2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Stets engagiert: Ob Achim Züll in Nierfeld bleibt, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Foto: bra
Stets engagiert: Ob Achim Züll in Nierfeld bleibt, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Foto: bra

"Man kämpft gegen Windmühlen"

Achim Züll blickt auf 20 Jahre als Trainer der Nierfelder Fußballer zurück

In der heutigen Zeit können Trainer froh sein, wenn sie ein paar Spielzeiten in Folge bei einem Verein an der Seitenlinie stehen dürfen. Es gibt allerdings auch Ausnahmen wie Achim Züll, der seit 20 Jahren Trainer des SV Nierfeld ist. Markus Brackhagen hat mit Achim Züll gesprochen

Was müsste der Verein haben, der Sie dazu bringt, den SV Nierfeld zu verlassen?

Achim Züll: Er müsste im Bereich Sponsoring auf breite Füße gestellt sein, die Möglichkeit haben, junge Leute immer wieder heranzuführen, und etwas zentraler liegen als die Eifel — also insgesamt eine gute Perspektive bieten. Wenn zudem das Verhältnis zum Vorstand stimmt, ist es auch gar nicht so wichtig, in welcher Klasse der Klub spielt.

Hatten Sie keine Anfragen, die in dieses Schema passten?

Achim Züll: Angebote habe ich immer wieder, auch von höherklassigen Vereinen. Aber bei dieser Frage spielen mein Wohnort Hellenthal und die damit verbundene Entfernung stets eine wesentliche Rolle. Hinzu kommt, dass ich bei der Bundeswehr noch einmal um zwei Jahre verlängert habe. Eigentlich wäre meine Dienstzeit 2020 zu Ende gewesen.

Zuletzt gab es Gerüchte, Sie würden Nierfeld verlassen. Wird es noch eine 21. Saison im Schleidener Tal geben?

Achim Züll: Ich habe nie öffentlich davon gesprochen, dass ich wechseln will, und der Klub möchte mit dem Trainerteam weiterarbeiten. In den nächsten Wochen müssen alle Beteiligten helfen, dass wir einen entsprechenden Kader — egal, ob für Bezirks- oder Landesliga — zusammenbekommen. Bei dieser schwierigen Aufgabe werde ich mich voll einbringen. In zwei bis drei Wochen werden wir analysieren, ob unsere Bemühungen ausreichend waren.

Was machen sie mit Ihrer Freizeit, wenn Sie mal nicht mehr als Trainer arbeiten?

Achim Züll: Ich fahre jeden Tag mit dem Rennrad zur Arbeit nach Mechernich und zurück, gehe gerne laufen und wandern und mache Kraftsport, im Winter fahre ich leidenschaftlich Ski. Bei meinem sportlichen Spektrum mache ich mir keine Sorgen, dass so etwas wie Langeweile aufkommt.

Was muss zusammenkommen, damit man 20 Jahre beim gleichen Verein bleiben kann?

Achim Züll: Der gegenseitige Respekt und das Vertrauen zwischen Vorstand und Trainer sind das Wichtigste. Wir sind zwar längst nicht immer einer Meinung gewesen, aber immer wieder auf eine gemeinsame Linie gekommen — egal, ob der Vorsitzende nun Sigi Nauta oder Kalle Büser hieß. Hinzu kommt, dass ich schon als Aktiver nie ein Wandervogel gewesen bin und nur in Sötenich und Strempt gespielt habe. Auch als Coach wollte ich lieber langfristig etwas aufbauen. Im Laufe der Jahre ist mir der SVN wahnsinnig ans Herz gewachsen.

Trotzdem gab es Momente, an denen Sie ans Aufhören gedacht haben.

Achim Züll: Ja, zum Beispiel nach den beiden Abstiegen aus der Mittelrheinliga. Bei den teilweise hohen Niederlagen ist einem schmerzlich bewusst geworden, dass man gegen Windmühlen kämpft und gegen die Konkurrenz kaum eine Chance hat. Auch der Zuschauerrückgang bei unseren Heimspielen ist bedauerlich und brachte mich ins Grübeln, ob es die ganze Mühe wert ist.

Wie oft fehlte nur noch der finale Anruf beim Präsidenten?

Achim Züll: Nein, so weit war es eigentlich nie. Wenn es einmal ganz schlimm gekommen ist, bin ich am gleichen Abend noch joggen gegangen und habe eine Nacht drüber geschlafen. Danach ging es mir meistens besser.

Was zeichnet die Arbeit beim SV Nierfeld aus Ihrer Sicht aus?

Achim Züll: Das familiäre und oft freundschaftliche Verhältnis zu den handelnden Personen, das ich schon als Spieler beim SV Sötenich schätzen gelernt hatte. Der Verein hat immer ein solides Fundament besessen und ist ohne Skandale ausgekommen.

Mit welchen Negativ-Aspekten muss man sich im Schleidener Tal arrangieren?

Achim Züll: Aufgrund fehlender Industrie und zahlungskräftiger Sponsoren sind die finanziellen Mittel, die für den Kader zur Verfügung stehen, im Vergleich zu anderen Vereinen bescheiden. Ein Unterbau in der Jugend ist im Prinzip nicht vorhanden. Hier muss sich Nierfeld den Vorwurf gefallen lassen, zu spät den Zusammenschluss mit anderen Klubs gesucht zu haben. Die Lage in der Eifel ist auch deshalb ein großer Nachteil, weil viele Akteure einen hohen Zeitaufwand betreiben müssen, um trainieren zu kommen. Ich kann jeden verstehen, der in Köln studiert und auch dort spielen möchte.

Welche besonderen Momente sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

Achim Züll: Ich habe in den 20 Jahren wahnsinnig viel erlebt und selten eine ruhige Saison gehabt. Fast permanent ging es um den Auf- oder gegen den Abstieg. Die schönsten Highlights waren der erste Aufstieg in die Landesliga in der Saison 2007/08, weil keiner damit gerechnet hatte, und der Einzug in die Mittelrheinliga 2011. Darüber hinaus habe ich unheimlich viele tolle Typen kennengelernt. Ich denke, dass ich jedem Einzelnen davon noch in die Augen schauen kann, auch wenn der Abschied nicht in jedem Fall vollkommen reibungslos verlaufen ist.

Mit wem haben Sie besonders gerne gearbeitet?

Achim Züll: Da fallen mir einige ein, schließlich habe ich weit mehr als hundert Spieler in Nierfeld betreut. Unter anderem Thomas Kirch und Oliver Manteuffel, zu denen ein Topverhältnis besteht und die immer noch zu den Spielen kommen. Dann Leute aus der Anfangszeit wie beispielsweise Roland Woywod, Micky Möhrer oder Elmar Hölz, aktuell Michael Jansen und Sebastian Scheidtweiler. Und die Jungs, die mittlerweile selbst Trainer geworden sind: Jörg Piana, Sascha Mühlmann, Marco Hackenbroich. Dazu Paul Rawicki, Thomas Leßenich. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Mit welchen Kollegen gehen Sie gerne ein Bier trinken?

Achim Züll: Da ist in erster Linie der Walheimer Trainer Mirko Braun zu nennen, mit dem ich die ganzen Jahre gemeinsam in einer Liga erlebt habe. Außerdem Achim Rodtheut, Coach beim SV Eilendorf, der mich immer mit Informationen über die Gegner versorgt und dem ich dafür auf jeden Fall noch ein Fässchen schuldig bin. Mit Erftstadts Paul Esser komme ich ebenfalls sehr gut aus.

Aufrufe: 014.5.2019, 21:00 Uhr
KSTA-KR/ Markus BrackhagenAutor