2024-04-23T13:35:06.289Z

Star des Spieltages

Inka Grings war auch in Verl ein Thema

Regionalligist SC Verl vor besonderem Spiel. Gegner SV Straelen wird seit Montag von einer Fußballerin gecoacht. Die Europameisterin verhandelte auch mit dem SC.

Die Römerstraße 49 in Straelen ist keine Topadresse der Regionalliga West. In dieser Woche stand der dort beheimatete Sportverein von 1919 dennoch im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Hermann Tecklenburg, der starke Mann beim nur noch auf Tabellenplatz 13 notierten Aufsteiger, hatte mit Inka Grings eine Frau verpflichtet, um Trainer Marcus John zu ersetzen.

Die 96-malige Nationalspielerin und zweimalige Europameisterin soll den SV Straelen mit dem vom Oberligisten SV Hiesfeld geholten Thomas Drotboom (52) als gleichberechtigtem Partner vor dem Abstieg bewahren. An der Verler Poststraße wurde die Entwicklung in Straelen mit besonderem Interesse verfolgt. Die Fußballer des dort residierenden Sport-Clubs müssen schließlich am Samstag in Straelen und damit gegen die erste Trainerin in einer der vier höchsten deutschen Ligen antreten.

„Ich finde allerdings, aus dieser Personalentscheidung wird viel mehr gemacht, als gemacht werden müsste“, kommentiert Robin Brüseke den Medienrummel. „Es war doch klar, dass irgendwann so eine Entscheidung fallen würde.“ Für den Torhüter des SC Verl kommt es, egal ob Trainer oder Trainerin, allein auf den Sachverstand an. „Und den hat Frau Grings, sonst wäre sie im Fußball nicht so erfolgreich gewesen.“

Etwas kritischer sieht Raimund Bertels diese Personalie. „Ich kenne und schätze Inka Grings und ich wünsche ihr nach unserem Spiel auch viel Glück im neuen Job“, sagte der Vorsitzende des SC Verl. „Aber ich kenne auch das Fußballgeschäft und weiß um die Ressentiments im Männerfußball gegenüber dem Frauenfußball. Ich bin gespannt, ob sie sich durchsetzt.“


Ein Wiedersehen der besonderen Art

Im Übrigen freut sich Bertels auf ein Wiedersehen. „Denn letzten Oktober hatte ich über ihre Agentur ein interessantes Gespräch mit Inka Grings. Sie wollte in unserem Jugendbereich mitarbeiten. Aber bei aller Kompetenz und Wertschätzung, die gewünschte Vollzeitstelle war nicht zu finanzieren.“ Keine Zweifel, dass es die in 271 Bundesligaspielen bewährte ehemalige Stürmerin packt, hat Hermann Tecklenburg. Er habe gute Erfahrungen mit seiner Martina als Trainerin gemacht, begründete der Ehemann von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg seine Entscheidung. „Sie hat unheimlich viele Dinge gesehen und in den Pausen angesprochen, die mir so gar nicht aufgefallen waren. Daher wird das auch mit Inka klappen.“

Auch „MVT“, einst Lebensgefährtin von Grings, hält große Stücke auf „ihre beste Freundin“. Auf die Frage, wann denn erstmals eine Trainerin den Durchbruch in die Männer-Bundesliga schaffen würde, antwortete die Bundestrainerin unlängst in der WAZ: „Ich würde diesen Job Inka Grings zutrauen, vielleicht erst einmal über eine Station in der Regionalliga.“


Das sagt Grings dazu:

Vor drei Kamerateams und ein paar Dutzend Zuschauern präsentierte sich die neue Trainerin des SV Straelen am Montag bei der ersten Übungseinheit mit der Mannschaft fokussiert und engagiert. Dass sie als erste Frau bei einem Männer-Verein aus den obersten vier Ligen das Kommando übernommen hatte, schien sie nicht weiter zu belasten. „Auf dem Trainingsplatz zu stehen ist das, was ich möchte, wofür ich lebe. Von daher freue ich mich riesig und genieße es“, sagte Grings. Dass in Straelen nun eine Frau die Anweisungen gibt, sei für sie völlig irrelevant. „Ich bin Trainerin, von daher stellt sich mir die Frage nicht.“ Fußball sei „eine einfache Sportart und von daher wird es eine einfache Sprache sein“, erklärte Grings.


Eine Einschätzung, die Robin Brüseke aus Sicht eines Spielers und eines künftigen Gegners teilt. „Nach drei, vier Einheiten hat sich das in Straelen normalisiert. Dann zählt nur noch, was sie sagt und was sie erreicht.“ Für die Partie am Samstag erwartet der 25-Jährige gleichwohl einen besonders motivierten Gegner. „Aber nicht weil eine Frau auf seiner Trainerbank sitzt, sondern weil es unter neuer Leitung wieder um Stammplätze geht und um drei wichtige Punkte für den Klassenerhalt.“ Für Brüseke ist auch das zu erwartende und für Regionalligaverhältnisse ungewöhnliche große Medieninteresse von untergeordneter Bedeutung. „Die Leute kommen ja nicht wegen uns, und außerdem stehen wir so oder so in der Pflicht, die schlechte Leistung bei der 1:3-Niederlage in Bonn vergessen zu machen und unsere gute Tabellensituation abzusichern.“ Brüsekes „Chef“ ist da ein wenig anderer Meinung. „Natürlich müssen wir mit dem Trubel, der da am Samstag sein wird, erst einmal fertig werden. Aber der sollte auch für uns Motivation sein“, sagte Raimund Bertels.


So begann ihre Trainerkarriere:

Inka Grings hat die U 17-Junioren von Viktoria Köln als Sprungbrett in die Trainerkarriere benutzt. Anschließend coachte sie ihren ehemaligen Verein MSV Duisburg in der Frauen-Bundesliga. Doch die dreimalige Fußballerin des Jahres machte nie ein Hehl daraus, dass sie die Herausforderung im Männerbereich sucht. „Das Tempo, der andere Umgang, mehr erreichen zu können – das ist das, wonach ich strebe“, sagte sie bereits 2017 im SID-Interview und betonte: „Natürlich will ich auch ein Stück weit Geschichte schreiben.“

Aufrufe: 02.4.2019, 17:30 Uhr
FuPaAutor