2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Kickers-Sportdirektor Michael Zeyer zweifelt nicht an der Qualität seiner Mannschaft.F: Hans-Ulrich Sterr/Annika Knoll/CTS-Sportfoto
Kickers-Sportdirektor Michael Zeyer zweifelt nicht an der Qualität seiner Mannschaft.F: Hans-Ulrich Sterr/Annika Knoll/CTS-Sportfoto

Interview: Zeyer setzt auf Aggressivität und Galligkeit

Kickers-Sportdirektor Zeyer im Interview vor dem Derby beim VfB II über Krisenmanagement, die Qualität der Spieler und die Zukunft des Trainers

Nach zuletzt drei Punktspielniederlagen in Serie steht Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers im Stadtderby an diesem Sonntag (15.30 Uhr/Gazistadion) gewaltig unter Druck. Trotz der Durststrecke zweifelt Sportdirektor Michael Zeyer nicht an der Qualität seiner Mannschaft.

Herr Zeyer, war das 3:1 bei der TSG Backnang das Ende der Kickers-Krise?
Michael Zeyer: Ich glaube nicht, dass man das nach einem WFV-Pokal-Achtelfinalsieg bei einem Verbandsligisten so titulieren kann. Das Erfolgserlebnis war sicher wichtig. Noch wichtiger war, dass wir die Zeit intensiv genutzt haben, um ein paar Sachen aufzuarbeiten.

Was konkret?
Zeyer: Es geht immer um zwei Erfolgsfaktoren: Personal und Taktik.

Welche Schlüsse brachte Ihre Analyse?
Zeyer: Über einzelne Spieler werde ich öffentlich sicher nicht diskutieren. Grundsätzlich erfordert unser Spielsystem ein extrem hohes Laufvermögen. Das haben wir zuletzt nicht umsetzen können. Wir hatten insgesamt zu viele Schwankungen drin, die wir ­reduzieren müssen.

Sind Sie sicher, dass die Qualität des Kaders reicht, um um den Aufstieg mitzuspielen?
Zeyer: Ja, ich bin überzeugt von der Qualität unserer Spieler. Ich habe den absoluten Glauben an unser Team. Wir haben einen starken Kader zusammen mit vielen Alternativen.

Die im Offensivbereich deutlich größer sind als in der Abwehr. Herrscht hier nicht ein Ungleichgewicht?
Zeyer: Das sehe ich nicht so. Die Balance zwischen Offensive und Defensive ist immer wichtig – auch auf dem Feld. Wir versuchen sie zu halten und rennen nicht blindlings nach vorne.

Zuletzt gab es 13 Gegentore in vier Punktspielen. Fehlt nicht ein erfahrener Stratege, der – salopp formuliert – mal ordentlich dazwischenhaut.
Zeyer: Es ist immer gut, so einen Spielertypen zu haben. Es ist aber auch eine Frage des Budgets, und in der Etattabelle liegen wir nun mal im Mittelfeld. Wir haben in Hendrik Starostzik einen extrovertierten Typen, der die Mitspieler mitreißt. Nicht von ungefähr wollte ihn vor kurzem Holstein Kiel verpflichten. Auch Manuel Bihr kann harte und gute Zweikämpfe führen, und in Marc Stein haben wir zudem einen erfahrenen Abwehrspieler. Wir müssen jetzt einfach diese schwierige Phase überstehen, dann sehe ich uns auf einem guten Weg. Im Übrigen darf man eines nicht vergessen. . .

Bitte.
Zeyer: In Elia Soriano war einer unserer zentralen Stürmer lange verletzt. Ohne ihn fehlt unserem Spiel die Effizienz. Außerdem kommt auch unser Neuzugang Edisson Jordanov nach längerer Pause jetzt erst in Fahrt. Und leider fehlt uns Gratas Sirgedas immer noch verletzt.

Vergangenes Jahr fehlte es am Saisonende an der nötigen Substanz, auch weil viele Spieler eine dicke Krankenakte von früher vorzuweisen haben.
Zeyer: Das stimmt. Aber wenn diese Spieler nicht irgendwo eine Delle in ihrer Karriere hätten, wäre es für uns unmöglich gewesen, sie überhaupt zu bekommen. Dieses Jahr sind wir schon breiter aufgestellt.

Welche Reize haben Sie nach dem desaströsen 0:4 gegen Großaspach konkret gesetzt?
Zeyer: Es war klar, dass es mit „Mund abwischen, weitermachen“ nicht getan ist. Wir reden auch nichts schön. Aber wenn Sie darauf anspielen, jetzt vielleicht auf die Mannschaft draufzuschlagen, dann wäre diese Maßnahme aus unserer Sicht kontraproduktiv.

Könnte der Trainer denn überhaupt der harte Hund sein?
Zeyer: Horst Steffen hat alle Facetten drauf. Doch in einer solch schwierigen Situation ist er eine Stütze für die Mannschaft, der Turm in der Schlacht.

Wie wichtig war sein Bekenntnis, zumindest bis zum Saisonende zu bleiben?
Zeyer: Dies für sich, die Spieler, den Verein und die Öffentlichkeit klarzustellen – diese Botschaft war schon sehr wichtig. Jeder Einzelne muss sich auf das Erreichen der Ziele ­fokussieren.

Wie sehr ist das Projekt Kickers von der Person Steffen abhängig?
Zeyer: Ein erfolgreiches Projekt hängt immer von Schlüsselpersonen ab. Die Grundausrichtung, die Strategie, muss aber immer vom Verein ausgehen. Die Umsetzung hängt dann von einem Trainer mit hoher Qualität ab. Wir versuchen die Kickers so aufzustellen, dass der Verein auf personelle Wechsel vorbereitet ist. Aber die Tür für eine Vertragsverlängerung steht für Horst Steffen immer weit offen.

Wie lautet Ihre Prognose fürs Derby?
Zeyer: Der VfB II hat sich stabilisiert und ist deutlich besser als zu Saisonbeginn. Wir müssen alles in die Waagschale werfen und den Gegner ständig bearbeiten.

Mit extrem hoher Laufbereitschaft?
Zeyer: Und mit Aggressivität und Galligkeit. Wir haben in dieser Saison noch nicht alles gezeigt, was wir können.

Michael Zeyer
1968
wird er in Neresheim geboren.
1987
startet er beim SSV Ulm 1846 seine Fußballkarriere, spielt für den SC Freiburg, den 1. FC Kaiserslautern, den MSV Duisburg, den VfB Stuttgart.
2005
beendet Zeyer seine aktive Karriere.
2006
macht er den Master-Abschluss in BWL.
2011 eröffnet er in Stuttgart das Lokal 5.
Seit 2013 Kickers-Sportdirektor.
Zeyer ist mit der Russin Alesja verheiratet.

Aufrufe: 015.10.2015, 16:00 Uhr
StN/Jürgen FreyAutor