2024-04-24T13:20:38.835Z

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Italiener mit preußischen Tugenden: Giuseppe Teseo hat ein Faible für Disziplin und Ordnung.  A-Foto: Dagmar Rutt
Italiener mit preußischen Tugenden: Giuseppe Teseo hat ein Faible für Disziplin und Ordnung. A-Foto: Dagmar Rutt

Teseos harte Hand bringt den sportlichen Erfolg zurück

Der Ordnungshüter von der Hofmarkstraße

Trainer Giuseppe Teseo führte bei seiner B-Jugend des SV Planegg-Krailling einen strengen Verhaltenskodex ein. Seitdem läuft es auch sportlich.

Giuseppe Teseo fiel fast vom Glauben ab. Der Trainer der Planegger B-Junioren konnte es nicht begreifen, dass von dem neuen Trikotsatz auf einmal drei Dressen und drei Hosen fehlten. „Das ist Diebstahl von Vereinseigentum“, machte er seinen verdutzten Kickern die Schwere des Delikts unmissverständlich klar. Weil er aber gerne selbst den Sheriff spielt, verzichtete der Coach darauf, die Polizei zu rufen, sondern drohte seinen Langfingern herbe Konsequenzen an. „Dann spielt ihr das nächste Mal in Boxershorts.“ Die Drohung war so beeindruckend, dass seitdem niemand mehr daran dachte, seinen persönlichen Kleiderschrank mit einem Planegger Trikot zu zieren.

Zumal sich der Trainer auch sonst als ziemlich harter Hund offenbarte. Liefen die Fußballer in der vergangenen Saison bei Robert Frank noch an der langen Leine, regieren auf einmal Recht und Ordnung an der Hofmarkstraße. Teseo legt gesteigerten Wert darauf, dass seine Kicker pünktlich erscheinen, den vereinseigenen Trainingsanzug tragen, sich persönlich abmelden und in der Kabine Sauberkeit halten. „Für die Jungs war das ein Kulturschock“, sagt Teseo. Normalerweise erfährt man solche Strenge nur als Profi des FC Bayern München bei Herrmann Gerland und Jupp Heynckes.

Sein Faible für Disziplin hat der Übungsleiter schon beim TV Stockdorf ausgelebt. Auch da rieben sich die Balltreter an einem Coach, der zwar einen italienischen Namen besitzt, ansonsten aber eher preußische Vorfahren in seinem Stammbaum zu haben scheint. „Ich habe für die Jungs neue Regeln aufgestellt“, sagt Teseo. In Planegg hat eine andere Zeitrechnung begonnen.

Dazu gehört, dass die Amtssprache im Team nun Deutsch ist. Außerdem hat der eiserne Sittenwächter ein Joker-System eingeführt, weil ihn die hanebüchenen Ausreden seiner Buben auf die Palme brachten. „Ich möchte nicht zum dritten Mal hören, dass die Oma gestorben ist“, stellt er klar. Deshalb darf jeder Spieler pro Halbserie dreimal ohne genauere Angabe von Gründen schwänzen. Die Fehlzeiten lassen sich sogar beliebig erweitern, wenn die freien Joker der Mitspieler aufgekauft werden. Teseo findet diesen Handel gut, weil er die Kommunikation innerhalb der Mannschaft stärkt. Aber zu oft sollten sich seine Jugendlichen auch nicht abseilen. „Wer nicht trainiert, spielt nicht.“

Die Heranwachsenden haben eine gewisse Zeit benötigt, um sich an ihrem neuen Zuchtmeister zu erwärmen. Nach drei Spielen ohne Sieg kratzten sie auf einmal die Kurve. Mittlerweile haben sie schon 21 Punkte ergattert und überwintern auf Tabellenplatz sieben der Bezirksoberliga. Teseo ist davon überzeugt, dass seine Brachial-Pädagogik neue Freunde gefunden hat: „Mittlerweile stehen sie da und sagen, okay Trainer, wie machen wir das.“ Sehr zur Freude der Jugendlichen beschränkt sich der disziplinarische Eifer ihres Ordnungshüters nicht nur auf sie, sondern schließt auch ihre Eltern mit ein. Wer sich am Spielfeldrand nicht zu benehmen weiß, muss sich von Teseo schon mal in aller Deutlichkeit sagen lassen, „dass er die Klappe halten soll“.

Aber nicht nur die Maßregelung der Altvorderen kommt bei seinen Halbstarken gut an. Teseo bringt auch dem gesamten Klub wieder Mores bei. Seit der Coach im Sommer seinen Posten antrat, hat er nicht nur alles aufgelesen, was seine Balltreter vergessen haben. Auch außerhalb seiner B-Jugend wurde Teseo aktiv. Ein Generalschlüssel für das Vereinsheim, den die erste Mann-schaft verschlampte, wanderte vorübergehend genauso in seinen Besitz wie zahlreiche Bälle. Mit den Fundsachen hat der Coach dann richtig Wucher getrieben, der ihren ursprünglichen Besitzern teuer zu stehen kam. Für ihn und seine Assistenztrainer Valentin Voigt und Andreas Hanisch sprang dann schon mal ein üppiges Abendmahl heraus. „Mittlerweile liegt aber nicht mehr so viel rum“, bedauert es Teseo in gewisser Weise, dass seine Ordnungsliebe inzwischen allzu eifrige Nachahmer findet.

Aufrufe: 011.12.2017, 10:53 Uhr
Christian Heinrich - Münchner Merkur (Würmtal)Autor