Gonsenheim. „Beim SV Gonsenheim ticken die Uhren anders“, pflegte der langjährige Abteilungsleiter Frank Specht zu sagen. Kontinuität und ein großes Grundvertrauen in bewährte Handlungsträger zeichnen den notorischen Underdog der Fußball-Oberliga aus. Das ändert sich auch bei der aktuellen Flaute nicht. Sechs Liga-Pleiten am Stück brachten den Sturz in die Abstiegsränge mit sich, das Pokal-Aus kommt hinzu. Doch von Panik oder Aktionismus ist am Wildpark vor der Reise auf den Betzenberg zur U 23 des 1. FC Kaiserslautern (Samstag 15.30 Uhr) keine Spur.
Dass Trainer Babak Keyhanfar überhaupt nicht zur Disposition steht, ist eine pure Selbstverständlichkeit. „Was wir an Babak haben, das kann uns keiner bieten. Wir sind froh über jeden Tag, an dem wir ihn haben“, stellt Spechts Nachfolger Marvin Bylsma klar. Über diese Personalie zu diskutieren, ist für den Sportlichen Leiter „vollkommen inakzeptabel“. In Gonsenheim ticken die Uhren eben anders. Gleichwohl spricht Bylsma von einem „negativen Ausnahmezustand“. Nach einem ordentlichen Saisonstart gab es die Duelle mit den Großkalibern Trier, Wiesbach, Homburg und Pirmasens. Einen Punkt und kein Tor später standen die Gonsenheimer tabellarisch plötzlich unter Zugzwang, woran die äußerst junge Elf zu knabbern hatte.
Wobei bei den folgenden Niederlagen auch eine Menge Pech dabei war. „Die Analyse, woran es liegt, ist sehr schwierig“, gibt Bylsma zu. Die Stimmung und die Einstellung passen, die Mannschaft wirkt homogen, auch in Verbindung mit dem Umfeld. „Verein, Trainer und Spieler müssen an einem Strang ziehen“, sagt Bylsma – und macht deutlich, dass keinerlei Zweifel bestehen, dass dies auch so ist. Doch die Vielzahl junger Spieler „ist zum ersten Mal in so einer Situation“, betont der frühere Gonsenheimer Torwart, „irgendwann fängst du an, an dir zu zweifeln. Du rufst alles ab, machst ein gutes Spiel und verlierst trotzdem 0:1. Die Reaktion ist: An das glauben, was wir machen.“
Mentale Aufbauarbeit ist nötigEs ist also eine Menge mentaler Aufbauarbeit gefragt, bei der Keyhanfar sich der Unterstützung durch den Mannschaftsrat sicher sein kann. „Wir müssen unbedingt lernen, besser mit Rückschlägen umzugehen“, blickt der 32-Jährige auf die jüngste Partie gegen Idar-Oberstein (0:1), wo ein unberechtigter Elfmeter mit kopflosem Anrennen beantwortet wurde. Und mit Frustentladung, wie man bei Ibrahim Yilmaz’ Roter Karte sah. Der Stürmer wurde für ein Spiel gesperrt und fehlt daher in Kaiserslautern.
„Dort sind wir glasklarer Außenseiter“, betont Keyhanfar. Die Pfälzer haben sich mit zuletzt 26 von 30 möglichen Zählern auf Rang drei empor gewuchtet und kassierten in den jüngsten sechs Spielen nur ein Gegentor.