2024-03-28T15:56:44.387Z

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(Fast) alles gut: Für Arno Heger ist der Bezirk Freiburg in Sachen Gewalt nicht verhaltensauffällig.  Foto: Seeger
(Fast) alles gut: Für Arno Heger ist der Bezirk Freiburg in Sachen Gewalt nicht verhaltensauffällig. Foto: Seeger

Arno Heger: "Gewaltproblem im Bezirk Freiburg ist minimal"

Interview mit dem Bezirksvorsitzenden über Attacken auf Schiedsrichter, das Termin-Hick-Hack mit dem Verband und persönliche Rückschläge

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Der plötzliche Tod seines Freundes, Arbeitskollegen und Sportrichters Roland Beckert, das Gezerre mit dem Südbadischen Fußballverband um den Finaltermin im Pokal, und das Gewaltproblem, das in einen Angriff gegen den Schiedsrichter nach einem Bezirksligaspiel gipfelte – Arno Heger war als Vorsitzender des Fußballbezirks Freiburg auch im vergangenen Jahr weit von einem Grüßaugust und Frühstücksdirektor entfernt. Vor dem Bezirkstag am Samstag (10.30 Uhr, Neumattenhalle Mundingen) sprach Matthias Kaufhold mit Heger über die Herausforderungen einer Führungskraft im Basislager von Deutschlands liebster Sportart.

Die wichtigste Frage vorneweg: Werden Sie am Samstag für eine fünfte Amtszeit als Bezirkschef bereit stehen?
Heger: Wenn mich jemand vorschlägt, kandidiere ich gerne mit großer Freude für zwei weitere Jahre als Vorsitzender.

Vor zwei Jahren haben Sie bis zum Schluss gezögert, sich wiederwählen zu lassen. Die Arbeit auf südbadischer Verbandsebene hatte sie enttäuscht. Hat sich hier etwas geändert?
Heger: Primär bin ich ja Bezirksvorsitzender, hier läuft es gut, die Arbeit macht richtig Spaß. Auf Verbandsebene hat man sich arrangiert. Man geht jetzt auf einer sachlichen Ebene anständig miteinander um. Natürlich gibt es in einem Gremium mit über 20 Leuten immer unterschiedliche Meinungen, aber im Sinne des Fußballs finden sich zumeist Lösungen.

War das abgelaufene Jahr vielleicht das schwierigste Ihrer Laufbahn?
Heger: Das würde ich so nicht sagen. Es ist ja nicht unsere Aufgabe, auf einem Vereinsfest ein Schorle zu trinken und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Wir werden gewählt, um Problemen zu begegnen und Lösungen zu finden. Das empfinde ich nicht als schwierig. Und sportlich verlief das Jahr aus Bezirkssicht sehr gut: Der SC Freiburg überzeugte in der Bundesliga bei Männern und Frauen mit hervorragenden Platzierungen, der Bahlinger SC hielt sich gut in der Oberliga, der Freiburger FC scheiterte nur knapp am Oberliga-Aufstieg. Persönlich war es natürlich ein schwieriges Jahr. Der Tod von Roland hat mich stark getroffen. Er war ein Freund, ein fairer Sportsmann. Er ist ein großer Verlust im Bezirk, auch als Vorsitzender des FC Wolfenweiler.

Bezirkstag am Samstag könnte gleich zwei neue Sportrichter wählen

Wie wollen Sie die Lücke, die Roland Beckert hinterlassen hat, schließen?
Heger: Voraussichtlich werden wir zwei neue Sportrichter wählen. Der eine ist Max Rauwolf, bisher Sportrichter für die Jugend, der andere Claudio La Malfa, Aktiver beim SV Mundingen. Beide sind juristisch ausgebildet. Rauwolf arbeitet für die Rechtsabteilung eines Energieunternehmens, La Malfa ist Rechtsanwalt in Emmendingen.

Warum gleich zwei Neue?
Heger: Für Reinhold Hege schlage ich nach seiner langjährigen Tätigkeit als Sportrichter einen Nachfolger vor. Ich will das Thema jetzt nicht vertiefen, sondern gegebenenfalls auf dem Bezirkstag was dazu sagen.

Dass der Bezirk Freiburg mit seinem Pokalfinale auf dem Himmelfahrtstag beharrte, obwohl hier der Finaltag der Amateure mit dem südbadischen Pokalendspiel lief, haben außerhalb von Freiburg nicht viele verstanden. Räumen Sie hier im Nachgang einen Fehler ein?
Heger: Warum? Der Bezirk Bodensee hatte am gleichen Tag sein Pokalendspiel, im Bezirk Hochrhein gab es am gleichen Tag Pokalspiele und obendrein die Verbandspokalendspiele der Jugend. Das hat nie einen interessiert, nur im Bezirk Freiburg wird das hochgekocht. Ich bin überzeugt, dass wir keinen einzigen Zuschauer für unser Bezirkspokalfinale in Heitersheim verloren haben, weil er zeitgleich beim Verbandsfinale in Villingen war. Bei keinem anderen Endspiel in Südbaden waren über 2200 Zuschauer, nur bei uns. Das zeigt, dass es die richtige Entscheidung war, an unserem traditionellen Endspieltag festzuhalten.

Läuft es 2018 auf eine erneute Terminkollision zu?
Heger: Nein, da scheint alles in trockenen Tüchern. Die ARD und die Verbände haben uns für den Finaltag der Amateure in der kommenden Saison das Pfingstwochenende genannt. Dann können wir an unserem angestammten Termin an Christi Himmelfahrt bleiben.

Wie groß ist das Gewaltproblem bei Spielen im Bezirk Freiburg?
Heger: Das Gewaltproblem ist minimal. Im Bezirk Freiburg gab es in der abgelaufenen Spielzeit inklusive der Jugend etwa 20 000 Spiele, davon wurden 15 abgebrochen, sechs davon wegen tätlicher Angriffe auf Schiedsrichter. Wir bewegen uns hier also im Promillebereich. Im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland geht es uns wirklich gut, wir haben nur wenig Vorfälle. Aber es bleibt die Tendenz, dass der Umgangston auf dem Platz rauer wird.

Heger: Schiedsrichter nutzten Vorfall, um sich zu profilieren

Wurde bei dem tätlichen Angriff gegen den Schiedsrichter durch einen Spieler des SV Ballrechten-Dottingen nicht eine Grenze überschritten?
Heger: Der Vorfall war in der Tat bedenklich. Dass es dazu einen relativ gut geführten Verein wie den SV Ballrechten-Dottingen trifft, ärgert mich doppelt. Der Angriff an sich verlief Gott sei dank nicht so schlimm, es war wohl eine etwas stärkere Ohrfeige. Nicht schön, aber dass einige Schiedsrichter den Vorfall auf ihrer Hauptversammlung nutzen wollten, um sich zu profilieren und drakonische Maßnahmen zu fordern, ist auch nicht gut. Wir haben es immer so gehalten, erst den Sachverhalt aufzuarbeiten, alle Beteiligten anzuhören und dann eine saubere und angemessene Lösung zu finden.

2013 hat der Bezirk Freiburg die Initiative „Gewalt gehört ins Abseits“ ins Leben gerufen. Das Projekt scheint nichts bewirkt zu haben, denn unter den Vereinen, die in diesem Jahr negativ auffielen, waren auch welche aus dem Pilotprojekt.
Heger: In den Vereinen hängt alles von den handelnden Personen ab. Wenn es da im Vorstand einen Wechsel gibt, wird es schwierig, solche Dinge weiterzutreiben. Außerdem wird man auch in einem Verein mit aktiver Gewaltprävention es nie ausschließen können, dass irgendwann mal einer durchdreht. Das Projekt leidet eher darunter, dass es zu kostenintensiv ist.

Was ist so teuer daran?
Heger: Die Ausbildung zum Fairplay-Lotsen findet von Freitag bis Sonntag mit Experten von der Polizei in Saig statt. Wir brauchen einfach so viel Zeit, es müssen rechtliche Grundlagen und die Grenzen von erlaubter und nicht erlaubter Aggressivität geklärt werden. Die Körpersprache wird mit Übungen geschult. Bei 30 Leuten mit jeweils zwei Übernachtungen kommt da schnell ein satter Betrag zusammen.

Wie kann man der Initiative wieder neues Leben einhauchen?
Heger: Wir wollen bei einem Leuchtturmspiel zum Saisonbeginn die Fairplaylotsen unserer sechs Pilotvereine mal vorstellen. Im Spätherbst gibt es weitere Ausbildungen, daneben werden Schiedsrichter extra geschult, und wir begeben uns auf Sponsorensuche bei Unternehmen wie Sparkassen oder Versicherungen. Wäre schön, wir könnten da neue Partner finden. Später wollen wir dann weitere Vereine für das Projekt gewinnen.


Zur Person: Arno Heger, 46, leitet den Bezirk Freiburg seit 2009. Der ehemalige Schiedsrichter ist Rechtsanwalt und wohnt in March-Hugstetten.










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Aufrufe: 014.7.2017, 06:00 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor