2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: Uwe Klein

Saisonstart in Gefahr

Noch ist unklar, ob die Bezirksliga und weitere Klassen am Sonntag in die neue Saison starten

Auch wenige Tage vor Beginn der neuen Spielzeit im Amateurfußball ist der Rechtsstreit um
die Ligazugehörigkeit nicht beendet. Jetzt sorgt der Antrag auf eine einstweilige Verfügung für neuen Zündstoff

Genau 441 Tage hat der 1. FC Niederkassel auf diesen Moment gewartet: Nach der enttäuschenden Abstiegssaison 2018 steht für die Mannschaft von Trainer Sven Rasch am Sonntag das erste Saisonspiel nach der viel umjubelten Rückkehr in die Bezirksliga 2 auf dem Programm. Auf dem Niederkasseler Sportplatz ist der SSV Bornheim zu Gast.

Ob es am Sonntag zum ersehnten Saisonstart kommt, ist allerdings fraglich. Denn beim Fußballverband Mittelrhein (FVM) ist eine einstweilige Verfügung eingegangen. Demnach will der FSV Neunkirchen-Seelscheid den für Sonntag anberaumten Spieltag der Bezirksliga komplett verschieben lassen. Aus Sicht des FSV ist nicht vollends geklärt, ob die Bezirksliga mit 16 oder mit 17 Mannschaften spielen soll.

Hintergrund der Aufstockung ist ein vorausgegangener Verhandlungsmarathon, bei dem es um das Duell zwischen den Sportfreunden Ippendorf und dem SV Beuel 06 der Bonner Kreisliga A ging. Wie berichtet, hatten die Ippendorfer bei dem 2:1-Sieg einen Spieler eingesetzt, der wegen einer zwei Spieltage zuvor ausgesprochenen Roten Karte nicht spielberechtigt war. Zum Zeitpunkt des Spiels lag allerdings ein Urteil des Bonner Kreissportgerichts vor, das den Einsatz des Akteurs fälschlicherweise erlaubte. Beuel legte Einspruch ein, daraufhin reihte sich eine Verhandlung an die nächste. Am Ende urteilte das Präsidium des Verbandes Mittelrhein, dass die Bezirksliga aufgestockt wird und das Kreisgericht Köln ordnete ein Wiederholungsspiel zwischen Ippendorf und Beuel an. Ippendorf trat nicht an, Beuel siegte per Wertung und steht damit als 16. Team in der Bezirksliga.

„Meiner Meinung nach ist die Entscheidung der Aufstockung nicht für wirksam erklärt worden“, sagt der 1. Vorsitzende des FSV Neunkirchen-Seelscheid Norbert Schneider. „Erst auf Hinweis wurde sie noch schnell für wirksam erklärt. Außerdem ist eine Aufstockung nicht einfach so zulässig. Zudem haben drei Vereine Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt.“

Einspruch unter anderem, weil so die Heimspieltage der Vereine mit mehreren Teams „zerpflückt“ würden. „Wir haben alleine zehn Spieltage, an denen unsere erste Mannschaft dann nicht parallel zur Zweiten spielen würde. Das sind finanzielle Einbußen für uns“, sagt Schneider. Ein Einwand, den auch Marc Pfister vom 1. FC Niederkassel versteht. „Natürlich ist das ärgerlich und kann nicht sein“, sagt er. „Den FSV und den SC Uckerath trifft es da schon besonders hart.“

Ausgerechnet der durch das Urteil erst aufgestiegene 1. FC Niederkassel hatte bei der Erstellung des neuen Spielplans Glück. Die Heimspiele der Mannschaften werden meistens am gleichen Spieltag ausgetragen und auch die Spiele unter der Woche halten sich im Rahmen. „Das ist natürlich ärgerlich und hat so gesehen ein kleines Geschmäckle. Aber wir können ja nichts für die Planung und sind außerdem jederzeit bereit, Spiele zu verlegen“, sagt Pfister. „Wenn diese ganze Farce doch früher verhandelt worden wäre, hätten wir die Problematik jetzt nicht.“

Ob das Verbandsgericht dem Einspruch und/oder der einstweiligen Verfügung stattgibt, ist fraglich. „Ich kann das ehrlich gesagt nicht mehr einschätzen“, sagt Schneider. „Aber wenn wir am Sonntag spielen, nehmen wir Verletzungen und Sperren in Kauf ohne zu wissen, ob dieses Spiel überhaupt gewertet wird.“ Besonders brisant: Die Entscheidung hat auch Auswirkung auf die Kreisligen. So sind von der Aufstiegsregelung auch der SSV Kaldauen (A-Liga) und Adler Meindorf (B-Liga) betroffen. Sollte deren Aufstieg revidiert werden, wären die Spielpläne in A-Klasse, beiden B-Klassen und einer C-Klasse nichtig. „Ich kann nicht nachvollziehen, warum der Verband die Einspruchsfrist auf einen Termin nach dem ersten Spieltag anberaumt hat“, erklärt Schneider. „So kann der erste Spieltag nicht stattfinden.“

Die Mannschaften bereiten sich wie gewohnt auf den ersten Spieltag am Sonntag vor. Nicht nur im Kreis Sieg. „Ich wüsste nicht, warum nicht gespielt werden sollte“, sagt der Vorsitzende des Kreises Bonn Jürgen Bachmann. „Beuel hat die Wertung aus der Partie gegen Ippendorf erhalten und der Verband hat die Liga aufgestockt.“ Doch auch in Bonn regt sich Widerstand. Die Sportfreunde Ippendorf haben eine Nichtzulassungs-Beschwerde eingereicht. Das Bezirksgericht I hatte eine Revision abgelehnt, das halten die Sportfreunde für falsch. „Wir sehen uns da schon ein wenig in der Pflicht, dass so etwas nicht nochmal passiert“, sagt Sebastian Grohs, 1. Vorsitzender der Sportfreunde. „Wir brauchen endlich ein Endurteil, das auch für die Zukunft gilt.“

In Niederkassel bereitet man sich nun auf das erste Heimspiel in der Bezirksliga vor. Aber: „Wenn es nicht alles so unglaublich traurig wäre, wäre es fast schon wieder zum Lachen“, sagt Pfister.


Was bisher geschah

28. April: Ein Spieler des Bonner A-Kreisligisten Sportfreunde Ippendorf sieht in der Partie gegen VTA Bonn wegen einer Beleidigung eine Rote Karte.

1. Mai: Obwohl noch kein Urteil gefällt worden ist, verzichten die Ippendorfer vorsorglich auf den Einsatz des Spielers in der Partie gegen den SC Altendorf-Ersdorf.

3. Mai: Das Bonner Kreissportgericht (KSG) entscheidet: Der Spieler erhält eine Ein-Spiel-Sperre. Da er gegen Altendorf-Ersdorf nicht gespielt hat, wertet das Gericht die Sperre als verbüßt.

5. Mai: Im Topspiel gegen den SV Beuel 06 setzen die Sportfreunde den Spieler ein. Ippendorf gewinnt die Partie mit 2:1.

7. Mai: Beuel legt Einspruch gegen die Wertung des Spiels in Ippendorf ein. Begründung: Die Sperre hätte länger ausfallen müssen, weil es sich bei dem Spieler um einen Wiederholungstäter handele. Schon zuvor in der Saison hatte er eine Rote Karte gesehen.

5./6. Juli: Da sich das KSG Bonn in dem Fall für befangen erklärt, landet das Verfahren in Köln. Die dortigen Richter entscheiden, dass das Bonner Urteil Rechtsfehler aufweist und der Spieler nicht hätte spielen dürfen. Der 1. FC Niederkassel, für den am Ausgang des Verfahrens der Aufstieg in die Bezirksliga hängt, legt Berufung gegen das Kölner Urteil ein.

11. Juli: Das Bezirkssportgericht I weist die Berufung zurück und bestätigt das Kölner Urteil. Niederkassel geht in Revision.

16. Juli: Niederkassel stellt einen Antrag an den Verband, die zweite Bezirksligastaffel auf 17 Mannschaften aufzustocken.

2. August: Das Verbandssportgericht erklärt die Revision des 1. FC Niederkassel und des FC Adler Meindorf (ebenfalls wegen Aufstiegs betroffen) für unzulässig, weil beide Vereine nicht unmittelbar am Ursprungsverfahren beteiligt waren. Allerdings verweist das Gericht auch darauf, dass das Bonner Urteil kein Scheinurteil sei und eine erstinstanzliche Entscheidung innerhalb einer automatischen Sperre diese Sperre beende.

8. August: Das Kölner Kreissportgericht urteilt, dass es zwischen Ippendorf und Beuel zu einem Wiederholungsspiel kommen muss. Zudem sprechen die Richter die Sportfreunde wegen des Einsatzes des Spielers von einem zurechenbaren Verschulden frei. Niederkassel, Meindorf und Kaldauen legen dagegen Rechtsmittel ein.

14. August: Das Präsidium des Fußballverbandes Mittelrhein gibt dem Antrag der Niederkasseler statt: Die zweite Bezirksligastaffel wird auf 17 Mannschaften aufgestockt. Einige Vereine, darunter der FSV Neunkirchen-Seelscheid, reichen daraufhin einen Antrag auf sportgerichtliche Entscheidung ein, weil sie eine Bezirksligastaffel mit 17 Teams ablehnen.

15. August: Das Bezirkssportgericht I bestätigt das Kölner Urteil, wonach es zu einem Wiederholungsspiel kommen muss. Dieses setzt der Bonner Fußballkreis für den 18. August an. Weitere Rechtsmittel gegen diese Entscheidung werden nicht zugelassen.

18. August: Ippendorf tritt nicht zum Wiederholungsspiel an. Die Partie wird mit drei Punkten und 2:0 Toren für Beuel gewertet.

19. August: Die Sportfreunde Ippendorf legen eine Nicht-Zulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bezirkssportgerichts ein, keine weiteren Rechtsmittel zuzulassen.

Aufrufe: 022.8.2019, 13:58 Uhr
General-Anzeiger Bonn/Simon BartschAutor