2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
Patrick Jahn kickt jetzt in Branitz. Foto: Sven Bock
Patrick Jahn kickt jetzt in Branitz. Foto: Sven Bock

Von der Bundes- in die Kreisliga

Ex-Energie-Spieler Patrick Jahn kickt jetzt für Eiche Branitz

1860 München, 1 FC. Nürnberg – und jetzt Blau-Gelb Gahry, Adler Klinge oder Blau-Weiß Spremberg: Die fußballerische Bandbreite ist bei Patrick Jahn groß. Der ehemalige Spieler von Energie Cottbus durfte schon Bundesligaluft schnuppern, aber kickt jetzt lieber für den SV Eiche Branitz in der Kreisliga.

Am 14.12.2008 schien für Patrick Jahn die Fußball-Karriere beendet. Für den Greifswalder SV absolvierte er sein letztes Spiel in der damaligen Oberliga Nord. Bei der „geilsten Truppe, die man sich vorstellen kann. Wir haben viel zusammen gemacht und das Team hatte eine super Moral“, sagt Jahn heute über seine Zeit in Mecklenburg-Vorpommern. Und doch gab es den plötzlichen Abschied – Jahn musste sich entscheiden, was er mit seinem weiteren Leben anfangen will.

Wie dem Branitzer geht es vielen jungen Fußballern, die von der großen Profikarriere träumen, aber in der Oberliga oder Regionalliga immer nur kurz vor dem Sprung stehen. „Die Oberliga ist die undankbarste Liga im deutschen Fußball. Die Spieler können schon gut spielen, aber nur wenige schaffen den Durchbruch. Sie ist das Nirwana im Fußball“, schätzt Jahn mittlerweile die Wertigkeit der Liga ein. Der Fußball bestimmt zwar mit teilweise fünf oder mehr Trainingseinheiten pro Woche zusätzlich zu den Spielen einen großen Teil des Lebens – es reicht aber zumeist finanziell nicht, um davon alleine leben zu können.



F: Bock

An diesem Punkt war auch Patrick Jahn angekommen. Dabei fing die Karriere vielversprechend an: In Berlin geboren, verbrachte er seine Jugendzeit im Nachwuchs von Union Berlin. Zwei Mal trug er in der U-Auswahl sogar das Trikot der Nationalmannschaft. Es folgte in der A-Jugend der Wechsel zum FC Energie Cottbus. Nach dem Abitur durfte er beim damaligen Trainer Eduard Geyer vortrainieren. Anschließend fuhr er mit nach Dubai ins Trainingslager und gehörte in der Rückrunde 2003 zum erweiterten Kader des FCE. Insgesamt acht Minuten durfte er gegen 1860 München und den 1. FC Nürnberg Bundesligaluft schnuppern. Eine langwierige Leisten-Verletzung warf ihn anschließend aber weit zurück. Anfang 2004 fühlte er sich wieder fit genug für den Profikader – Eduard Geyer bat ihn aber in die Kabine zum Gespräch und sagte ihm unmissverständlich, dass er nicht mehr mit ihm plant und er gehen könne. Warum? „Das müssen sie Ede Geyer fragen“, sagt Jahn. Er selbst kennt bis heute den Grund nicht.

Ähnliches wiederholte sich bei seiner folgenden Station: Bei Hansa Rostock gelang dem 31-Jährigen am Ende der Saison 2005/06 nach einer Verletztenmisere der Sprung vom Amateur- in den Profikader. Drei Zweitliga-Spiele absolvierte er unter Trainer Frank Pagelsdorf, unter anderem auch gegen seinen Ex-Club Cottbus. Jahn: „Danach habe ich ohne ein Wort des Trainers kein einziges Spiel mehr gemacht bei den Profis. Manchmal entscheidet nur ein kleines Quäntchen, ob der Coach dich geil findet und reinwirft.“ Im Winter 2007 wechselte Jahn zum Greifswalder SV. „Andreas Zachhuber hatte mich angerufen und gefragt, ob ich es mir nicht vorstellen könnte, beim SV zu spielen. Es hat mich gereizt, unter ihm zu trainieren. Und es ist immer schön, wenn der Coach dich anruft“, sagt Jahn. Sportlich lief es gut und auch finanziell lohnte es sich für ihn nach eigenen Angaben.

Ende 2008 gab es dazu noch weitere freudige Nachrichten: Seine Frau erwartete Zwillinge. Für Jahn ein einschneidender Moment: „Ich musste entscheiden, was ich machen will mit meinem Leben. Mit 25 hatte ich nur das Abitur in der Tasche und mehr noch nicht. Deswegen musste ich schauen, dass ich eine Ausbildung anfange. Mit Familie habe ich eine andere Verantwortung. Dafür habe ich die knallharte Entscheidung getroffen, sofort mit dem Fußball aufzuhören und alles auf den Job zu setzen.“



F: Bock

Inzwischen arbeitet er in Hoyerswerda in einem Rechenzentrum. In Branitz wächst das künftige Haus der Familie – und Anfang 2014 juckte es auch wieder in den Füßen bei Jahn. Seitdem ist er beim SV Eiche Branitz aktiv und schaffte mit dem Team am Saisonende ungeschlagen den Aufstieg in die Kreisliga. „Mehrere ehemalige Kollegen haben mich gefragt, ob ich nicht zum Beispiel in Laubsdorf oder Krieschow spielen möchte. Aber ich habe einfach keine Lust mehr auf die Fahrerei und wollte wenn nur noch in der Kreisliga mit kurzen Wegen spielen. In Branitz sind es keine 500 Meter bis zum Sportplatz.“ Dort freut sich auch Trainer Tom Pohland über den prominenten Neuzugang: „Er ist ein echter Glücksgriff. Die Ruhe und Abgeklärtheit hat die letzten Jahre gefehlt, seine Qualität färbt plötzlich auf alle Spieler ab. So eine Führungsfigur hat bislang in der Mannschaft gefehlt und er ist auch als Mensch ein super Typ.“ Dabei sieht sich Jahn selbst noch nicht als 100-prozentige Verstärkung: „Dass ich eine Mannschaft erwische, die so super ist, hätte ich nicht erwartet. Zum Aufstieg hätten sie mich nicht gebraucht. Ich habe fünf Jahre aktiv kein Fußball mehr gespielt. Man merkt zwar, dass man es noch nicht verlernt hat, aber läuferisch muss ich noch aufholen. Ich möchte nicht um jeden Preis jedes Spiel gewinnen, aber vielleicht kann ich in Zukunft mithelfen, dass sich der ein oder andere Spieler noch verbessert“, sagt Jahn über seine künftigen Ziele mit Eiche.
Aufrufe: 028.8.2014, 11:00 Uhr
Sven BockAutor