2024-04-19T07:32:36.736Z

Interview der Woche
Wechselt zur nächsten Saison in das Nachwuchsleistungszentrum des SV Darmstadt 98: Jugendtrainer Sebastian Schmitt vom SV Gonsenheim. F: Ig0rZh – stock.adobe
Wechselt zur nächsten Saison in das Nachwuchsleistungszentrum des SV Darmstadt 98: Jugendtrainer Sebastian Schmitt vom SV Gonsenheim. F: Ig0rZh – stock.adobe

"Ich werde alles der Trainer-Karriere unterordnen"

"Nachspielzeit" mit Sebastian Schmitt +++ Der Jugendtrainer des SV Gonsenheim über Siege, Vorbilder und seinen Wechsel in das NLZ des SV Darmstadt

Mainz. Vom Wildpark ins Nachwuchsleistungszentrum – Sebastian Schmitt, aktuell U16-Chefcoach und U19-Cotrainer des SV Gonsenheim, wechselt zur neuen Saison in den Junioren-Trainerstab des SV Darmstadt 98. Im Interview berichtet der 24-Jährige, wie er sich auf diesen Schritt vorbereitet, welche Vorbilder ihn auf seinem Weg begleitet haben – und wie der typische Sebi-Schmitt-Fußball aussehen würde.
Sebastian, es geht ins Nachwuchsleistungszentrum nach Darmstadt – wie kommt's? Durch meine Tätigkeit als Trainer der Gonsenheimer U16 kam es immer wieder dazu, dass ich mit Darmstadt 98 im Austausch stand. Im letzten halben Jahr habe ich dort hospitiert, dann hat es sich ergeben, dass eine Stelle im Leistungsbereich frei wurde. Und die Chance habe ich selbstverständlich wahrgenommen.
Was genau machst Du dann ab kommender Saison?
Ich werde als Co-Trainer in der U15 tätig sein und eventuell auch im Scouting-Bereich unterstützen. Ist es dann mit der Aktiven-Zeit endgültig vorbei? Aktiv Fußball spielen werde ich erst mal hinten anstellen. Ich werde alles der Trainer-Karriere unterordnen, definitiv. Ich bin ja im Winter zum Italclub Mainz gewechselt, zu meinem alten Förderer Thomas Eberhardt – als Alternative, nicht als Stammtorwart.
Du bist ja eigentlich noch in einem guten Fußballer-Alter. Wie kam der Schwenk zur Trainerkarriere?
Vor knapp sieben Jahren haben mich Bettina Stritter und Martina Schunk in Gonsenheim gefragt, ob ich eine Mannschaft übernehmen möchte. Ich hatte sofort einen Riesen-Spaß dabei, die Jungs weiterzuentwickeln, und habe gemerkt, dass es das ist, was mich erfüllt. Also habe ich den Weg eingeschlagen. Dem SV Gonsenheim habe ich den kompletten Weg als Trainer zu verdanken. Ich hatte hier viele Förderer, die mich immer unterstützt haben, insbesondere auch Vincenzo Carista. Auch meinen Jungs, dem 2002er Jahrgang, die ich nun schon im sechsten Jahr betreue, habe ich sehr viel zu verdanken. Sie geben mir immer wieder auch Kritik mit auf den Weg. Gerade die letzten drei Jahre waren sehr intensiv. Dazu war und ist die Zusammenarbeit mit meinem Trainerteam und vor allem meinem Co-Trainer Frederik Drechsler zu jeder Zeit super.
Was ist Dir als Trainer wichtig?
Dass die Jungs viel Spaß haben, dass sie auch bereit sind, sich weiterzuentwickeln, und dass ich ihnen dabei den Weg ebnen kann.
Welche Trainer sind Deine Vorbilder?
Ich halte sehr viel von Guardiola. Durch meine Nähe zu Mainz habe ich auch bei Jürgen Klopp viel mitgenommen, das ein oder andere Training miterlebt – von seiner Art und Weise, mit Spielern umzugehen, halte ich sehr viel. Den Weg eines Nagelsmann oder Tedesco zu gehen, wäre natürlich ein Traum. Von Babak Keyhanfar habe ich sehr viel mitgenommen, was den Umgang mit den Jungs angeht. Und Raffael Laghney, mein B-Jugend-Trainer in Gonsenheim, hat mir taktisch sehr viel mitgegeben. Uwe Laier hatte ich auch als Trainer, er gehörte eher zur alten Schule, hat immer viel Feuer reingebracht.
Wie hast Du Dich, von der Hospitation in Darmstadt abgesehen, noch als Trainer fortgebildet?
Ich habe bei Heinz-Jürgen Schlösser bei der Südwestauswahl hospitiert. Meine B-Lizenz ist ja schon ein bisschen her. Häufig besuche ich Trainingseinheiten in den Nachwuchsleistungszentren von Darmstadt, Mainz oder Wehen-Wiesbaden. Da kann man immer wieder was mitnehmen.
Fehlt Dir das gar nicht, selber zu spielen?
Manchmal juckt's im Fuß. Aber damit, einmal die Woche beim Italclub mitzutrainieren, bin ich zufrieden. Mit Fortuna Mombach vor 1000 Leuten eine Relegation zu spielen – das war schon geil. Es war eine Entscheidung für den Trainer, nicht gegen den Aktiven-Fußball.
Was machst Du denn beruflich?
Ich bin als Personaldienstleistungskaufmann angestellt und im Bereich Rekrutierung und Vertrieb tätig.
Aber der Traum ist Hauptberufs-Trainer.
Das wäre ein sehr großer Wunsch.
Gab es einen speziellen Moment, in dem Du gemerkt hast, dass das genau Dein Ding ist, oder war das eher ein schleichender Prozess? Als wir das erste Mal gegen ein NLZ gewonnen haben, in der U14, das war ein richtig geiles Gefühl. Das hat mir richtig was mitgegeben. Da habe ich gesehen, dass meine Art, Fußball spielen zu lassen, Erfolg bringen kann. Auch die vorige Saison in der C-Junioren-Regionalliga, all die Spiele gegen die Top-Vereine aus unserer Region, hat mich enorm bestärkt.
Wie sieht typische Sebi-Schmitt-Fußball aus?
Ich habe schon gern die Kontrolle über das Spiel, möchte aber auch sehr schnell in die Tiefe spielen, um im letzten Drittel des Feldes zielstrebig und kreativ Richtung Tor zu kommen. Ich gebe den Jungs einen gewissen Freiraum auf dem Feld. In unserer Offensive sollen sie immer wieder eigene Entscheidungen treffen. Ich erwarte von den Spielern, dass sie was Besonderes machen – sie kriegen sehr viele Freiheiten, um die individuelle Klasse zu zeigen.
Zuletzt schwappte häufiger die Diskussion auf, ob nicht der taktisch anspruchsvolle Konzeptfußball der NLZs die Kreativität der Spieler beschränkt. Viele Spiele sehen sehr mechanisch aus, der Typus Straßenfußballer geht ein Stück weit verloren...
Ich nehme es nicht ganz so extrem wahr. Klar, in einem NLZ sind einige Dinge vorgegeben. Aber in der Hospitation bei Darmstadt habe ich gemerkt, dass die Trainer und Spieler durchaus noch eigene Entscheidungen treffen. Die Jungs brauchen beispielsweise in der Bundesliga natürlich einen klaren Weg. Aber in Darmstadt wird das Training noch frei gestaltet, und die Individualisten werden gefördert – natürlich mit gewissen Rahmenbedingungen, was ich aber positiv finde. Denn im NLZ wird eine Vereinsphilosophie umgesetzt. Da ist es wichtig, dass eine klare Struktur da ist.
Deine Arbeit wird sich grundlegend ändern. Es ist mein Ziel, den nächsten Schritt zu gehen. Ich bin bereit, sehr viel zu investieren. Seit Jahren freue mich auf diese Chance.
Das Gespräch führte Torben Schröder.
Aufrufe: 08.3.2018, 17:00 Uhr
Torben SchröderAutor