2024-05-02T16:12:49.858Z

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In der Mitte des Geschehens: OFV-Coach Marc Lerandy | Archivfoto: Uwe Nestlen
In der Mitte des Geschehens: OFV-Coach Marc Lerandy | Archivfoto: Uwe Nestlen

Marc Lerandy: "Ich bewundere Frank Schmidt"

BZ-Interview mit dem Trainer-Neuling Marc Lerandy vom Offenburger FV vor dem Spitzenspiel der Verbandsliga Südbaden gegen den SV Kuppenheim

Der Offenburger FV zieht souverän seine Kreise an der Spitze der Verbandsliga – mit 32 Punkten aus 13 Spielen und einer Tordifferenz von 46:8. Die Konkurrenz blickt schon etwas eingeschüchtert auf die Mannschaft von Trainer Marc Lerandy, der die Aufgabe vor dieser Saison übernommen hat. Es ist die erste Trainerstation des ehemaligen Drittliga-Kickers. Vor dem Spitzenspiel, das am Samstag den Tabellenzweiten SV Kuppenheim ins Karl-Heitz-Stadion bringt, wollte Uwe Schwerer von Lerandy Einiges wissen: Zum Beispiel, was den OFV derzeit so stark macht.

BZ: Spielen Sie mit dem OFV in der falschen Klasse? Das behauptet zumindest Michael Santoro, Trainer des SV Bühlertal.
Lerandy: Im Moment ist es genau die richtige Klasse für die Mannschaft, um sich in aller Ruhe weiter zu entwickeln. Sie ist noch nicht da, wo ich sie haben will. Mittel- und langfristig ist es sicher das Ziel, eine Liga höher zu spielen, aber so wie es jetzt ist, passt es sehr gut.

„Wir bleiben bescheiden und respektieren jeden Gegner.“

BZ: Viele Trainer sagen nach dem Treffen mit dem OFV den Satz: „Das ist die stärkste Mannschaft, auf die wir bisher getroffen sind.“ Wie ordnen Sie die eigene Stärke ein?
Lerandy: Wir sind momentan Tabellenführer – und natürlich lügt dieses Tabellenbild nicht. Aber es gibt trotzdem noch zwei, drei Vereine, die noch in unserer unmittelbaren Nähe sind, die für mich auch noch zum Favoritenkreis gehören. Dazu zähle ich die Mannschaften aus Kuppenheim und auch Lahr. Es ist super, dass unsere Weiterentwicklung so schnell voranschreitet, wir beschweren uns nicht. Aber wir bleiben trotzdem am Boden, wollen kontinuierlich und ohne jede Arroganz weiterarbeiten. Wir bleiben bescheiden und respektieren jeden Gegner. Mit dieser Haltung fahren wir im Moment ganz gut. Denn ich weiß, dass es Phasen geben wird, in denen wir auch mal Kritik einstecken müssen.

BZ: Ihre Ergebnisse drücken Dominanz aus: 6:0 gegen den FC Radolfzell, 6:0 gegen die Spvgg. F.A.L., 5:0 beim SV Bühlertal. Aber Sie legen wenig Wert auf die Höhe des Ergebnisses, betonen sie immer wieder. Worauf kommt es Ihnen dann an?
Lerandy: Ich habe meine eigene Philosophie, die sich in den Jahren im Profifußball entwickelt hat. Ich habe viele Trainer gehabt, die selbst höherklassig trainiert haben. Von denen allen habe ich mir etwas abgeschaut. Zu Beginn der Runde haben wir nicht das Ziel formuliert aufzusteigen. Es galt zunächst, die Mannschaft weiter zu entwickeln. Darauf liegt das Hauptaugenmerk. Natürlich freue ich mich über jedes Tor, das wir schießen, denn das beruht auf einer gewissen Qualität des Spiels. Ob wir 6:0 gewinnen, ist dann nebensächlich. Wichtig ist, dass wir keinen Gegner unterschätzen, ihn ernst nehmen und ihm Respekt entgegenbringen. Das verlange ich von meinen Jungs.

BZ: Bei Ihrer Vorstellung haben Sie gesagt: „Ich kann Euch nur sagen, solche Trainer, die ich in meiner Karriere hatte, die wollt ihr nicht haben.“ Was meinen Sie damit?
Lerandy: Ich habe im Vorfeld der Saison mitbekommen, dass einige Spieler gesagt haben, sie wollten einen harten Hund als Trainer haben. Das habe ich auch aus Gesprächen mit dem Sport-Vorsitzenden Michael Wagner herausgehört. Da musste ich schon ein bisschen grinsen, denn ich habe in meiner Karriere schon richtig harte Trainer gehabt. Da bist du nur am Treppenlaufen, da gibt es keine persönlichen Gespräche. Ich verstehe das so, dass die Jungs nicht wirklich einen harten Trainer haben wollen, sondern eher einen, der eine klare Linie vorgibt. Klar ist, dass ich hier in diesem Verein den jungen Spieler Zeit geben muss, sich zu entwickeln.

BZ: Als was für einen Trainertyp würden Sie sich beschreiben?
Lerandy: Das ist schwer zu sagen. Es ist schließlich mein erstes Trainerjahr. Ich lege viel Wert auf Kommunikation und auf Teamgeist. Ein Diktator bin ich nicht, sondern ich bin gerne bereit, den Jungs etwas beizubringen. Ich erkläre ihnen, was ich haben will, damit sie verstehen, was sie machen sollen und welchen Vorteil sie daraus ziehen. Das macht die Zusammenarbeit einfacher.

BZ: Gibt es Vorbilder als Trainer?
Lerandy: Nicht Pep Guardiola oder Jürgen Klopp, sondern Frank Schmidt, der in Heidenheim trainiert. Ihn bewundere ich. Gegen ihn habe ich auch schon gespielt mit Saarbrücken. Mir gefällt, dass er in aller Ruhe arbeitet, konzentriert, mit Fachkompetenz, aber in aller Bescheidenheit, wie der ganze Verein dort. Mir imponiert, wie sie dort im Stillen weiter wachsen. Keiner bekommt das mit, aber sie entwickeln sich Woche für Woche, Monat für Monat. Das ist auch das Verdienst von Frank Schmidt.

BZ: Die Mannschaft hat sich gegenüber der vergangenen Saison nicht radikal verändert. War die Rückkehr von Adrian Vollmer, der wie sie in Bahlingen gespielt hat, der entscheidende Impuls?
Lerandy: Adrian und der OFV, das passt einfach zusammen. Er identifiziert sich sehr mit dem Verein. Er bringt eine große Qualität als Spieler auf den Platz. Aber ob es vor allem an ihm liegt, weiß ich nicht. Es gibt auch andere Spieler, die dem Verein über viele Jahre die Treue halten und eine wichtige Rolle spielen. Ich denke da an Marco Petereit, Florian Streif, Nico Schlieter oder Christian Seger. Sie reißen die anderen Spieler mit.

BZ: Der OFV ist der FC Bayern der Verbandsliga. Ein Sieg gegen den Verfolger SV Kuppenheim – und in der Liga herrscht gähnende Langeweile.
Lerandy: Ich sehe das natürlich etwas anders. Dass dieses Spiel als Spitzenspiel bezeichnet wird, interessiert mich eigentlich gar nicht. Es treffen sich eben zwei Verbandsliga-Mannschaften, die aktuell in der Tabelle ganz oben stehen. Grundsätzlich gehen meine Spieler in jedes Spiel mit Respekt vor dem Gegner. Wir unterscheiden dabei nicht, ob der Gegner oben oder unten steht. Ich will in jedem Spiel von meinen Jungs 100 Prozent sehen, und das wissen sie.

Am Samstag um 14.30 Uhr empfängt der OFV den Tabellenzweiten ASV Kuppenheim im Offenburger Karl-Heitz-Stadion. Der OFV kann dabei auf den Kader der letzten Wochen zurückgreifen.

Zur Person: Marc Lerandy kickte zuletzt beim Bahlinger SC. Zuvor trug er die Kapitänsbinde beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken. Er stammt aus der Nachwuchsabteilung der Spvgg. Lahr, wechselte als B-Jugendlicher vom Offenburger FV zum SC Freiburg. Über SV Sandhausen, SV Linx, SC Pfullendorf und VfR Willstätt ging er im Jahr 2009 zum 1. FC Saarbrücken. Lerandy wohnt in Gengenbach und arbeitet beim Autohaus Ernst & König in Offenburg.

Aufrufe: 012.11.2015, 22:00 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor