2024-04-25T10:27:22.981Z

Interview
Scheinbar unaufhaltsam strebt Susi Stich in Richtung Tor, um ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, nämlich das "Runde" im "Eckigen" zu versenken.
Scheinbar unaufhaltsam strebt Susi Stich in Richtung Tor, um ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, nämlich das "Runde" im "Eckigen" zu versenken. – Foto: Günther Perzl

Corona macht Backen zur Ersatzdroge für den Fußball

Vom Gegner gefürchtet, für die eigene Mannschaft Gold wert. FuPa stellt die Torjäger unserer Region vor. Nach einer Serie von Interviews mit treffsicheren Herren, kommt die erste Goalgetterin zu Wort: Susi Stich, Torgarant des Damen-Landesligisten SV Neusorg.

"Eigentlich", so sagt Christian König, Coach des Damen-Landesligisten SV Neusorg, "mache ich das ungern, aus unserer Mannschaft jemanden herauszuheben. Aber die Susi hat das durchaus mal verdient!" Auf die Frage von FuPa, welche Rolle Susi Stich, seine 20jährige Torjägerin, in seiner aktuell auf dem zweiten Tabellenplatz rangierenden Truppe einnimmt und was sie dabei sportlich, aber auch menschlich auszeichnet, gerät der SVN-Trainer fast ein wenig ins Schwärmen: "Susi ist eines der prägenden Gesichter des Umbruches, den wir 2016 eingeleitet haben. Ihre Torbeteiligungen sprechen für sich. In den letzten beiden Jahren hat sie nochmal deutlich mehr Verantwortung übernommen und den Killerinstinkt vor dem Tor entdeckt. Durch ihr extrem starkes 1 gegen 1 in der Offensive und ihre hervorragende technische Ausbildung kann sie enge Spiele aus dem Nichts für uns entscheiden."

Meist wären Fußballer entweder ausdauernd oder sprintstark. Susi Stich, die auch die landesligainterne Torschützenliste mit 13 Treffern anführt, würde nun beides verbinden und wäre sich nicht zu schade, durch geschicktes Anlaufverhalten den Gegner in Pressingfallen zu leiten, so der SVN-Trainer weiter. "Sie gehört definitiv zu den komplettesten Fußballern, die ich bisher trainieren durfte. Dabei sieht sie sich als Zahnrädchen einer starken Gemeinschaft, eine Einstellung, die sich durch unseren kompletten Kader zieht und wohl unsere größte Stärke ist. Susi ist unser Vollstrecker, profitiert aber auch enorm von der hervorragenden Arbeit des restlichen Teams."

Aber auch vom Menschen Susanne Stich ist der Neusorger Übungsleiter angetan: "Bei all den sportlichen Qualitäten verdient sie jedoch größten Respekt für die Art und Weise, wie sie in Mannschaft und im Gesamtverein auftritt. Ohne Starallüren, stets hilfsbereit und engagiert. Zudem ist sie äußerst heimatverbunden und bodenständig. Wir sind sehr froh, dass sie den SVN mittlerweile als festen Bestandteil ihrer Heimat ansieht."

Dass Susi Stich, obwohl ein Mädchen, auch einmal auf dem Fußballfeld landen würde, war eigentlich klar, stammt sie doch aus einer fußballverückten Familie. So jagte sie schon früh dem runden Leder hinterher und spielte bis zur D-Jugend bei den Jungs ihres Heimatvereins in Kastl. Eine Mitspielerin, die zu den Mädchen des TSV Kirchenlaibach wechselte, fragte Susi schließlich, ob sie nicht mitkommen möchte. Das Interesse war da, es folgte ein Probetraining und schon war der Wechsel fix. Bei den C- und B-Juniorinnen eingesetzt, sorgte sie vor allem in der Saison 2014/15 für mächtig Furore, als sie in der Bezirksoberliga sage und schreibe 42 mal die Kugel im Netz versenkte.

2015 führte sie ihr Weg schließlich nach Neusorg. Christian König, aktueller Trainer, hatte Susi schon ein Jahr zuvor erstmals kontaktiert, da war sie aber noch zu jung. König blieb hartnäckig, meldete sich ein Jahr später wieder und holte das hochtalentierte Mädchen an die Neusorger Steinwaldstrasse, wo sie mit Sondergenehmigung gleich bei den Frauen spielen durfte. Trotz des teilweise großen Altersunterschiedes wurde sie dort sehr herzlich aufgenommen und die Dienstältesten nahmen Susi in jeder Hinsicht in ihre Obhut.

Susi Stich, die am 29. Dezember ihren 21. Geburtstag feiert, wohnt noch bei ihren Eltern in Kastl. "Ich habe dort ein ganzes Stockwerk für mich", erzählt sie und begründet die Auswahl ihres an der Uni Bayreuth stattfindenden Studiums "Berufsschullehramt für Metalltechnik und Chemie" auch damit, dass es mit Vater und Schwester schon zwei Lehrer in der Familie gibt. Und dann würden ihr gerade diese beiden Fächer - aktuell ist sie im 5. Semester - sehr entgegenkommen. Ja und dann noch die Frage, ob es den neben Studium, Fußball und natürlich ihrem Freund Tim noch andere Hobbys gibt. "Volleyball und Backen" lautet die Antwort einer jungen Dame, die sowohl sportlich als auch im privaten/beruflichen Bereich noch ganz am Anfang einer bestimmt interessanten Entwicklung steht.


Hallo Susi, wo und in welchem Alter hast Du denn mit dem Fußball begonnen? Warst Du schon in den Anfängen ein so treffsicherer Schütze?

Mit fünf Jahren habe ich bei meinem Heimatverein TSV 1960 Kastl zum ersten Mal die Fußballschuhe geschnürt. Meine Position war hier das defensive Mittelfeld, weshalb ich nur vereinzelt zum Abschluss kam. Dies änderte sich erst mit dem Wechsel zum TSV Kirchenlaibach/Speichersdorf, für den ich in meiner letzten Saison 42 Tore schoss.


Reden wir über die Gegenwart. Was gefällt Dir an deinem Verein ganz besonders, was zeichnet ihn besonders aus?

Beim SV Neusorg ist meiner Meinung nach der Zusammenhalt zwischen Damen- und Herrenmannschaft einzigartig. Jeder unterstützt jeden! Zusätzlich habe ich nicht nur fußballerisch neue Freundschaften geschlossen, sondern auch im privaten Bereich viele gute Freunde gefunden.


Welches Saisonziel hast du Dir für die aktuelle Saison persönlich und für Deine Mannschaft gesetzt?

Unser beziehungsweise auch mein Ziel ist immer, eine Position besser als im Vorjahr zu sein. Das wäre dieses Jahr also mindestens Platz 3, natürlich wären Platz 2 oder 1 das i-Tüpfelchen. Selbst habe ich mir vorgenommen, jedes Spiel mindestens ein Tor zu schießen.


Du bist Goalgetterin, da werden sicher auch Vereine aus höheren Klassen auf Dich aufmerksam. Hat es Angebote gegeben und warum hast Du dann doch deinem Verein die Treue gehalten?

Ja gab es. Habe mich allerdings nach langem Hin und Her - heute muss ich sagen zum Glück - entschieden, weiterhin für den SVN zu spielen. Aus sportlicher Sicht wäre es sehr reizvoll gewesen, private Gründen überwogen allerdings, deshalb gab es dann doch eine Absage. Meine Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut.


Gibt es ein Vorbild unter den ehemaligen oder aktuellen Torjägerinnen für Dich oder ist es jemand aus der Riege der Herren?

Ein großes Vorbild in meinen Anfangsjahren war immer mein Bruder. Ich wollte immer dieselbe Rückennummer wie er haben (momentan tragen wir beide die Nr. 18, sogar im selben Verein). Natürlich wird unsere Anna Friedrich mir immer ein Vorbild sein, auch wenn wir total unterschiedliche Spielertypen sind. Da Anna seit dieser Saison unsere Co-Trainerin ist, kann ich noch sehr viel von ihr lernen und vielleicht eines Tages in ihre Fußstapfen treten.


Was war Dein größter sportlicher Erfolg und was war Deine größte sportliche Niederlage?

Mein größter sportlicher Erfolg war definitiv der 3. Platz bei den bayrischen Hallenmeisterschaften, auch wenn der Tag für mich mit einer Verletzung im Krankenhaus endete. Die größte sportliche Niederlage war das Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die Landesliga gegen den ewigen Konkurrenten TSV Theuern.


Welches Ritual hast Du vor einem Spiel?

Ich esse immer eine Banane und einen Traubenzucker bevor es auf den Platz geht. In der Regel teile ich mir beides mit unserer Anna Kohl.


Wo ist das unangenehmste Auswärtsspiel und warum?

Davon gibt es mehrere, was aber überwiegend an deren Platzverhältnissen liegt.


Wer ist der Kabinen-DJ bei Euch im Team und wie ist die Musik?

Der Haupt-DJ ist unsere Laura Graser. Wir hören querbeet, vom Schlager über Rock bis zu Oldies und aktuellen Hits.


Wenn Du Damen-Bundestrainerin wärst: Welche Mitspielerin beim SV Neusorg würdest Du für die Nationalmannschaft nominieren und warum?

Schwierige Frage, auf die ich leider keine Antwort weiß. Jede Spielerin in unserer Mannschaft hat ihre Stärken.


Würde Dich in Zukunft vielleicht doch reizen, höherklassig zu spielen, oder sagst Du Dir, dass Familie und Beruf in naher Zukunft im Vordergrund stehen sollten und Landesliga deshalb vom zeitlichen Aufwand her das maximal Machbare bedeutet?

Natürlich würde es mich reizen höherklassig zu spielen, solange sich der zeitliche Aufwand in Grenzen hält und mit Familie und Beruf einigermaßen vereinbaren lässt. Zum FC Bayern würde ich selbstverständlich nicht nein sagen.


Was sagst Du zum Coronavirus?

Durch die starken Einschränkungen verändert sich der Lebensalltag total. Mir fehlen vor allem die sozialen Kontakte und die Freizeitaktivitäten. Ich glaube, gerade wir jungen Menschen leiden mit am meisten unter der Pandemie.


Wie nutzt Du die freigewordene Zeit am liebsten? Wie sieht Dein aktueller Alltag mit der derzeit schwierigen Situation aus?

Momentan verbringe ich viel Zeit in der Küche und backe. Es bleibt auch viel mehr Zeit für die Familie und meinen Freund übrig. Da die Vorlesungen online stattfinden, befinde ich mich derzeit überwiegend an meinem Schreibtisch.


Was darf in Deinem Kühlschrank nicht fehlen?

Im Kühlschrank gibt es nichts bestimmtes, das nicht fehlen darf. Allerdings muss im Tiefkühlfach immer eine Pizza sein.


Schlager, Klassik, Techno oder andere Musikrichtung?

Am meisten höre ich R&B.


Mit welchem Sportler oder welcher Sportlerin würdest Du gerne mal einen Kaffee oder ein Bierchen trinken?

Robert Lewandowski und Serena Williams würde ich beide gerne treffen. Der Ehrgeiz für ihre Sportarten ist einzigartig.


Wie sieht für Dich der perfekte Abend aus?

Gemeinsam mit meinem Freund kochen, danach auf die Couch und einen Film oder eine Serie schauen.


Was vermisst Du derzeit am meisten? Ist es schwierig, auf Fußball zu verzichten?

Ich vermisse es sehr, mich mit meinen Freunden auf und neben dem Platz zu treffen und lustige Momente gemeinsam zu erleben. Zudem fehlt mir die Präsenz an der Uni. Na klar ist es schwierig auf Fußball zu verzichten, allerdings gibt es in der momentanen Lage auch Verständnis dafür.


Wie beurteilst Du die beim BFV getroffene Entscheidung, die Saison als einziger Verband in Deutschland nicht abzubrechen?

Ich fand die Entscheidung richtig. Manche zerstören damit vielleicht zwei Saisons, der BFV dagegen hat keine Saison verloren. Im neuen Jahr ist genügend Zeit, die restlichen Spiele zu absolvieren.


Denkst Du, dass wir nach der Krise wieder normal Fußball spielen werden oder verändert sich etwas in der Gesellschaft, wo auch der Fußball nicht mehr derselbe sein wird?

Ich bin davon überzeugt, dass wieder normal Fußball gespielt werden kann. Leider wird dies noch einige Zeit dauern. Die Freude am Fußball wird wieder wie zuvor sein. Allerdings glaube ich, dass uns die Masken noch etwas länger begleiten werden.


Dein ganz persönlicher Wunsch für die kommende Zeit?

Dass wir alle gut durch die momentan schwierige Zeit kommen und der normale Alltag wieder zurückkehrt.

Aufrufe: 018.12.2020, 11:00 Uhr
Werner SchaupertAutor