2024-05-10T08:19:16.237Z

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Dieter Dollmann beim Spiel der Kickers-Legenden im Jahr 2010. Im Hintergrund rechts: Jürgen Sundermann (sitzend) und Karl Allgöwer. Foto: Pressefoto Baumann
Dieter Dollmann beim Spiel der Kickers-Legenden im Jahr 2010. Im Hintergrund rechts: Jürgen Sundermann (sitzend) und Karl Allgöwer. Foto: Pressefoto Baumann

Kickers: „Die Gesamtsituation ist schon bedenklich“

Ex-Kickers-Spieler und -Geschäftsführer Dollmann zu der Lage bei den Stuttgarter Kickers

Er absolvierte 475 Spiele für die Stuttgarter Kickers, holte danach als Manager Spieler wie Tuchel, Streich und Bobic zu den Blauen und erlebte zwei Aufstiege in die Bundesliga. Am 12. September feiert Dieter Dollmann seinen 70. Geburtstag – und leidet immer noch mit seinem früheren Verein mit.

Sie nannten ihn den Grandseigneur am Ball. Dieter Dollmann war bei den Stuttgarter Kickers der etwas andere Fußballer. Am 12. September wird er 70 – und feiert seinen Ehrentag über den Wolken.

Herr Dollmann, wie geht’s Ihnen kurz vor Ihrem Ehrentag?
Dieter Dollmann: Danke, ich kann nicht klagen. Erstaunlicherweise hatte ich zu meinem 60. Geburtstag mehr Alarm-Stimmung als jetzt. Das war ein anderer Schritt, verbunden auch mit dem nahenden Ende der Berufstätigkeit und dem Bewusstsein in eine andere Lebensphase einzutreten.

Treten Sie noch gegen den Ball?
Dollmann: Das ging damals noch wunderbar, auch in der Traditionsmannschaft der Kickers, doch so langsam zwickt es mich an einigen Stellen. Die Belastung des Profisports hinterlässt Ihre Spuren. Die linke Hüfte, ein Bandscheibenvorfall machten mir zu schaffen. Doch ich schwimme gerne, fahre Rad und im Winter geht’s zum Schlittschuhlaufen.

Langweilig scheint es Ihnen nicht zu werden, zumal Sie ja auch immer sehr musikalisch waren. Dollmann: Stimmt. Da ich alles in allem meinen Drang zur Aktivität nicht abgelegt habe, freue ich mich zur Entspannung immer noch Querflöte und Klavier zu spielen.

Der typische Fußballer waren Sie nie. Den Grandseigneur nannte man Sie. Dollmann: Das lag wohl einerseits an der Einhaltung sportlicher Grundwerte sowie Fairness mit dem entsprechenden Auftreten und einer Vorbildfunktion – ich war acht Jahre Sportgerichtsbeisitzer als Spieler – und andererseits dass ich mit 26, 27 Jahren bereits ziemlich graues Haar hatte. Ich erinnere mich an ein Interview mit Klaus Kaiser vom Hörfunk der mich aufgrund meiner Ausstrahlung eher der Reiterei zuordnen wollte. Allerding gab es auf die Haare bezogen auch andere Erlebnisse zum Beispiel in Saarbrücken mit „Opa, Opa-Rufen“ der Fans. Da habe ich schnell ein Tor gemacht, und es war Ruhe.


"Die Gesamtsituation ist schon bedenklich"


Sie haben von 1973 an 475 Spiele für die Kickers gemacht und 62 Tore erzielt. Von 1981 bis April 1993 waren Sie Managers des Vereins. Es waren die großen Zeiten der Kickers.
Dollmann: Begonnen hatte ich in der Regionalliga Süd. Mit namhaften Vereinen gab es große Spiele. Beim FC Augsburg mit Helmut Haller spielten wir vor 35 000 Zuschauern im Rosenaustadion, im Rückspiel hatten wir im Neckarstadion 25 000 Besucher. In der zweiten Liga Süd kamen dann zwei Jahre lang die spannenden Derbys gegen den Lokalrivalen VfB hinzu. Gerne erinnere ich mich auch an die gemeinsame Fußballzeit bei den Kickers mit Karl Allgöwer, Guido Buchwald oder auch Jürgen Klinsmann. Guido hatte den Sprung von der damaligen A-Jugend direkt in die erste Mannschaft geschafft. Als Jürgen 1982/83 von der Jugend in den Kader kam hatten wir noch Ambitionen auf den Aufstieg in die Bundesliga. Dadurch ergab sich, dass ich bei Auswärtsspielen mit mehr Defensive zum Einsatz kam und Jürgen bei Heimspielen mit offensiver Ausrichtung für Furore sorgte. Interessant und erfreulich finde ich die Konstellation als Manager, die damaligen Fußballtalente und heutigen Trainer Thomas Tuchel , Christian Streich oder auch Fredi Bobic zu den Kickers geholt zu haben.
Als Manager erlebten Sie das DFB-Pokalfinale 1987 sowie die Bundesliga-Aufstiege 1989 und 1991 mit. Wie sehr blutet Ihnen das Herz, wenn Sie die aktuelle Lage bei den Blauen betrachten?
Dollmann: Die Gesamtsituation ist schon bedenklich. Und die Einzelergebnisse, wie zum Beispiel am vergangenen Samstag vom Regionalliga-Derby gegen den VfB Stuttgart II (1:5, Anm.d.Red.) wirken wie Nadelstiche. Das nimmt man nicht nur zur Kenntnis. Es kommt vielmehr Wehmut auf, und ich leide da schon mit.


"Optimal wäre ein Privat-Investor mit Herz"


Haben Sie noch Kontakte zu den Kickers?
Dollmann: Durch die vielen Veränderungen bei den Kickers ist die Brücke leider fast komplett abgebrochen. Ausnahme war die Aktion zum 111-Jahre-Jubiläum und die so jedes halbe Jahr vom früheren Geschäftsführer Günther Dengler organisierten Ehemaligen-Treffen zu einem Heimspiel oder im Kickers-Clubhaus. Da kommt dann auch mal ein aktuelles Präsidiumsmitglied dazu. Das war es dann aber auch.

Was sagt Ihnen Ihre Erfahrung: Was bräuchte der Verein, um wieder nach oben zu kommen? Dollmann: Starke Partner und damit eine wirtschaftliche Stärke sind die Grundvoraussetzung für den Erfolg. Kontinuität ist wichtig, und die Führungsmannschaft benötigt sportfachliche Kompetenz. Die Präsidiumsmitglieder müssen sich mit ihren jeweiligen Stärken ergänzen, das Teamwork ist ganz entscheidend. Und auf dem Platz müssen Spieler stehen, die auch Charakter haben. Der kann Berge versetzen.

Gibt es etwas, das Ihnen Hoffnung macht, dass es bei den Kickers wieder aufwärts geht? Dollmann: Die Hoffnung ist immer da. Optimal wäre ein Privat-Investor mit Herz und Geduld, der das Einfühlungsvermögen für die Situation mitbringt. Nachdem das Fußballgeschäft immer kommerzieller geworden ist, bedarf es einer Anschub-Finanzierung für eine erfolgreiche Entwicklung.

Wie werden Sie Ihren 70. Geburtstag feiern? Dollmann: Über den Wolken, im wahrsten Sinne. Da ich die Pilotenlizenz besitze, werde ich mit meiner Lebensgefährtin eine Kurzreise mit dem Flugzeug an die Ostsee unternehmen. Aber ich bin rechtzeitig wieder zurück, um mit einigen Weggefährten im Kickers-Clubhaus nachträglich anzustoßen.

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Aufrufe: 07.9.2017, 12:45 Uhr
Stuttgarter Nachrichten / Jürgen FreyAutor