2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
– Foto: Bernd Seyme

Kein Budenzauber im Corona-Winter

Fußballturniere fallen aus / Handballregion verschiebt Saisonstart / Kreissporttag abgesagt

Die Corona-Krise hat den Breitensport immer fester im Griff: Die Hallenfußball-Turniere der Mastersserie und das Hallenfestival des SV Hellern fallen in diesem Winter aus, die Handballregion hat den Saisonstart verschoben und der Kreissportbund seinen Kreissporttag abgesagt. Einschränkungen von politischer Seite gibt es (noch) nicht.

Sie seien „ratlos, was sie mit sich in der nun spielfreien Zeit zum Jahreswechsel anfangen sollen“, schrieben die Organisatoren der großen Hallenturniere in einer gemeinsamen Erklärung: Weder beim Addi-Vetter-Cup noch beim Hüggelcup, Indoor-Cup und Fortuna-Cup wird der Fußball rollen. „Das ist sehr traurig, angesichts der akutellen Lage aber sicher die richtige Entscheidung“, sagte Thomas Reichenberger als Mitorganisator des Vetter-Cups.

Mit den Qualifikationsturnieren ist auch die Masters-Endrunde hinfällig. Die Entscheidung fiel nicht leicht, aber sie fiel einstimmig. Dass sich das Infektionsgeschehen so früh so sehr verschlechtere, sei nicht absehbar gewesen. Unter den aktuellen Gegebenheiten sähen die Ausrichter „keine realistische Perspektive für diesen Winter“.

Abgespeckte Turniere ohne Zuschauer und Catering wären mit Auflagen eventuell möglich gewesen, aber auch das Interesse der Vereine war bislang überschaubar, heißt es. „Bei allen vier Turnieren gingen nur ganz vereinzelte Anmeldungen ein. Die Vereine warten alle ab oder verzichten in diesem Winter gleich gänzlich auf den Budenzauber. Der Sicherheitsaspekt, der hier mitschwingt, ist selbstverständlich nachvollziehbar.“

Einen Dank schickten die Veranstalter an ihre ehrenamtlichen Helfer und Sponsoren, die die Turniere weiter unterstützt hätten. Die Unterstützung werde 2021 „wichtiger denn je“ sein. Für das kommende Jahr seien sich „alle einig, im Winter 2021/22 mit voller Wucht zurückzukehren“.

Beim SV Hellern könnte der Ball eventuell schon eher wieder rollen. Sollte sich die Lage im Frühjahr entspannen, sei „ein hochkarätiges Blitzturnier oder Turnierwochenende im Rahmen der Saisonvorbereitung“ denkbar, stellte der 3. Vorsitzende Andree Schmeier in Aussicht – zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Fußballer und den SVH, der sein Solarlux-Hallenfestival für Januar 2021 absagte. „Auch wenn es offiziell seitens der Stadt Osnabrück noch kein Verbot von Hallensport gibt, so halten wir eine Absage für alternativlos“, erklärte der Festival-Organisator.

Von der örtlichen Politik wird es zumindest vorerst keine Einschränkungen geben. Stadt und Landkreis müssten sich an die Verordnung des Landes Niedersachsen halten, und die erlaube derzeit eben, dass bis zu 60 Menschen zusammen Sport ausüben, hieß es nach der Sitzung der Taskforce am Montag. Die kommunalen Behörden könnten nur eingreifen und etwa den Spielbetrieb in einer Sportart untersagen, wenn sich ein Turnier zu einem Hotspot entwickelt und von den teilnehmenden Teams keine weitere Gefahr ausgehen soll. Vom Land Niedersachsen ist bislang nicht zu vernehmen, ob und ab wann Kontaktbeschränkungen auch im Sport wieder verschärft werden könnten.

Für viele Sportler geht damit auch eine Hängepartie mit viel Ungewissheit weiter. „Wir sind auf uns gestellt“, kommentierte etwa ein Basketball-Funktionär aus dem Osnabrücker Land den Kurs des niedersächsischen Basketball-Verbandes, den Vereinen die Entscheidung zu überlassen. Der Vorstand des Basketballbezirks Hannover hat bereits bis Jahresende den Spielbetrieb in seinen Regionsligen und -klassen ausgesetzt.

Auch die Handballregion West-Niedersachsen reagierte am Wochenende auf die gestiegenen Infektionszahlen. Der Spielausschuss stellte den Betrieb auf Regionsebene bis zum 16. November ein. Die Regionsoberliga als höchste Klasse hätte am 7./8. November beginnen sollen. In tieferen Ligen und einigen Jugendstaffeln wären die ersten Partien schon am kommenden Wochenende angesetzt gewesen.

„Es wäre ein langsamer Einstieg in die Saison gewesen. Insgesamt fallen nicht so viele Spiele aus“, betonte Regionsvorsitzender Gerhard Ditz. Am 14. November will der Spielausschuss die Lage neu bewerten. „Wir müssen die Entwicklung abwarten.“ Inzwischen ist in allen sechs Landkreisen, die in der Region sportlich vereint sind, der Inzidenzwert von 50 überschritten.

„Es ist im Augenblick sehr schwierig, eine vernünftige Lösung zu finden“, sagte Ditz. Dem Verband sei es lieber, „wir spielen ohne Zuschauer, als dass wir gar nichts machen“. Es sei „keine optimale Lösung, aber wir wollen den Spielbetrieb so gut wie möglich aufrechterhalten“. Das Ziel könne nur sein, dass „die Menschen den Handball nicht ganz aus den Gedanken verlieren“.

Auch mit einem verspäteten Start gebe es noch „Luft ohne Ende“ im Terminplan, um die Saison auszutragen, erklärte der Regionsvorsitzende. Die Vereine würden bei den Entscheidungen bestmöglich mit ins Boot genommen. So sei die erfolgte Aufteilung der Regionsoberliga in zwei Staffeln schon ein Vorschlag aus den Vereinen gewesen.

Zwei Clubs gehen indes noch weiter: Die Handballer des TuS Bramsche erlegten sich eine trainingsfreie Woche vorerst bis zum 1. November auf und wollen nicht spielen, solange der Inzidenzwert größer als 50 ist. Der TV GMHütte entschied, alle Mannschaften vorläufig bis zum 16. November aus dem Spielbetrieb zu nehmen. Im Training ist Körperkontakt ab sofort wieder ganz untersagt.

Der Kreissportbund (KSB) Osnabrück-Land sagte derweil seinen Kreissporttag ab, der am Donnerstag in der Niedermark stattfinden sollte. Die Vorstandsmitglieder hätten sich in einer E-Mail-Abstimmung einstimmig darauf verständigt, sagte KSB-Geschäftsführer Kersten Wick und begründete: „Wir wollen nicht unnötig die Gesundheit der Teilnehmer gefährden.“

Aus Sicht des KSB ist die Versammlung „nicht dringlich notwendig“. Zwar hätte sich ein Teil des Vorstands neu zur Wahl stellen müssen, aber die Amtsträger hätten sich bereit erklärt, weiter zur Verfügung zu stehen. Anträge der Vereine habe es nicht gegeben, der Jahresabschluss 2019 sei von den Kassenprüfern ohne Beanstandung abgesegnet worden. „Wir können den Kreissporttag ohne Probleme verschieben“, sagte Wick. Einen neuen Termin für den Kreissporttag gibt es noch nicht, aber beim KSB gilt das, was auch bei Vereinen wie dem SV Hellern gilt: „Jetzt geht es erst mal darum, die Gesundheit aller zu schützen“, sagte dessen 3. Vorsitzender Andree Schmeier.

_______________________________________________
Kommentar von Johannes Kapitza: Warum so mutlos, liebe Verbände?

Viele ahnen es, aber noch nicht alle haben den Mut, es sich einzugestehen: Wenn sich im Alltag nur noch Menschen aus zwei Haushalten treffen dürfen, um die Übertragung des Coronavirus auszubremsen, ist es keine gute Idee, in Mannschaftsstärke Sport zu treiben und dafür noch quer durchs Land zu reisen. Die ersten Vereinsvertreter haben das begriffen und verordnen ihren Teams Zurückhaltung – vernünftig!

Zugleich werden die Beschwerden lauter: Viele fühlen sich von ihren Verbänden im Stich gelassen, die die Verantwortung nach unten weiterreichen und keine Spielpause anordnen. Das könnte Klarheit schaffen, aber in den Organisationen fehlt der Mut: Im Frühjahr war die Saison in vielen Disziplinen so gut wie gespielt, ein Ende absehbar. Nun ist das Schicksal dieser noch jungen Spielzeit unwägbar. Die Sorge, als Sportart erst mal von der Bildfläche zu verschwinden, ist verständlich.

Aber es ist ein trügerisches Bild, wenn niedrige Inzidenzwerte in Teilen des Landes dazu verlocken, weiter Sport treiben zu lassen. Spätestens, wenn eine Mannschaft aus einem Risikogebiet zu Gast ist, steigt die Ansteckungsgefahr. Die Verbände könnten hier vorsorglich einschreiten – oder abwarten: Je länger der „normale“ Sportbetrieb andauert, desto schneller werden Corona-Fälle und Verdachtsfälle die Spielpläne ganz von selbst ausdünnen.

Niemand sagt gerne Training, Spiele und Veranstaltungen ab, aber einige Clubs haben aus dem Frühjahr gelernt, wie sie der Gesellschaft helfen können. Nur in den Verbänden scheint dieser Lernprozess leider noch nicht ganz abgeschlossen.

Aufrufe: 027.10.2020, 09:25 Uhr
Kapitza und Kraus / NOZ SportAutor