2024-05-08T14:46:11.570Z

Querpass
F: Bock
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Kopfnuss-Urteil sorgt für Kritik

Linienrichter kassiert Sperre bis 24. Februar und 150 Euro Geldstrafe wegen Tätlichkeit gegen Spieler

Es ist ein Fall mit Seltenheitswert, den das Sportgericht des Fußballkreises Oberhavel/Barnim am Montagabend verhandelte. Ein Linienrichter hatte einem Spieler eine Kopfnuss verpasst. Die Strafe - Sperre bis 24. Februar und 150 Euro - wird bereits heiß diskutiert.

Seit 1986 ist der Vorsitzende Detlef Rudolph nun schon im Sportgericht tätig. "Aber so einen Fall hatte ich noch nie", erklärt er. "Normalerweise ist es andersherum. Schiedsrichter werden von Spielern attackiert."

Es war der 6. November - 10. Spieltag in der Fußball Kreisliga Ost. Der BSV Blumberg empfing den SV Glienicke. Zeugen gaben zu Protokoll, es sei ein „ganz normales Spiel gewesen. Keine besondere Härte, keine besonderen Emotionen.

Es steht 1:1, die letzte Phase des Spiels ist angebrochen. Glienicke greift an, Steven Marks bekommt einen Pass von seinem Mitspieler, der ihn in eine gute Schussmöglichkeit vor dem gegnerischen Tor gebracht hätte, doch der 24-jährige Linienrichter Kevin Henck pfeift ab. Abseits.

Auch diese Situation wird von den Spielern nicht über Gebühr kommentiert. Kurz danach pfeift Schiedsrichter Rico Lemke die Partie ab. Das Schiedsrichtergespann verlässt gemeinsam das Spielfeld. Hinter ihnen mit in einem größeren Abstand die Glienicker Spieler Steven Marks und Marco Noack, die sich noch lautstark über die letzte strittige Abseitssituation unterhalten.

Alexandra Krüger, in Blumberg als Ordner eingeteilt, empfand die Situation aber nicht als provozierend für die Unparteiischen. "Die beiden Spieler haben sich eindeutig miteinander unterhalten, nicht in Richtung des Schiedsrichters. Herr Henck hätte einfach weiter mit den anderen beiden Schiris in die Kabine gehen können, dann wäre gar nichts passiert", ist sie überzeugt.

Henck entscheidet sich jedoch anders. Er dreht sich um und geht auf die beiden Spieler zu, will ihnen noch einmal erklären, warum er auf Abseits entschieden hatte. Doch die beiden Spieler wollen davon nichts hören. "Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht mit ihm darüber reden will, weil das Spiel sowieso zu Ende war. Und dass er wieder zu seinen Kollegen gehen soll", berichtete Steven Marks. Er und Marco Noack seien weiter gelaufen, Schiri Kevin Henck sei ihnen gefolgt und habe ihm dann von hinten in die Beine getreten.

"Ich habe mich umgedreht und ihn gefragt, warum er mir jetzt auch noch in die Hacken tritt. Wir standen Kopf an Kopf. Daraufhin hat er ausgeholt und seinen Kopf gegen meinen geschlagen", berichtet Steven Marks vor Gericht.

Kevin Henck schilderte die Situation etwas anders. Er selbst sei von hinten in die Beine getreten worden. Diese Version konnte allerdings keiner der Zeugen bestätigen. Den Vorwurf des Kopfstoßes gab Henck dagegen zu. "Es gab eine Bewegung von mir in seine Richtung. Ich habe ihn aber nur leicht getroffen", schilderte er das Geschehen aus seiner Sicht. Gegen ihn sprechen jedoch die Aussagen der anderen Zeugen, die von einem starken Stoß sprechen. "Ich habe den Knall deutlich gehört", berichtet ein Zuschauer, der in der Nähe stand. Auch die Verletzung lassen eher nicht auf eine leichte Berührung schließen. Henck selber hatte einen kleinen Cut an der Stirn, bei Steven Marks attestierte ein Arzt eine schwere Gehirnerschütterung und eine Stauchung der Halswirbelsäule. Er war eine Woche krank geschrieben, stand allerdings am darauffolgenden Wochenende wieder auf dem Fußballplatz.

Das Sportgericht, besetzt neben Detlef Rudolph noch mit dessen Stellvertreter Ingo Elsenberg und Dieter Blum, machte sich die Entscheidung nicht leicht. Anderthalb Stunden wurden die Zeugen befragt, dann fiel die Entscheidung. Kevin Henck erhält einen Verweis wegen unsportlichen Verhaltens und wird bis zum 24. Februar 2017 gesperrt. Zusätzlich muss er eine Geldstrafe von 150 Euro bezahlen. Sein Verein Grün Weiss Ahrensfelde hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Direkt nach der Verkündung des Urteils gab es ersten Protest. "Ein Spieler, der einen Schiedsrichter tätlich angreift, wird deutlich höher bestraft", gab Peer Höhne vom BSV Blumberg zu Bedenken. "Das ist doch keine Strafe, die er jetzt bekommen hat", findet er. Auch beim Facebook-Account von Fupa.net sorgte die Meldung über das Urteil für Kritik. User sprechen von einem "absolut lächerlichen geringen Urteil".

"Wir verurteilen was er getan hat aufs Schärfste", machte Detlef Rudolph noch einmal die Haltung des Sportgerichts deutlich. "Aber jeder sollte eine zweite Chance bekommen und ich glaube, er hat sie verdient. Und diesen Schuss vor den Bug hat er sicher verstanden."

Kevin Henck, der seit sieben Jahren als Schiedsrichter tätig ist und im Havelland aktiv war, bevor er vor einem Jahr in den Fußballkreis Oberhavel/Barnim wechselte, nahm das Urteil an. Die Möglichkeit, sich vor Ort bei Steven Marks zu entschuldigen, nutzte er jedoch nicht.

Aufrufe: 022.11.2016, 15:19 Uhr
MOZ.de/Britta GallreinAutor