2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait

Abschied vom Straßenfußballer Jochen Pape

Landesliga: Im Heimspiel gegen Eidinghausen-Werste sollte Jochen Pape seine letzte Partie für die Spvg. Steinhagen bestreiten. Doch Trainer Daniel Keller verzichtet am Sonntag freiwillig auf seinen kreativsten Kicker

In der Begegnung in Tengern sah Pape vor einer Woche zum zehnten Mal in dieser Saison eine gelbe Karte. Eigentlich ein klarer Fall: Das bedeutet ein Spiel Sperre. Doch weil der Schiedsrichter vergaß, die Verwarnung einzutragen, hätte Pape in der letzten Partie der Steinhagener am Sonntag gegen die SV Eidinghausen-Werste trotzdem auf dem Feld seinen Abschied geben können. Dieses Schlupfloch mögen die Steinhagener aber nicht nutzen, aus Gründen der Fairness verzichten sie auf einen Einsatz.

SpVg. Steinhagen - SV Eidinghausen Werste (So 15:00)
Pape wird die Spvg. nach der Saison aus persönlichen Gründen verlassen und wohl zu C-Ligist Cosmos Bielefeld wechseln. Dass seine Zeit am Cronsbach nach fünf erfolgreichen Jahren nun recht abrupt endete, ist ein wenig tragisch, zugleich aber symptomatisch für diesen Freigeist, der es meistens etwas anders macht als andere. Wie viele andere Kreative gibt es im Amateurfußball schon, die in einer Saison so häufig verwarnt werden?

Jochen Pape fällt in der siebten Liga auf, weil er vermeintlich gegensätzliche Stärken auf sich vereint: Seine größten Qualitäten hat er in der Offensive, und doch ist er – obwohl abseits des Platzes ein entspannter, eher ruhiger Zeitgenosse – im Spiel gegen den Ball sehr giftig. Siehe zehn gelbe Karten. Pape kann mit dem Ball fast alles und ist dennoch laufstark, körperlich robust und geschickt im Zweikampf, verfügt bei 30 Punktspiel-Treffern in fünf Jahren über einen ordentlichen Abschluss und setzt doch am liebsten den Mitspieler ein. Den Ball kann er hart und präzise schießen, genauso aber streicheln, chippen und wenn nötig auf irgendwie unerklärliche Weise weitermogeln.

Pape ist ein Straßenfußballer, ein Improvisationskünstler. „Ich habe es aufgegeben, ihm zu sagen, was er mit dem Ball tun soll“, sagt sein früherer Steinhagener Trainer Carsten Johanning und lacht dabei: „Jochen macht, was er für richtig hält.“ Johanning holte Pape 2012 vom FC Türk Sport Bielefeld an den Cronsbach. „Ich wollte ihn haben, weil er ein Spieler ist, der den Unterschied macht“, sagt der jetzige Coach des SC Enger. Sein Nachfolger drückt sich fast wortgleich aus. Daniel Keller bezeichnet den 31-Jährigen als „Unterschiedsspieler. Er ist einer, der dir Spiele gewinnt“.

Seine Klasse zeigt Pape vor allem, wenn es darauf ankommt. Er ist das Gegenteil eines Trainingsweltmeisters oder wie Johanning sagt: ein „Big-time-Player“. Keller drückt es so aus: „Jochen versteckt sich nie und will immer den Ball.“ Im Westfalenpokalspiel Anfang der Saison gegen den SC Paderborn wurde das besonders deutlich. Kein anderer Spvg.-Kicker genoss das Messen mit den Profis so sehr wie Pape. Bei Zweikämpfen mit seiner Beteiligung konnte der Beobachter bei der Frage, wer denn eigentlich Berufsfußballer und wer Amateur ist, schon mal durcheinander geraten. In jeder Situation war Pape anzumerken, wie sehr er den Wettkampf liebt.

Umso mehr vermissen die Steinhagener ihren Jochen nun. „Ich bin sehr traurig, dass er geht“, gesteht einer, der genau weiß, wie sehr er von Pape profitiert hat. Sebastian Herrmann, in der Jugend unter anderen für Borussia Dortmund am Ball und erfolgreichster Landesliga-Knipser der vergangenen Jahre, findet zum Abschied des kongenialen Kollegen starke Worte: „Jochen ist einer der uneigennützigsten Mitspieler, die ich hatte. Dadurch konnte ich so viele Treffer erzielen und wurde Torschützenkönig. 50 Prozent der Kanone gehören ihm.“

Aufrufe: 020.5.2017, 10:00 Uhr
Philipp KreutzerAutor