2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

Der Aufsteiger an der Pfeife

Elias Papke ist auf den Spuren Guido Winkmanns unterwegs. Er hütet in der Landesliga das Fußball-Regelwerk.

Es gibt Sprüche, die hat Elias Papke so häufig gehört, dass sie ihn kalt lassen: „Die C-Jugend hat heute Morgen gespielt, du kommst zu spät“ oder „Darfst du ohne deinen Vater aufs Feld?“. Der Mathematik-Student, 20 Jahre alt, 168 Zentimeter lang, ist eines der größten Schiedsrichter-Talente, die die niederrheinische Fußballszene zu bieten hat.

„Mit solchen Sprüchen kann ich umgehen. Man weiß, worauf man sich einlässt, wenn man Schiedsrichter werden will“, sagt Papke. Und er weiß, wie man Autorität gewinnt. Mit klaren Ansagen, richtigen Entscheidungen und einem kühlen Kopf, wenn das Treiben auf dem Rasen unübersichtlich wird. „Vielleicht hört es sich abgedroschen an, aber ich will für Gerechtigkeit auf dem Platz sorgen“, sagt der Uedemer.

Bereits früh war klar: Seine Fußballkünste würden Papke nicht über die Grenzen des Kreises Kleve hinausführen. Also entschied er sich mit 13 Jahren für eine Laufbahn an der Trillerpfeife. Nach einem zweiwöchigen Crash-Kurs war´s so weit: Papkes Debüt als Regelhüter, die D-Jugend von Viktoria Goch trifft in der Leistungsklasse auf den TSV Weeze. Die Nachwuchskicker bescheren ihm einen entspannten Vormittag. Gochs Junioren gewinnen mit 7:1. „Die Konstellation hätte zum Start nicht besser sein können. Ich bin mit einer Gelben Karte und einer Abseitsentscheidung ausgekommen“, erinnert sich Papke. Seitdem eilt der Gaesdonck-Abiturient von Aufstieg zu Aufstieg: In der Saison 2014/2015 pfeift er bei den C-Jugendlichen, im Jahr darauf bei den ältesten Junioren.

Im Jahr 2016 dann folgt der Schritt zu den Senioren. So lernt Papke die Tiefen des Hobbyballtretens kennen. In der Kreisliga C trifft die Drittvertretung der SGE Bedburg-Hau auf die zweite Mannschaft des SV Nütterden. Thekentruppen untereinander, sollte man meinen. Papke aber sagt: „Das war ein C-Liga-Spiel auf B-Liga-Niveau, wirklich sehr ansehnlicher Fußball.“ Erneut bleibt es ruhig, Papke hat das Spielgeschehen im Blick und empfiehlt sich so weiter für höhere Aufgaben. Mittlerweile ist der gebürtige Osnabrücker in der Landesliga angekommen, der sechsthöchsten deutschen Spielklasse. Es ist die Liga der Kreis Klever Klubs SV Hönnepel-Niedermörmter und SGE Bedburg-Hau.

Dort aber war sein Einstand ruppiger. Der ASV Süchteln trifft im Dezember 2018 auf den VfR Fischeln, eine Spitzenmannschaft gegen eine krisengeschüttelte Elf mit klangvollem Namen. „Da ging es richtig zur Sache. Ich musste acht Gelbe Karten und eine Gelb-Rote verteilen. Hinterher war ich für alle Krefelder der Buhmann“, sagt Papke. Die Szenerie: Nach 90 Minuten steht es 1:1-Remis, in der Nachspielzeit trifft Krefeld-Fischeln zur Führung, Papke aber gibt das Tor nicht. Schließlich habe der Torhüter den Ball noch vor der Linie kontrolliert. Im Gegenzug zeigt er in der 96. Minute für den ASV Süchteln auf den Punkt, die Gäste treffen zum 2:1-Endstand. „Ich musste einige Beleidigungen einstecken. Doch aus solchen Spielen nimmt man eine Menge mit“, sagt er. Mittlerweile hat Papke sich in der Landesliga akklimatisiert – und denkt bereits an den nächsten Schritt. In dieser Saison möchte er sich mit guten Leistungen für die Liste derer bewerben, die im kommenden Jahr unter Beobachtung gestellt werden. Überzeugt er dann, hat er die Chance, in die Oberliga aufzusteigen. „Natürlich will ich dahin. Aber je höher man kommt, desto schwieriger wird es, aufzusteigen. Immerhin ist die Zahl der Schiedsrichter pro Spielklasse begrenzt. Nur wenn Ältere ausscheiden, können junge Schiedsrichter nachrücken“, sagt Elias Papke.

Der Student träumt von einem Karriereweg, wie ihn Guido Winkmann und Martin Thomsen bestritten haben. Zwei Bundesliga-Schiedsrichter, die ihre ersten Spiele im Fußballkreis Kleve-Geldern pfiffen. „Natürlich sind sie Vorbilder für mich. Und wer weiß schon, ob es in einigen Jahren nicht den hauptberuflichen Schiedsrichter in Deutschland gibt? Das wäre sicherlich ein Traum“, sagt Papke. Bisher nämlich, so viel steht für ihn fest, ist das Schiedsrichter-Dasein kein lukratives. Zwar wurden die Aufwandsentschädigungen jüngst erhöht, auf den Mindestlohn kommt er dennoch selten. „Für eine Landesliga-Partie kriege ich 40 Euro. Ich gehe aber auch um 12.30 Uhr aus dem Haus und komme um 18.30 Uhr zurück. Fürs Geld macht man`s also wirklich nicht“, sagt Papke. Schiedsrichter sei man eben aus Leidenschaft. Und die Regelkunde habe es ihm angetan. Diese erklärt er Spielern, Trainern und Offiziellen gerne. Daher steht Elias Papke auch Rede und Antwort, wenn es um die Gretchen-Frage des deutschen Fußballs geht: den Video-Beweis. Bei dem Thema redet sich der Nachwuchsschiedsrichter im Redaktionsgespräch regelrecht in Rage: „Ich bin ein großer Befürworter des Videobeweises, da er grobe Fehlentscheidungen aus dem Spiel eliminiert. Schiedsrichter sind Menschen und machen Fehler. Dann ist es richtig, dass man mit technischen Mitteln Hilfestellung leistet. Daher sage ich den Leuten immer: Der Videobeweis ist zwar nicht perfekt, aber er steckt auch noch in den Kinderschuhen. Gebt ihm also Zeit.“

Aufrufe: 03.1.2020, 12:03 Uhr
RP / Maarten OversteegenAutor