2024-04-19T07:32:36.736Z

FuPa Portrait

"Die Disco reizt"

Der stellvertretende Kreisjugendwart Rainer König kritisiert die Mentalität in den höheren Jugendbereichen +++ Im Januar 2016 feiert er sein 50-jähriges Jubiläum

WIESBADEN. Mike Tyson erblickt das Licht der Welt, bei der Weltmeisterschaft fällt das berühmte Wembley-Tor und ein bei Duisburg aufgetauchter Wal wird später als "Moby Dick" Aufmerksamkeit erregen. 1966 - ein ereignisreiches Jahr auf allen Ebenen. Auch im Wiesbadener Jugendfußball markiert dieses Jahr den Beginn einer Ära. Der Ära von Rainer König, der seit diesem Jahr ununterbrochen im Wiesbadener Kreisjugendausschuss tätig ist. Und im Januar 2016 sein 50-jähriges Bestehen zelebrieren darf.

"Es war eine ziemlich turbulente Zeit, in der sich natürlich im Laufe der Generationen der Fußball sehr verändert hat", blickt Rainer König auf das Geschehen im und um den (Jugend-)fußball in Wiesbaden zurück. Dass der 1944 in Finsterwalde/Brandenburg geborene König überhaupt den Weg in die hessische Landeshauptstadt fand, hat er seinem Vater zu verdanken, der mit seiner Familie im Jahr 1957 nach Wiesbaden zog, und am hiesigen Flughafen in Erbenheim als Flugzeugingenieur arbeitete. Direkt in diesem Jahr trat König auch dem SV Erbenheim bei, dem er bis heute noch angehört. Von 1957 bis 1989 spielte er insgesamt 32 Jahre im Jugend-, Aktiven- und AH-Bereich für den Klub aus dem Ländchen. Und wirkte parallel schon auf allen weiteren Ebenen des Vereins mit. Von 1966 bis 1972 als Jugendleiter, von 1972 bis 1978 als Erster Vorsitzender und Trainer der ersten Mannschaft. Ferner verdingte er sich noch im Spielausschuss, als Schriftführer oder als Pressewart." Rainer ist ein Mann, der seinen Job wirklich ernst nimmt", adelte ihn die mittlerweile verstorbene Legende Heinz Przybilla einst, dessen Vertreter König einst mal war.

Vereinsleben verändert

"Heinz war es auch, der mich 1966 dazu bewegt hat, in den Kreisjugendausschuss einzutreten", erinnert sich König. Przybilla hatte das Amt des Kreisjugendwartes inne, König agierte als sein Stellvertreter. Genau wie bei Przybillas Nachfolgern Dieter Zorn und José Atanasio, der ja vor kurzem seinen Rücktritt bekanntgab. "Als ich angefangen habe, war der Jugendfußball bei Weitem nicht so groß wie er heute ist", meint König. Erst ab der C-Jugend hätte der damalige Fußball offiziell begonnen. "Mittlerweile geht das ja schon mit vier Jahren los", sagt König, der allerdings in den letzten 15 Jahren auch eine negative Tendenz ausgemacht hat, gerade was die älteren Jahrgänge angeht: "Man kann doch keine B- oder A-Jugend-Spiele sonntag morgens mehr ansetzen - die Disco reizt da am Wochenende einfach zu sehr." Außerdem seien die steigende Technologie sowie die Belastung durch Schule oder Ausbildung "nicht gut für das gescheite Vereinsleben". Indikator hierfür sei die in Kreisliga-Sphären allseits bekannte und häufig konsumierte "Kiste Bier, die in die Kabine gestellt wird und hinterher noch zu 80 Prozent voll ist", klagt König. Nichtsdestotrotz stelle der Wiesbadener Fußballkreis mit insgesamt 320 Teams eine äußerst positive Anzahl an Jugendteams aller Altersklassen. Und leistet bei einem Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund von 70 bis 80 Prozent tolle Arbeit, was das kulturelle Zusammenleben angeht. "Früher gab es das noch nicht. Doch ohne diese kulturelle Vielfalt gäbe es doch heutzutage noch vielleicht zehn Aktivenmannschaften in Wiesbaden", meint König.

Ende absehbar

Die Freizeit neben seinem Ehrenamt verbringt König am liebsten beim Wandern. Gemeinsam mit seiner Frau Gitta geht es jedes Jahr in die Berge, bevorzugt nach Garmisch-Partenkirchen, wo Königs auch Stammgäste bei der Vier-Schanzen-Tournee sind. An seine Zukunft hat der mittlerweile 70-jährige - mit zahlreichen Auszeichnung des Landessportbundes, Fußballverbandes oder der Stadt Wiesbaden hochdekoriert - aber auch schon gedacht. "Ein, zwei Amtsperioden kann ich mir noch vorstellen, mitzumachen, danach wird wohl Schluss sein", gibt König zu. Doch schon jetzt hat sich sowohl die Dauer als auch sein Schaffen in 50 Jahren Kreisjugendausschuss in Wiesbaden eingeprägt. Und wird es auch in den kommenden Jahren noch tun.


Aufrufe: 017.7.2015, 05:00 Uhr
Philipp DurilloAutor