Als Tomislav Stipic in der Pressekonferenz aufs Podium blickte, offenbarte sich ein einheitliches Bild: Denn Sonnenhofs Medienchef neben ihm sowie der Trainerkollege Rüdiger Rehm waren wie er selbst in weiß gekleidet. ,,Wie drei Engel", entfuhr es dem Kickers-Trainer. Nun ja, in den 90 Minuten zuvor auf dem Rasen ging es weitaus weniger friedlich zu. Die Partie bot alles, was man von einem Derby erwartet: Hektik, Dramatik, Spannung. Rehm brachte es auf den Punkt: ,,1:1 - der Gewinner waren die Zuschauer." Die bekamen keinen kalten Kaffee serviert, sondern einen Irish Coffee - ein Spiel mit Schuss.
Der (unrühmliche) Höhepunkt war dabei die Rote Karte für den SGS-Torwart Christopher Gäng in der Schlussminute, als er Erich Berko vor dem Strafraum von den Beinen holte; da gab es keine andere Wahl. Zu diesem Zeitpunkt stand der Torwartkollege Rouven Sattelmaier ebenfalls längst nicht mehr auf dem Feld, allerdings aus Verletzungsgründen. In der Pause ging der Schlussmann wegen Adduktorenproblemen raus, am Montag folgt die genaue Diagnose. So kam der zwischenzeitlich schon zur Nummer drei degradierte Korbinian Müller zu seinem ersten Einsatz in dieser Saison. ,,Man darf den Kopf nie hängen lassen, dann bekommt man seine Chance." Auch auf eine Vertragsverlängerung? Müller: ,,Abwarten." Das ist momentan kein Thema, erst muss der Klassenverbleib unter Dach und Fach sein.
Dahin hätten die Kickers am Samstag einen großen Schritt machen können, nachdem sie unmittelbar vor der Pause in Führung gegangen waren, obwohl sie die Anfangsphase vollkommen verschlafen hatten. ,,Der Platz war sehr holprig", sagte der Kapitän Fabian Baumgärtel, ,,und wir haben mit einer Doppel-Sechs gespielt, da dauert es ein paar Minuten bis man sich umstellt." Sagen wir: eine gute halbe Stunde, wobei das System ja so neu nicht war. Jedenfalls hatte Sonnenhof Spiel und Gegner im Griff, scheiterte aber bei einem Rizzi-Freistoß am Aluminium (wie auch nach der Pause Rühle) sowie zweimal an Sattelmaier. Sandrino Brauns Treffer war für Rehm ein ,,Nackenschlag", nach dem er seine Mannschaft in der Pause aufbauen musste. So spielten die Kickers nach dem Wechsel einige Konter nicht sauber zu Ende (wie der schnelle Mvibudulu) und verpassten die Vorentscheidung. Das rächte sich, weil sich ausgerechnet Innenverteidiger Kai Gehring ein Herz fasste und zum verdienten Ausgleich traf (80.).
Sonnenhof hat damit sein Saisonziel (46 Punkte wie im Vorjahr) schon erreicht, die Kickers nicht. Während Rehm nun keine neuen Ziele ausgeben will, sagt Stipic: ,,Der Leidensweg geht weiter." Weil sein Team immer noch anfällig ist, sobald der Gegner Druck und Tempo aufbaut, und dann alles andere als souverän wirkt. Aber vielleicht ist das im Abstiegskampf ja auch zu viel verlangt.
Und der spitzt sich nochmals zu, nachdem der Verein durch den Chemnitz-Sieg wieder unter den Strich gerutscht ist. In puncto Motivation betont Stipic: ,,Für uns ist jedes der restlichen sieben Spiele ein Derby." Das nächste aber auch wieder auf dem Papier: dann kommt der VfB II. Nicht, dass die Kickers da einen Schutzengel brauchen.