsere frisch zum Spieltag mit neuer Kutte ausgestatte Mannschaft so geschmeidig zurück, wie sie in sie hineingegangen ist. Zwar dauert es diesmal die doppelte Anzahl an Minuten bis das runde Leder nach dem Anstoß im Netz zappelt, doch ist dieses Ereignis deshalb nicht minder erfreulich. Kannte man bisher lediglich die „Co-Produktion“ aus der Reportersprache, muss der Duden nun um den Neologismus der „Ko-Co-Produktion“ ergänzt werden, den die Kollegen Koch und Coordes hier ins Leben rufen. Ecke Koch, Kopfball Coordes. 6:0. Wuchtiger kannste so’n Ding nicht machen. Ahu! Oder besser: Aua. Sowas tut doch weh. Danach plätschert das Spiel etwas vor sich hin. Und wie es nun einmal so ist wenn’s plätschert, dann höhlt der stete Tropfen den Stein. So auch heute. Also: Kein Shutout, sondern doch der Ehrentreffer unserer Gäste, die es zumindest einmal schaffen, unseren überragenden Goalie mit der sensationellen Fangquote von 97,3% zu überwinden. Doch so ein Schlusspunkt an einem Tag wie heute? Nein, das darf nicht sein. Also schnappt sich Zapkau, angetrieben von Udo Jürgens, der seit Minute eins „17 Jahr, blondes Haar“ mit seinem Engelschor trällert, ein weiteres Mal den Ball in der 65. Minute, fackelt im Strafraum nicht lange und knipst zum dritten Mal. 7:1. Geiler Einstand, Bub. In der Folge wäre es Legende und Zopf-Ikone Gomez Cortes sogar fast gelungen, dem jüngsten Torschützen der Mannschaft den ältesten gegenüber zu setzen. Leider fehlte hier das Fortune, sodass es am Ende beim 7:1 blieb. In Worten: Sieben zu Eins. Geil, Männer. Richtig fresh. Diese Leistung gilt es jetzt allerdings zu bestätigen. Am besten gleich in der kommenden Woche, wenn die Truppe der Sportfreunde aus Nordshausen zu Gast bei uns ist. Bis dahin: Macht’s gut und bleibt gesund. Gut kick. #3p4g
Aufrufe: 08.9.2020, 09:08 Uhr
Gerd von AchsenAutor