2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait

Der Fußballer ohne Unterarm!

Markus Schubert von SW Sende hat sich als A-Junior längst an das Niveau der Männer-Bezirksliga gewöhnt. Dass ihm ein Unterarm fehlt, hat ihn noch nie gestört.

Man muss schon genau hinschauen, um überhaupt etwas zu bemerken. Wer den jungen Spieler im Trikot des Bezirksligisten Schwarz-Weiß Sende vom Spielfeldrand aus beobachtet, wie er sich in die Zweikämpfe wirft, ohne Angst ins Kopfballduell geht oder mit seiner Schnelligkeit die gegnerische Viererkette überläuft, hält Markus Schubert für einen ganz normalen Fußballer. Und das ist er ja auch. Ein ganz normaler Fußballer – mit einem kleinen Handicap: Ihm fehlt der rechte Unterarm und die rechte Hand. Was für den 18-Jährigen wiederum ganz normal ist. „Ich kenne es ja nicht anders“, sagt er.
Als wir bei Markus Schubert anfragen, ob er sich vorstellen könne, über sich als Mensch und Fußballer mit einer körperlichen Besonderheit zu erzählen, zögert er keine Sekunde. „Ich habe noch nie Probleme mit meinem Arm gehabt. Vielleicht kann ich anderen Leuten mit meiner Geschichte Mut machen. Ich würde mir wünschen, dass beeinträchtige Personen nicht nur im Fußball gefördert und eingebunden werden, sondern überall“, erzählt der Stürmer. „Er geht einfach total cool mit seiner Situation um“, weiß auch Florian Krieg, sein ehemaliger Sender A-Junioren-Trainer, um gleich nachzuschieben: „Markus spielt nicht nur besser Fußball als manch anderer, er schafft auch mehr Liegestütze als die meisten.“

Wenn Markus Schubert mit seinen 18 Jahren ins Erzählen kommt, wirkt er sehr reif und klar. Das am Hans-Ehrenberg-Gymnasium in Sennestadt gebaute Abitur hat er ebenso frisch in der Tasche wie den Führerschein („Ich fahre mit einer Lenkhilfe“). Gerade absolviert er ein Soziales Jahr, den so genannten Bundesfreiwilligendienst, im Seniorenzentrum „Breipohls Hof“ in Senne. „Ich bin in der Pflege. Auch hier klappt alles bestens, auch die körperlichen Arbeiten“, berichtet Schubert. Und schmunzelnd: „Der ein oder andere Bewohner fragt mich manchmal, ob ich eine Kriegsverletzung habe.“ Später will Schubert womöglich studieren: „Das ist auf jeden Fall eine Option. Mathe und Sport auf Lehramt würde mich interessieren.“ Auch hier keinerlei Bedenken ob des eigenen Handicaps.

„Ich war im Wasser nicht langsamer als andere“


Das übrigens angeboren ist. Vor der Geburt hatte sich die Nabelschnur um die Hand gewickelt, die dann nicht mehr richtig ausgebildet wurde. „Ich weiß gar nicht genau, wie man diese Beeinträchtigung nennt. Ich glaube: Stumpfbildung am rechten Unterarm“, sagt Markus Schubert. Eine Beeinträchtigung, die vom ersten Tag an keine war. „Ich war als Kind nie ein Opfer, ich bin nie gemobbt worden. Ich habe aber früh gemerkt, dass ich etwas Besonderes bin, weil mir viele Kinder immer helfen wollten“, berichtet er. Klar habe es auch mal Sprüche gegeben. „Damit konnte ich aber immer gut umgehen. Ich mache ja selbst Witze darüber.“ Seine Freunde wüssten genau, wann ein Spruch angebracht sei oder nicht. Genau so laufe es auch in der Spielerkabine am Sender Waldstadion.

Exakt durch diese Freunde kam Markus Schubert zu den Schwarz-Weißen. Aufgewachsen in der Senne im Süden Bielefelds spielte er seit dem Minikicker-Alter beim TuS 08 Senne I. Fast zeitgleich fing er mit dem Schwimmen an („Ich war im Wasser nicht langsamer als andere“), als er sich schließlich aus Zeitgründen für eine Sportart entscheiden musste, siegte der Fußball. Dass er sich von Anfang an auch im zuweilen rauen Klima auf dem Platz rundum wohl fühlte, versteht sich fast von selbst („Bis auf Einwürfe kann ich alles machen“).


„Mit dieser Bilanz bin ich erst einmal zufrieden."


Nach acht Jahren beim TuS gingt es für zwei Jahre zum TuS Lipperreihe, und obwohl er dort 2019/20 in der A-Junioren-Landesliga hätte spielen können, wechselte er der Kumpels wegen zu SW Sende in die Kreisliga A. „Ich wollte eigentlich nur ein Jahr bleiben, um mit der Sender A-Jugend aufzusteigen.“ Das gelang, und auch sonst lief es für Markus Schubert so gut, dass er blieb.

In der aktuellen Saison fährt der 18-Jährige zweigleisig, ist sowohl in der A-Jugend als auch in der 1. Mannschaft in der Bezirksliga am Ball. In sieben der bisher acht ausgetragenen Spielen kam der Stürmer bis dato in der „Ersten“ zum Einsatz, sechsmal wurde er eingewechselt. Gleich in seinem ersten Spiel erzielte er ein Tor – per Kopf und exakt drei Minuten nachdem er reingekommen war.

„Mit dieser Bilanz bin ich erst einmal zufrieden. Ich lerne gerade sehr viel, auch im Training. Die erfahrenen Kollegen helfen mir sehr. Für mich ist das auch eine Art Weiterbildung.“ Denn Markus Schubert will mehr. „Als erstes peile ich einen Stammplatz in unserer ’Ersten’ an. Und dann träume ich ehrlich gesagt davon, in der Landesliga oder noch höher zu spielen – immer vorausgesetzt, dass sich alles mit meiner Ausbildung vereinbaren lässt.“ Wer seinen bisherigen Lebensweg verfolgt hat, zweifelt nicht daran, dass Markus Schubert dieses Ziel auch erreichen kann.
Aufrufe: 010.11.2020, 12:00 Uhr
Markus VossAutor