2024-04-19T07:32:36.736Z

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Mit seinen beiden Japanern Takuya Nagae und Takuya Arakawa ist Trainer Winni Ronig sehr zufrieden. Foto: hfs
Mit seinen beiden Japanern Takuya Nagae und Takuya Arakawa ist Trainer Winni Ronig sehr zufrieden. Foto: hfs
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Bezirksligist profitiert von der Ballkunst aus Fernost

Der SV Grün-Weiß Welldorf-Güsten ist einer vielen Vereinen mit japanischen Fußballlegionären . Junge Spieler mit Ambitionen.

Welldorf-Güstens Trainer Winni Ronig bezeichnet sie „als Glücksfall für den Verein“, die beiden Japaner Takuya Nagae und Takuya Arakawa, 24 und 22 Jahre alt. Sie wechselten zur Winterpause zum Bezirksligisten, kommen auf Vermittlung des Düreners Gerd Engels, der sozusagen die „Patenschaft“ nicht nur über diese beiden Fußballer hat.
Der Ex-Fußballprofi, der mehr als 20 Jahre lang in Japan spielte und als Trainer arbeitet, hat den beiden die Chance gegeben, sich über seine Fußballschule „Soccer Life“ in hiesigen Gefilden für höherklassige Fußballvereine interessant zu machen. Das versuchen sie jetzt bei den Grün-Weißen in Welldorf-Güsten.

„Die leben Fußball, die sind den ganzen Tag auf dem Sportplatz“, sagt Ronig über seine beiden Japaner. Er lernte sie über Engels kennen beziehungsweise beobachtete beide, als sie in Niederau, wo Ronig in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes wohnt, Fußball spielten. „Die passen hervorragend zu uns, sie haben sich sofort integriert, auch wenn die Verständigung nur mit Hand und Fuß funktioniert. Aber die Fußballsprache ist ja international“, lacht Ronig, wenn er im Training seine Kommandos in deutscher oder englischer Sprache beziehungsweise mit Zeichensprache gibt.

Was ihm an Nagae und Arakawa imponiert, ist ihre Auffassung, wenn es um den Fußball geht. „Die sehen die möglichen Räume, wohin sie den Ball spielen, schon dann, wenn diese sich noch gar nicht aufgetan haben. Sie haben ein unheimliches Gespür für den Ball, wissen genau, wann und wohin sie den Pass schlagen“, schwärmt der Fußballlehrer von der fernöstlichen Fußballkunst, die jetzt bei den Grün-Weißen Einzug gehalten hat. Dass beide versuchen, sich mit ihren deutschen Mitspielern „blind“ zu verstehen, zeichnet sie aus.

Dass sie gerade beim Bezirksligisten anheuerten, daran hatte Ronig maßgeblichen Anteil. „Vom Talent her könnten sie beide in der Landesliga spielen. Aber es ist doch besser, sie spielen eine Klasse tiefer, kommen dafür jeden Sonntag zum Einsatz, anstatt bei anderen Vereinen auf der Bank zu sitzen.“

Junge japanische Spieler – in ihrem Heimatland ist es üblich, in eine berufliche Fußballzukunft zu investieren – können ein Jahr lang über ein so genanntes „Working Holiday Visa“ hier spielen, wobei Engels Fußballschule erste Anlaufstation ist. Für drei Monate können sie bei ihm in Düren in zwei angemieteten Häuser gegen eine geringe Gebühr für Kost und Logis wohnen.

„Ich bin kein Spielervermittler und bekomme kein Geld von den Vereinen“, betont der Ex-Profi, der von 1990 bis 2008 in Japan als Trainer arbeitete, zuletzt Nationaltrainer von Mosambik tätig war. „Spätestens nach drei Monaten muss den Jungs aber klar sein, wohin die Fußballreise sie führt“, so Engels. Denn dann müssen die jungen Japaner die Fußballschule verlassen und auf eigenen Füßen stehen. Zwar können sie weiterhin den Dürener um Rat fragen, doch im Grunde genommen nehmen sie, wie nun Nagae und Arakawa, das Heft in die eigene Hand. „Sie organisieren ihr Leben jetzt eigenständig. Der Verein hat ihnen hier in Güsten eine Wohnung besorgt, sie organisieren jetzt ihr Leben selber“, betont Winni Ronig.

Sprungbrett

Es ist ein Leben, das fast ausschließlich aus Fußball spielen besteht. „Sie absolvieren ein Spiel, nach gut anderthalb Stunden stehen sie wieder auf dem Platz“, lacht Ronig, der mit dazu beiträgt, „dass die Chance groß ist, dass sie im Sommer vielleicht bei einem anderen größeren Verein unter kommen“. Doch diese Chance, so betont auch Gerd Engels, den Sprung in die 3. oder 4. Liga zu schaffen, ist gering. „Ich bin ehrlich zu den Jungs und sage, wenn es keinen Sinn mehr macht, wenn es besser ist, wieder nach Hause zurückzukehren.“

Doch eines hebt der 59-jährige Dürener hervor. „Auch wenn sie hier in Deutschland nur Landesliga gespielt haben, in ihrem Heimatland haben sie dann durchaus die Chance, Profi zu werden.“

Ob dies den beiden Neu-Grün-Weißen gelingt, ist fraglich. Am Ende der laufenden Saison dürfte wohl das Kapitel Bezirksliga beendet sein. „Fußballerisch würde ich sie natürlich gerne behalten. Aber bei uns wird kein Spieler bezahlt, folglich trifft das auch auf Nagae und Arakawa zu“, hebt Ronig hervor, der unterstreicht, dass beide dem Verein gut getan haben. „Sollten wir die Bezirksliga halten, dann werde ich versuchen, auch in der neuen Saison zwei jungen Japanern die Chance geben, sich bei uns zu präsentieren, Spielpraxis zu sammeln, sich für einen Landesligisten interessant zu machen.“

Das liegt natürlich auch im Interesse von Gerd Engels, der, so war es jedenfalls angedacht, ebenfalls eine neue berufliche Herausforderung suchte und auch fand. Doch die wurde von allerhöchster Stelle auf Eis gelegt. Eigentlich sollte er bereits in diesen Tagen in Ramallah in Palästina weilen, dort als so genannter Auslandsexperte des Deutschen Olympischen Sportbundes und des Deutschen Fußball-Bundes die Trainerausbildung, Talentförderung und das Training der Jugend-Nationalmannschaften unterstützen. Auf zwei Jahre ausgelegt, durch das Auswärtige Amt im Rahmen der Internationalen Sportförderung finanziert, kam nun allerdings das Aus für dieses Projekt. Wie zu erfahren war, hat Israel Veto eingelegt, hat sich diesbezüglich beim DFB und dem Auswärtigen Amt klar positioniert. Ob auch die Personalie Gerd Engels beim Antrittsbesuch von Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel in Israel ein Thema war, darüber gab es beim „AA“ in Berlin auf Anfrage keine Auskunft. Fakt ist, dass es mit dem Engagement von Engels in Palästina vorläufig nichts geben wird.

„Sie haben ein unheimliches Gespür für den Ball. “

Winni Ronig, Trainer von
Grün-Weiss Welldorf-Güsten

Aufrufe: 027.4.2017, 06:00 Uhr
hfs | AZ/ANAutor