2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview

"Einige Vereine werden zu kämpfen haben!"

Warum es dem SV Rödinghausen in der Regionalliga trotz Corona-Krise aktuell noch gut geht. Ein Interview mit Geschäftsführer Alexander Müller.

Nach Meinung von Oberhausens Präsident Hajo Sommers werden viele Regionalligisten in den nächsten Monaten gewaltige finanzielle Probleme bekommen. Bei RW Essen könnte sich das Worst-Case-Szenario bei einem Saisonabbruch auf einen Verlust von 2,5 Mio. Euro summieren. Von sich abzeichnenden Insolvenzen ist die Rede. Wie ist es in dieser Krise um den SV Rödinghausen bestellt?

Alexander Müller: Aktuell gut. Das liegt auch daran, dass wir auf Zuschauereinnahmen aus den Heimspielen nicht so angewiesen sind, wie zum Beispiel Rot-Weiß Essen. Das ist bei uns kein riesengroßer Faktor, auch wenn ich natürlich hoffe, dass wir die Saison mit Zuschauern zu Ende spielen können. Ich glaube schon, dass es einige Vereine in der Regionalliga hart treffen wird. Und ja, einige werden zu kämpfen haben.

RW Essen hat für seine Spieler Kurzarbeit angemeldet, andere Vereine prüfen diesen Schritt – auch der SV Rödinghausen?

Müller: Das haben wir akut nicht auf der Liste, können diesen Schritt aber nicht ausschließen. Das ist ein Punkt, mit dem man sich beschäftigen muss, je länger die Pause dauert, denn klar ist, dass auch wir laufende Kosten haben. Fakt ist, dass wir in Rödinghausen sehr ordentlich und vernünftig gearbeitet haben, deshalb sind wir aktuell gut aufgestellt und können die weitere Entwicklung abwarten.


In den höheren Ligen gibt es das Thema, Spieler sollten in dieser wirtschaftlichen Krise zugunsten ihrer Vereine auf einen Teil ihrer Gehälter verzichten…

Müller: Wir sind ein Viertligist, das ist bei uns kein Thema und wäre auch utopisch. Sicherlich bekommen unsere Spieler gute Gehälter, doch davon wollen und müssen sie mit ihren Familien leben. In Rödinghausen kann man sicherlich davon sprechen, dass wir eine gute, seriöse Adresse sind und unsere Gelder pünktlich und vollumfänglich zahlen. Es könnte also eine Phase sein, in der der ein oder andere Spieler merkt, dass es vielleicht doch gar nicht so schlecht ist, in Rödinghausen zu sein.


Haben sich die Wogen um den Lizenzverzicht inzwischen gelegt? Hat sich die Entscheidung des Vereins, auf einen möglichen Aufstieg in die 3. Liga und damit auf einen organisatorischen wie finanziellen Kraftakt zu verzichten, im Zeichen der Corona-Krise vielleicht sogar bestätigt?

Müller: Die Wogen haben sich auf jeden Fall ein Stück weit geglättet. Klar sind wir immer noch enttäuscht, schließlich ist es für alle im Verein eine schwierige Situation gewesen. Ich denke, dass wir da mittlerweile ganz gut herausgekommen sind. Die letzten Ergebnisse haben ja auch gezeigt, dass die Mannschaft das gut weggesteckt hat und nach wie vor heiß ist, ihre Spiele zu gewinnen und auch Meister zu werden. Es war eine Enttäuschung, doch für die Zukunft und Nachhaltigkeit des Klubs die bessere Variante.


Wie schwierig ist es, in dieser ungewissen Zwangspause die personellen Planungen für die kommende Saison voranzutreiben?

Müller: Brutal schwierig. Zumal ja derzeit niemand sagen kann, wie lange wir noch pausieren. Sicherlich haben wir Ideen, wie unsere Mannschaft in der nächsten Saison aussehen soll, und sind in Gesprächen, doch in dieser Situation kann guten Gewissens weder der Verein noch der Spieler Verträge unterschreiben. Das ist alles auch eine Frage der wirtschaftlichen Möglichkeiten, denn diese Krise wird auch viele Firmen treffen. Wir haben im Moment 190 Sponsoren, die uns die Stange halten, und wären froh, wenn sie das auch in Zukunft tun.


Sie sagten kürzlich, dass in Sachen Kaderplanung zunächst die Trainerfrage beantwortet werden müsse, wie ist da der Stand?

Müller: Richtig ist, dass wir absehbar eine Entscheidung brauchen – so oder so. Doch im Moment bekommt man deutlich vor Augen geführt, wie zweitrangig solche Dinge eigentlich sind. Es gibt Todesfälle in Deutschland, es geht um die Gesundheit der Menschen, da merkt man, dass Fußball nicht immer das Wichtigste ist.


Der SV Rödinghausen spielt seine beste Regionalliga-Saison der Vereinsgeschichte, liegt in mehrerlei Hinsicht auf Rekordkurs. Jetzt aber ist ungewisser denn je, ob diese Saison zu Ende gespielt wird und Leistungen und Ergebnisse überhaupt Einzug in die Geschichtsbücher finden. Wie sehr leiden Sie diesbezüglich mit Mannschaft und Trainerteam?

Müller: Klar tränen einem da die Augen. Wir waren ja auf einem richtig, richtig guten Weg Meister zu werden, was unser erklärtes Ziel und auch das der Mannschaft war. Ich hoffe auch immer noch, dass wir das hinbekommen, die Saison zu Ende spielen können und wir dann auch nach dem letzten Spieltag auf Platz Eins stehen. Da bin ich einfach guter Dinge, weil diese Mannschaft ein unbedingter Sieges- und Erfolgswille auszeichnet. Ich würde es den Jungs einfach gönnen, dass sie sich das weiterhin erarbeiten können. Das wäre für uns alle ein großartiger Abschluss einer tollen Saison. Darüber hinaus stehen wir ja auch noch im Pokalhalbfinale und können uns dort mit dem Verteidigen des Pokals ebenfalls belohnen.

Aufrufe: 025.3.2020, 09:00 Uhr
Andreas GerthAutor