2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
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Große Namen brachten große Summen

Der heute 81-jährige Werner Stalder organisierte zwischen 1983 und 2000 Benefizspiele für die „Aktion Anatuya“. So kamen 28.000 Euro zusammen. Große Namen wie Michael Rummenigge waren in Nütterden zu Gast. Ein Rückblick.

Es gibt einen Traum, der Werner Stalder im Rahmen seines Engagements für Benefiz-Fußballspiele verwehrt bleib. Dabei war der Nütterdener so nah dran. In der Saison 2006/2007 traf Stalder auf den mittlerweile verstorbenen Rudi Assauer. Auf die Frage, ob der FC Schalke 04 für ein Benefizspiel beim SV Nütterden zu gewinnen sei, habe der Manager gleich geantwortet: „Wir sind dabei, wir helfen.“
Doch wenig später wurde Assauer überraschend geschasst. „Rudi Assauer hatte mir sein Ehrenwort gegeben. Und er hätte es sicher eingelöst, wenn er gekonnt hätte“, sagt Stalder. Schalke 04 war somit nie in Nütterden zu Gast. Dafür aber sehr wohl Borussia Dortmund, der MSV Duisburg, Borussia Mönchengladbach, NEC Nijmegen und die SG Wattenscheid.

Dass es überhaupt zu Benefizspielen in dem Kranenburger Ortsteil kam, ist eng mit Dr. Georg Gottau verknüpft. Der Bischof aus Anatuya in Nordargentinien war schon in seiner frühen Kindheit fußballbegeistert – und schlug Brücken nach Deutschland. Seit 1974 unterstützt die Region im Rahmen der „Aktion Anatuya“ das dortige Bistum. Früh beteiligte sich auch der SV Nütterden – und übernahm eine Patenschaft für den dortigen Fußballklub. Werner Stalder entwickelte die Idee, auf dem Sportplatz Benefizspiele zu organisieren, deren Erlöse den Kindern und Jugendlichen in Südamerika zu Gute kommen sollten. So wurden dort Brunnen gebaut, Häuser instand gesetzt oder Fußbälle angeschafft.

Heute, so erklärt das Nütterdener Urgestein Werner Stalder, seien solche Begegnungen namhafter Mannschaften schier undenkbar. „Der Fußball ist so groß und professionell geworden, dass man solche Veranstaltungen nicht mehr organisieren kann. Davon sind die Klubs nicht mehr zu überzeugen. Dafür ist auch einfach viel zu viel Geld im Spiel“, sagt der ausgebildete Kaufmann.

1983: SV Nütterden – Alemannia Pfalzdorf Im Rahmen seiner „Bettelreise“ besuchte Dr. Georg Gottau damals die Benefizbegegnung der lokalen Teams. Der Bischof führte den Anstoß aus, die Rheinische Post schrieb: „Es war zu erkennen, dass der Bischof beidfüßig schusskräftig ist.“ Alemannia Pfalzdorf spielte den SV Nütterden bisweilen an die Wand, 3:0 lautete das Endergebnis. Der Erlös der Partie belief sich auf 2160 Mark, die Gottau noch auf dem Rasen überreicht wurden. „Wenn er ihnen einen Fußball schenkt, spielen damit in einem Dorf oft 160 Kinder“, hieß es damals in der Grenzland Post. So war Werner Stalders Leidenschaft für Benefizspiele geweckt.

1983: Borussia Dortmund – Rot-Weiss Essen Nach dem Auftakterfolg dachte Werner Stalder größer. Er wollte Profi-Fußballer an den unteren Niederrhein locken – und wandte einen Trick an. „Ich rief bei Vereinen an und erklärte, dass ich der Sekretär des Bischofs sei. So übersprang ich fast immer zwei Vorzimmer zum Präsidenten“, sagt der Rentner, der 63 Jahre lang als freier Mitarbeiter für die Rheinische Post in Kleve schrieb. Zwar waren die Dortmunder Nationalspieler Frank Mill und Andreas Möller damals verhindert. Dennoch präsentierten sich große Namen den 1200 Zuschauern: Wolfgang „Teddy“ de Beer, Michael Rummenigge, Frank Pagelsdorf, Norbert Dickel oder Michael Zorc waren vor Ort. Mit 4:1 setzten die sich die Borussen vor den Augen von Bischof Gottau durch. „Die Ergebnisse haben aber sowieso immer nur eine Nebenrolle gespielt“, sagt Stalder. Die eigentlichen Gewinner waren ohnehin die Bedürftigen in Anatuya. 9000 Mark sammelte Stalder bei der Begegnung der Bundesliga-Klubs ein.

1991: MSV Duisburg – NEC Nijmegen Für das torreichste Benefizspiel sorgten der damalige Zweitliga-Spitzenreiter MSV Duisburg und der niederländische Erstligist NEC Nijmegen. Mit 5:4 setzten sich die Gäste aus dem Nachbarland durch. Die RP titelte damals: „NEC fuhr mit den MSV-Zebras Schlitten“. Immerhin war der Rasen in Nütterden gänzlich schneebedeckt. „Ich habe vorher Blut und Wasser geschwitzt. Alle waren nervös, ob das Spiel wegen des Schneefalls überhaupt stattfinden könnte. Da wäre es beinahe schief gegangen. Absagen war aber eigentlich keine Option, immerhin waren alle Karten schon verkauft“, erinnert sich Stalder. Doch die Partie vor 700 Zuschauern avancierte zu einem Erfolg, 5000 Mark kamen für Argentinien zusammen.

1994: Borussia Mönchengladbach – SG Wattenscheid Wenn Werner Stalder an das Duell der Bundesligisten zurückdenkt, strahlt er übers ganze Gesicht. „Das war ein Jahrhundertspiel. 4200 Zuschauer im 2500-Seelen-Dorf Nütterden – das war einfach unglaublich“, sagt er. Die hiesigen „Fohlen“-Fanclubs hatten für großen Absatz auf dem Markt der Eintrittskarten gesorgt. Auch sportlich bot das Spiel eine Menge. Nach dem Anstoß des argentinischen Paters Ernesto Steeman boten die Profi-Kicker ein Spektakel. Letztlich setzte sich Borussia Mönchengladbach mit 3:2 durch. Karlheinz Pflipsen und Christian Hochstätter waren die Spieler des Spiels. „Das war und ist schon ein besonderes Gefühl, darüber nachzudenken, welch große Spieler zu den Partien gekommen sind. Und ich habe nie auch nur einen Pfennig für sie ausgegeben. Das macht mich stolz“, sagt Werner Stalder.

2000: MSV Duisburg – Kreisauswahl Es war das einzige Spiel, das sportlich kaum Spannung bot. Mit 7:0 setzten sich die Zebras gegen die Kreis Klever Kicker durch. Bei Dauerregen waren die Duisburger durchgängig im Sturmlauf. Dennoch sammelte Stalder 4000 Mark für den guten Zweck ein. Und zwar aus gutem Grund, wie er damals der Lokalpresse erklärte: „Anatuya ist das ärmste Bistum in Nordargentinien. Große Not herrscht überall. Jetzt wurde das Land noch von einer Überschwemmung heimgesucht. Die gesamte Baumwoll- und Sojaernte wurde vernichtet. Das Land braucht jetzt Hilfe.“

Doch schon damals zeichnete sich ab, dass es das letzte Benefizspiel von Organisator Stalder sein würde. 2000 habe er zwölf Klubs angefragt und elf Absagen erhalten. Daher habe er beschlossen, das Engagement einzustellen. 20 Jahre ist das nun her. Die Bedürftigen von Anatuya durften sich über insgesamt 28.000 Mark innerhalb von 17 Jahren freuen. „Man muss sich auch vor Augen führen, dass der Betrag in Argentinien noch von deutlich höherem Wert ist. Damit hat man mächtig etwas bewegt“, so Stalder.

Aufrufe: 014.10.2020, 13:00 Uhr
RP / Maarten OversteegenAutor