2024-04-19T07:32:36.736Z

Relegation
Aus – der SV Bonlanden muss sich mit einer weiteren Saison in der Bezirksliga abfinden. Yavuz Dural
Aus – der SV Bonlanden muss sich mit einer weiteren Saison in der Bezirksliga abfinden. Yavuz Dural

SV Bonlanden: Dem Last-Minute-Jubel folgt der Elferfrust

Der SV Bonlanden spielt in der nächsten Saison weiter in der Bezirksliga

Der SV Bonlanden muss seine Pläne vom Landesliga-Wiederaufstieg für diese Saison endgültig begraben. In der ersten Relegationsrunde unterliegen die Filderstädter der zweiten Mannschaft des SSV Ulm mit 5:6 nach Elfmeterschießen.

Und Musik! Plötzlich dröhnte es aus dem Kabinentrakt. „Sugar“ von Robin Schulz. Wer den entsprechenden Knopf gedrückt hatte, ob einer der Sieger oder der Verlierer, blieb ungeklärt. Sicher ist: es war eine gute Idee. Denn so waren die Frustbekundungen und Flüche der Spieler des SV Bonlanden nicht mehr so einfach nach Draußen zu hören.

Seit dem späten Mittwochabend ist es fix: Die Filderstädter haben ihr Ziel „Wiederaufstieg in die Landesliga“ für diese Saison endgültig verfehlt. Aus und raus. Nach dem zuvor knapp verpassten Meistertitel in der Stuttgarter Bezirksliga sind nun auch auf dem zweiten möglichen Weg, der Relegation, die Hoffnungen geplatzt. Gleich in der ersten Runde war für die Mannschaft des Trainers Klaus Kämmerer Endstation. Das Ergebnis: ein 5:6 nach Elfmeterschießen gegen die Regionalliga-Reserve des SSV Ulm. „Die Enttäuschung ist groß“, sagt der Coach. Vor allem bei einem. Ausgerechnet der Teamälteste und damit Erfahrenste wurde im finalen Krimi zur tragischen Figur: Julian Schwarz scheiterte mit seinem Schuss am gegnerischen Keeper. Da alle neun anderen Schützen trafen, bedeutete dies die Entscheidung.

Fünftes bitteres Ende in sechs Jahren

So also setzt sich die Bonlandener Leidenszeit fort. Von den vergangenen sechs Spieljahren ist es das fünfte, das im Stimmungstief endet. Drei Abstiege, dazu nun ein zweiter knapp missratener Rückkehrversuch (das erste Mal 2015 als Dritter der Landesliga). Trotz einer beeindruckenden Serie von seit Oktober 27 Pflichtspielen ohne Niederlage stehen die Schwarz-Weißen mit leeren Händen da. Freilich: so unglücklich es generell ist, im Elfmeterschießen zu verlieren, so sehr gilt es einzuräumen, dass das aktuelle Resultat vom Gesamtgeschehen her in Ordnung ging. Den eigenen Erfolgsanspruch mit einem entsprechenden Auftritt auf dem Rasen zu untermauern, das hat die Mannschaft just beim jetzigen Showdown nicht geschafft.

Spieltempo, Kreativität, vor allem aber auch Mut und Entschlossenheit – das waren die Attribute, die vor rund 600 Zuschauern in Erbach über weite Strecken fehlten. Die einzige Ausnahme: Marcel Stannull. Der 24-Jährige avancierte mit seinen Dribblings quasi zum frischen Wind in einer ansonsten stehenden Bonlandener Luft, was in der Summe aber ein bisschen wenig war. „Die unbedingte Überzeugung: wir machen das, die habe ich etwas vermisst“, sagt Kämmerer. Insbesondere in der ersten Halbzeit, so seine Beobachtung, „waren wir nicht giftig genug“. Und in der zweiten kamen dann noch zwei erschwerende Komponenten hinzu. Stichwort schwindende Kräfte. Stichwort K.o.-Charakter der Partie. Je länger jene dauerte, desto mehr setzte sich beiderseits die Furcht, viel verlieren zu können, gegen die Risikobereitschaft zum Gewinnen durch. Eigentlich paradox: gerade jene zwei Teams, die während der Punkterunde noch ihr exorbitanter Torhunger ausgezeichnet hatte, lieferten sich zunehmend einen zähen Stellungskampf.

Keeper Müller verhindert Rückstand

Torchancen? Keine Frage: die Ulmer hatten in diesem Generationenduell (Startelf-Durchschnittsalter: 22,4:27,5 Jahre) mehr und die besseren. Dass es nach 45 Minuten noch 0:0 stand, dafür durften sich Kämmerer und die Seinen in erster Linie bei ihrem Torhüter Dustin Müller bedanken. Er war derjenige, der gegen die flinken Spitzen Alexander Cvijanovic und Janik Michel einen Rückstand verhinderte.

Demgegenüber ward es gegen einen auch in der Verteidigung gut sortierten Gegner dünn. Außer einem Schuss Rüchan Pehlivans übers Tor gab es nichts Hochkarätiges zu notieren (45.). Die personelle Überraschung des Abends verpuffte derweil im Nichts. Entgegen der Ankündigungen stand der Torjäger Nico Presthofer doch im Bonlandener Aufgebot. Er hatte sich von seinem Seminar in Frankfurt kurzfristig losgeeist. Allein: im Nachhinein betrachtet, hätte es kaum einen Unterschied gemacht, hätte Pesthofer, der Platzwart oder Lieschen Müller im Angriff der Filder­städter agiert. Mangels tauglicher Zuspiele lief das Spiel am frisch gebackenen Schützenkönig komplett vorbei.

Später Ausgleich durch Mane Awad

Die Treffer, die erzielten schließlich andere. Und sie fielen, als schon keiner mehr damit rechnete – beide in der Verlängerung, beide durch Einwechselspieler. Erst für Ulm durch Johannes Bußhardt, der sich mit energischem Körpereinsatz gegen Sebastian Liebenstein durchsetzte. Als Liebenstein reklamierend auf dem Hosenboden saß, vollstreckte sein Kontrahent per Flachschuss. Darauf für Bonlanden durch Daifallah Mane Awad in letzter Minute. Die Nachspielzeit lief bereits, als der Iraker nach einer Flanke von Steffen Günther per Kopf zum umjubelten Ausgleich traf.

Doch wie gesagt: die Freude währte nur kurz. Dann Elferschießen. Dann doch das Aus. Und dann doch die bittere Gewissheit, dass es auch in der nächsten Saison nur in der Bezirksliga weiter gehen wird.

Dass zuvor, am kommenden Donnerstag, noch das Bezirkspokalendspiel 2016/2017 auf dem Terminplan steht? Dass aus einer direkten Flucht in die Sommerpause also nichts wird? Kämmerer sieht es so: „Da können wir jetzt noch einen Titel holen. Den wollen wir.“ Auch wenn er allenfalls ein kleines Trostpflaster wäre. Das ließen die Mienen seiner zuletzt wortkarg in Richtung Bus hastenden Spieler erahnen.

Ohne Musik. Wer hatte eigentlich zwischendurch dieses blöde Gute-Laune-Gedudel im Hintergrund aufgedreht!?

SSV Ulm 1846 II:
Quiceno – Hain, Spann, Lacic, Evens – Malheiro Araujo (120. Hanisch), Grimm, Hörmann, Dzanic (95. Saric) – Cvijanovic (103. Bußhardt), Michel (64. Oberkirsch).

SV Bonlanden:
Müller – Liebenstein, Ried, Taubald, Baradel – Adam (114. Krämer) – Pottmeyer (84. Julian Schwarz), Stannull, Maximilian Schwarz, Pehlivan (107. Günther) – Presthofer (114. Mane Awad).

Tore:

1:0 Bußhardt (110.), 1:1 Mane Awad (120.+2)

Elfmeterschießen:
Julian Schwarz scheitert an Quiceno, 2:1 Spann, 2:2 Mane Awad, 3:2 Hain, 3:3 Maximilian Schwarz, 4:3 Bußhardt, 4:4 Stannull, 5:4 Lacic, 5:5 Ried, 6:5 Saric

Aufrufe: 09.6.2017, 10:50 Uhr
Filder-Zeitung / Franz StettmerAutor