2024-05-08T14:46:11.570Z

FuPa Portrait
Enrico Maaßen verbietet vor dem Spiel in Ottersberg jedes Unterschätzen des Gegners. Foto Berlin
Enrico Maaßen verbietet vor dem Spiel in Ottersberg jedes Unterschätzen des Gegners. Foto Berlin

Jeder Spieltag wird zum Ritual

D/A-Trainer Maaßen und seine Marotten

Sportler haben ihre Marotten. Der ehemalige Weltklasse-Trainer Udo Lattek liebte seinen legendären blauen Pullover. Ex-Nationalstürmer Carsten Jancker küsste nach Toren immer seinen Ehering. Gläubige Kicker fassen als erstes den Rasen an und bekreuzigen sich dann. Der Trainer des Fußball-Oberligisten SV Drochtersen/Assel, Enrico Maaßen, trägt bei Spielen immer die blauen D/A-Stutzen, musste sich mal eine Winterjacke borgen, trug wochenlang die gleichen Schuhe und hält im Abschlusstraining an Bewährtem fest, wenn die Mannschaft am Wochenende zuvor gewann.

Die Abläufe an einem Punktspielwochenende geraten bei Enrico Maaßen zu einem einzigen Ritual. Bereits am Vorabend eines Spiels geht der Drochterser Trainer die Aufstellung durch und beginnt die finale Mannschaftsbesprechung bereits im Geiste. Der erste Gang am Spieltag selbst führt Maaßen in den Besprechungsraum. Dort trifft er Co-Trainer Markus Zimmermann und beklebt akribisch die Taktiktafel. Seine letzte Frage, bevor die Spieler kommen, gilt dem Co-Trainer. Der bestätigt in der Regel, dass Maaßen mit seiner Marschroute richtig liegt.

Spielen die Drochterser im eigenen Stadion, macht sich Maaßen vor dem Spiel auf den Weg ins Vereinshaus. Maaßen isst immer eine halbe Brezel und trinkt immer einen Becher Kaffee dazu. „Das ist das einzige, was ich an diesem Tag bis zum Spiel esse“, sagt Maaßen.

Seine Marotten sind harmlos im Gegensatz dazu, was sich aktuelle oder ehemalige Sportprofis leisten. Die Tennisspielerin Justine Henin-Hardenne achtete angeblich tunlichst darauf, zwischen den Ballwechseln keine weiße Linie zu betreten. Der Fußballer Wayne Rooney kann laut Zeitungsberichten nur einschlafen, wenn ein Fön läuft. Der Tennisspieler Nicolas Kiefer brauchte vor den Spielen angeblich immer eine Tafel Schokolade. Boris Becker band sich seine Schuhe immer erst auf dem Platz.

Freitagstermine beim Frisör verschiebt Enrico Maaßen, wenn danach ein Spiel ansteht. Der 31-Jährige lebt nach dem Motto „wer rasiert, verliert“. Deshalb gibt es Maaßen an der Seitenlinie nur mit Drei-Tage-Bart. Bis zum 13. Spieltag zog sich Maaßen bewusst immer die silber-grünen Sportschuhe an. D/A feierte bis dahin eine beispiellose Erfolgsserie, gewann neun Begegnungen und spielte dreimal remis. Nach der 1:2-Niederlage gegen Egestorf am 25. Oktober hatten die silber-grünen Schuhe ausgedient.

Ausgedient hat vor einigen Wochen zudem eine Jacke. Maaßen verlegte seine alte Winterjacke und streifte sich bei einem Spiel kurzerhand eine andere über. Prompt verloren die Kehdinger ein Spiel. Als die Temperaturen beim nächsten Spieltag erneut sanken, wollte Maaßen partout nicht die Verlierer-Jacke anziehen. Er borgte sich eine von Torwart Christoffer Schellin – und D/A gewann wieder.

Kontinuität statt Marotte

Dass Maaßen im Laufe der Saison immer an seinem System und seiner Philosophie vom Fußball festhält, hat freilich weniger mit einer Marotte, vielmehr mit Kontinuität zu tun. Ihm ging es gehörig auf die Nerven, dass das bis dato erfolgreiche System kurz nach der 1:2-Hinspielniederlage vor einigen Wochen gegen den SC Spelle-Venhaus in Frage gestellt wurde. „Ich kann mich nicht wie eine Fahne in den Wind stellen“, sagt Maaßen. Damit verlöre er an Glaubwürdigkeit. Zumal das zu Saisonbeginn einstudierte und in der Folge verfeinerte System in 17 von 24 Spielen zum Sieg und in vier Fällen zu Unentschieden geführt hat und der Spielvereinigung die Tabellenführung bescherte. D/A stellt mit 62 Toren den besten Angriff und mit 23 Gegentoren nach Hildesheim die beste Abwehr der Liga. Die wesentliche Konsequenz, die Maaßen nach der Niederlage gegen Spelle für die folgende Woche zog, war härteres Training.

Vor der Partie gegen den TSV Ottersberg schaut Maaßen noch einmal in die Aufstellung des Hinspiels. Die Spieler haben beim 5:0-Sieg gut funktioniert. Die meisten Sieger von damals stehen ihm auch am Sonntag zur Verfügung. Maaßen honoriert zudem gute Trainingsleistungen und tauscht vielleicht auf der ein oder anderen Position den Kader von damals. Niemals eine erfolgreiche Mannschaft zu wechseln, sei seine Marotte nicht, sagt Maaßen.


TSV Ottersberg - SV Drochtersen/Assel (So 15:00)

Beim Tabellenvierzehnten TSV Ottersberg muss der Fußball-Oberligist SV Drochtersen/Assel am Sonntag ab 15 Uhr antreten. Die Kehdinger haben als Spitzenreiter und Aufstiegsaspirant Nummer eins sechs Punkte Vorsprung auf Verfolger Hildesheim. Das Hinspiel gegen Ottersberg war beim 5:0 eine klare Angelegenheit für D/A. Seine Spieler würden Ottersberg nicht unterschätzen, sagt der Drochterser Trainer Enrico Maaßen. Ottersberg müsste eine Serie starten, um dem Abstieg in die Landesliga noch zu entgehen. Seine Mannschaft werde gut vorbereitet in die Partie gehen. Jan Felix Anders hat sich den Fuß umgeknickt. Sein Einsatz ist fraglich.

Aufrufe: 017.4.2015, 11:38 Uhr
Tageblatt / Daniel BerlinAutor