2024-04-23T06:39:20.694Z

Querpass

»Klassenerhalt wäre ein Riesenerfolg«

Hohenaus prominenter Neu-Coach Guido Gorges im Querpass-Interview des Monats +++ Auszug aus der September-Ausgabe

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Ein Ex-Bundesligaspieler in der niederbayerischen Bezirksliga Ost. Beim SV Hohenau hat der Ex-Löwe und ehemalige Hannover 96-Kicker Guido Gorges das Kommando übernommen. Im Querpass-Interview des Monats spricht Gorges über seine Erfahrungen aus dem Profibereich und wie er diese nun an den Bezirksligisten weitergeben will. Und: Gorges' Konzept trägt bereits erste Früchte: In den letzten beiden Spielen folgten prompt zwei Siege. Zufall? Nein, ganz sicher nicht...

2, 3, 17, 19, 20, 29, 30, 31. Das sind die Zahlen, die deine sportliche Karriere geprägt haben. Eine besonders große Bindung hattest du wohl nicht zu deiner Trikotnummer.
Guido Gorges (37): Nein, darauf hab’ ich nie großen Wert gelegt. Ganz davon abgesehen haben mir die Standardzahlen nicht so besonders gut gefallen. Ich hatte die 30 oder die 31 eigentlich am liebsten. Die 19 in München fand ich auch ganz cool. Aber eigentlich habe ich keinen Wert auf meine Trikotnummer gelegt. Manche wollten unbedingt ihre 13 haben, oder sowas. Ich finde es gibt wichtigere Dinge als die Rückennummer.

Dein Debüt in der Bundesliga mit 1860 München hast du gegen Bayer Leverkusen gefeiert. 2:2 ging‘s damals aus. Ein ganz besonderer Moment für dich.
Ja natürlich. Ich bin damals nach München gegangen mit der Prämisse: wenn du mal eine Minute in der Bundesliga spielen könntest, wär das schon ein Traum. Mal im Kader zu stehen, oder vielleicht sogar mal eingewechselt zu werden wäre schon super gewesen, um einfach mal in die Bundesliga reinzuschnuppern.

(...)

Später folgte deine Station in der 1. Liga bei Hannover 96. Im DFB-Pokalspiel gegen den VfR Aalen hast du - wohlgemerkt als Abwehrspieler - zunächst die Vorlage zum 2:2-Ausgleich gegeben und anschließend den 3:2-Siegtreffer erzielt. War die Bundesliga-Station Hannover das Highlight deiner Karriere?
Nicht unbedingt. Mich hat damals Horst Ehrmanntraut nach Hannover geholt. Unter ihm habe ich in der zweiten Liga ein halbes Jahr bei 96 gespielt. Dann bekamen wir mit Ralf Rangnick einen neuen Trainer. Eine Woche vor Saisonbeginn hab’ ich mir aber das Syndesmoseband gerissen und war daraufhin drei bis vier Monate verletzt. Dann wollte ich den Verein verlassen und hatte auch mehrere Angebote aus der 2. Bundesliga. Präsident Martin Kind wollte mich aber nicht gehen lassen. Danach wurde ich für ein halbes Jahr nach Schweinfurt ausgeliehen. Dort habe ich mir in der Vorbereitung den Mittelfuß gebrochen und war daraufhin erneut mehrere Monate verletzt. Aber die Highlights meiner Karriere waren andere Dinge.

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Zum Beispiel?
Zum Beispiel wäre ich fast mal beim ehemaligen Maradona-Klub und damaligen italienischen Zweitligisten SSC Neapel gelandet. Der Wechsel platzte jedoch kurzfristig, weil Neapel aus finanziellen Gründen plötzlich doch niemanden mehr verpflichten konnte.

Bin froh, dass ich noch geradeaus laufen kann


Deine letzte Profistation war der SV Wehen Wiesbaden, wo du erneut lange verletzungsbedingt ausgefallen bist. Danach war Schluss mit Profifußball. Stimmt es, dass du danach den Beruf des Masseurs erlernt hast?
Ja das stimmt. Im Jahr 2007 habe ich auf Mallorca eine Ausbildung zum Masseur gemacht. Die Ausbildung habe ich zwar abgeschlossen und bestanden aber danach nie beruflich ausgeübt. Der Hauptgrund dafür war, dass ich die Anatomie des Körpers genauer kennenlernen wollte. Seit der angesprochenen Verletzung bin ich Sportinvalide. In meinem Knie ist eigentlich nichts mehr ganz außer meinem hinteren Kreuzband. Ich bin froh, dass ich überhaupt noch geradeaus laufen kann.


Vor wenigen Wochen bist du beim Ost-Bezirksligisten SV Hohenau im Bayerischen Wald gelandet. Was erwartest du von deiner neuen Mannschaft?
Ich bin seit vielen Jahren Leistungssportler und hatte in dieser Zeit viele gute Trainer. Da kann man schon einiges mit einfließen lassen. Wichtig ist, dass die Mannschaft mitzieht und auch mal aus sich herausgehen kann - egal in welcher Liga. Dass man nach einem halben Jahr die Handschrift des Trainers sieht. Keine Frage, dass man in seinen ersten Trainerjahren auch noch was dazu lernen muss. Zunächst muss ich die Spieler aber erst richtig kennenlernen.

Jetzt trainierst du einen Bezirksligisten. Darf's irgendwann auch mal ein, zwei Klassen höher sein?

Klar will man mittelfristig auch mal die eine oder andere Klasse höher trainieren. Das ist aber nicht mein primäres Ziel. Ich kann mir auch vorstellen eine niederklassige Mannschaft über einen längeren Zeitraum zu trainieren. Ich lege jetzt mehr Wert auf meinen Beruf. Fußball war jahrelang mein Job, jetzt ist es zu meinem Hobby geworden. Aber man weiß nie, was in zwei, drei Jahren ist.

Der Saisonauftakt lief für Hohenau nicht gerade nach Maß. Wie willst du die Mannschaft wieder auf Vordermann bringen?
Ich versuche jetzt Power rein zu kriegen. Es ist nicht der Anspruch der Mannschaft und auch nicht mein Anspruch so da zu stehen wie wir uns zuletzt präsentierten. (Anm. d. Red.: In den letzten beiden Spielen folgten prompt zwei Siege des SV Hohenau.) Wir müssen jetzt damit anfangen wie die Eichhörnchen unsere Punkte zu sammeln, sodass wir in Schlagweite bleiben. Wenn wir die Liga halten, wäre das ein Riesenerfolg. Dazu müssen wir aber alle an einem Strang ziehen und qualitativ so schnell wie möglich einen Schritt nach vorne machen.

(...)

Gorges' Rezept: Grundfitness und zwar nicht nur in der ersten halben Stunde


Welche Dinge sind zu Beginn besonders wichtig?
In Hohenau müssen wir jetzt versuchen beim ersten Schritt anzufangen. Elementare Sachen, wie zu lernen nicht schludrig zu sein, sich eine gewisse Grundfitness zu erarbeiten und den Ball über zehn Meter zum Teamkollegen abzuspielen. Und zwar nicht nur in der ersten halben Stunde, sondern auch noch in der 80. und in der 90. Minute. Fit zu werden verpackt mit Spaß am Fußballspielen. Diese Grundfitness braucht man in der Bundesliga genauso wie in der Kreisklasse. Das versuche ich in den nächsten paar Wochen in Angriff zu nehmen.

Du hast jetzt schon erste Eindrücke sammeln können. Bist du zufrieden mit der Zusammenstellung des Teams?
Ich muss erstmal alle anderen Mannschaften sehen, um das beurteilen zu können. Wir sind keine Übermannschaft, wir können nicht innerhalb von 15 Minuten ein Spiel entscheiden und danach auf Sparflamme schalten. Wir müssen von der ersten bis zur letzten Minute hellwach sein und auch mal bereit sein über unsere Leistungsgrenze hinauszugehen. Unsere Stärke muss die mannschaftliche Geschlossenheit werden. Wir müssen in der Lage sein 90 Minuten unsere Leistung zu bringen, dann haben wir eine realistische Chance auf den Klassenerhalt.

Der SV Hohenau ist nach 1860 München, Greuther Fürth und dem 1. FC Schweinfurt der vierte bayerische Verein bei dem du aktiv bist. Würde es dich nochmal reizen auf Verbandsebene zu spielen oder zu trainieren?
Trainieren schon, aber spielen nicht. Da bin ist realistisch genug. Ich gehe auf die 40 zu und man darf ja nicht vergessen, dass ich sportinvalide bin. Ich habe bei jedem Schritt Schmerzen. In der Bezirksliga gibt‘s gute Fußballer, die viel laufen, grätschen und treten. Eine Spielklasse höher ist es noch schlimmer. Da würde ich mir selbst keinen Gefallen tun. Meine Priorität lege ich in den nächsten Jahren auf den Trainerjob. Dennoch werde ich noch das eine oder andere Spiel absolvieren, wenn ich der Truppe damit helfen kann. Wenn ich merke, es sind elf Mann da, die du spielen lassen kannst, dann nehme ich die Fußballschuhe beiseite und setzte mich auf die Bank.

Auf dem Platz kann man ja auch nicht so gut Einfluss nehmen als von der Trainerbank aus.
Ja, das ist richtig, weil du auf dem Spielfeld erstmal mit dir selber zu tun hast. In den nächsten zwei bis drei Monaten hoffe ich aber noch mit der einen oder anderen Aktion für eine Aufwertung unserer Mannschaft sorgen zu können. Eine oder zwei Klassen höher zu spielen ist aus gesundheitlicher Sicht aber schlicht unmöglich.

Das Interview führte Sebastian Ziegert.

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Aufrufe: 013.9.2010, 14:14 Uhr
Sebastian ZiegertAutor