2024-04-25T14:35:39.956Z

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Süd-Trainer Bochtler: "Keine andere Mannschaft war so konstant"

Fußball: Trainer Michael Bochtler über das Landesliga-Meisterjahr von Ehingen-Süd und die Entwicklung des Teams

Ehingen / sz - Erstmals in seiner Vereinsgeschichte hat der SSV Ehingen-Süd die Verbandsliga erreicht. In seiner dritten Landesliga-Saison wurde der SSV souverän Meister und spielt künftig in der höchsten württembergischen Spielklasse. Mitverantwortlich für den Erfolg war Michael Bochtler in seinem ersten Jahr als Trainer von Süd. SZ-Redakteur Andreas Wagner unterhielt sich mit dem 41-jährigen Ex-Profi (VfB Stuttgart, FC St. Pauli, Sturm Graz) über die Gründe für die Meisterschaft, seine Ansprüche als Trainer, die Veränderungen im Kader und im künftigen Spiel des Aufsteigers.

Was bedeutet Ihnen die Meisterschaft mit Ehingen-Süd?

Für mich als Trainer war es die erste Meisterschaft. Und es ist schon etwas Besonderes, in die Verbandsliga aufzusteigen. Der Titel hat für mich einen hohen Stellenwert.

Es war Ihr erstes Jahr bei Süd. Die Mannschaft hatte in der Vorsaison Platz zwei belegt und wurde im Sommer punktuell noch verstärkt. Hatten Sie von vornherein das Gefühl, den kommenden Meister zu trainieren?

So einfach ist es nicht. Fakt ist aber, dass ich eine Mannschaft vorgefunden habe, die in den beiden Jahren davor sehr erfolgreich war. Qualität war vorhanden. Dazu haben wir mit Stefan Hess und Martin Schrode noch zwei Eckpfeiler verpflichtet, auch die anderen Zugänge haben gepasst. Aber dass alles so funktioniert, lässt sich vorab nicht sagen.

Ihre Mannschaft war bis Ostern ungeschlagen und vier Spieltage vor Schluss Meister. Hat Sie diese Dominanz überrascht?

Da spielen zwei Faktoren eine Rolle. Zum einen waren wir so stark, zum anderen war keine andere Mannschaft so konstant. Friedrichshafen war es erst in der Rückrunde, Weiler hatte lange Probleme auswärts, Ostrach mischte in der Vorrunde vorn mit, hat es in der Rückrunde aber nicht durchgezogen. Ravensburg und Kehlen hatten ebenfalls Schwächephasen. Bei uns war das erst der Fall, als wir Meister waren. Wenn wir an den letzten Spieltagen noch 100 Prozent hätten geben müssen, hätten wir Spiele wie gegen Schwendi anders gestaltet.

Sie haben die Spiele Ihrer Mannschaft oft kritisch gesehen, selbst nach Siegen. Wie oft waren Sie richtig zufrieden?

Das kam schon ein paar Mal vor. Es ist ja nicht so, dass ich immer am Meckern bin. Gegen Ravensburg, in Meisterschaft und Pokal, haben wir klasse gespielt. Genauso in Balingen, wo wir um den Sieg richtig kämpfen mussten, oder gegen Weiler, die wir zu Hause klar geschlagen haben. Da gab es nicht viel zu bemängeln. Spielerisch hatte ich mir allerdings in der Rückrunde etwas mehr erhofft.

Sie waren Profi – eine Zeit, die Sie auch als Trainer prägt. Besteht nicht die Gefahr, dass ein Ex-Profi als Trainer im Amateurfußball manchmal zu viel fordert von den Spielern?

Das kann passieren, aber weniger in der Landesliga oder Verbandsliga. Als ich in Ludwigsfeld in der Kreisliga Trainer war, habe ich schon manchmal gedacht, dass mich die Spieler nicht verstehen. Aber in der Landesliga herrschen andere Grundvoraussetzungen, andere Einstellungen. Je höher die Spielklasse, desto mehr Grundverständnis ist vorhanden. Ich denke schon, dass wir das in der vergangenen Saison gut hingekriegt haben.

Sie fördern bei Süd Spieler wie Daniel Maier oder Lukas Schick, die ihre Jugendzeit gerade hinter sich haben. Andere wie Hannes Pöschl sind ebenfalls jung und haben sich enorm weiterentwickelt ...

Hannes Pöschl kannte ich davor nicht wirklich, aber was seine Mitspieler sagen, ist, dass er einen Wahnsinnsschritt nach vorn gemacht hat, bei Laufverhalten, Spielintelligenz, dem Gespür für Situationen, aber auch der Abgeklärtheit vor dem Tor. Die Entwicklung von Daniel Maier ist ähnlich gut, wobei seine starke Zeit noch kommen wird. Anfangs hat er einige Tage gebraucht, um sich an den körperlich anspruchsvolleren Erwachsenenfußball zu gewöhnen. Ebenfalls viel Potenzial hat Lukas Schick. Weitere junge Spieler kommen hinzu wie Aaron Akhabue, Timo Kästle, Noah Gnandt, Danijel Sutalo, Jonas Hummel und Timo Kästle. Ich freue mich richtig auf die kommende Saison.

Andererseits geht mit Martin Schrode sowie den langjährigen Führungsspielern Christian Endler und Josip Roncevic viel Erfahrung und Routine verloren. Bereitet Ihnen das nicht auch Kopfzerbrechen?

Sicher geht viel Routine verloren. Christian und Josip waren außerdem Typen, die über Jahre sehr wichtig waren für den Verein. Eins zu eins sind sie nicht zu ersetzen, aber es kommen andere Typen und die Mannschaft wird sich verändern. Bei Martin Schrode ist es so, dass er neben Hannes Pöschl und Michael Turkalj der Spieler mit den meisten Toren und Torvorlagen war – obwohl er von allen drei Spielern die wenigste Einsatzzeit hatte. Er war unser effektivster Spieler. Mit Timo Barwan, Danijel Sutalo und Daniel Weber stoßen neue Spieler für die Außenbahn dazu, zudem haben wir Gaetano Gaudio und Daniel Haas, die für Torgefahr sorgen können.

Sie trainierten in der Saison 2012/13 die TSG Ehingen in der Verbandsliga, damals stieg die Mannschaft ab. Welche Lehren haben Sie aus Ihrem ersten Verbandsliga-Trainerjahr gezogen?

Bei der TSG hatte sich der Kader damals etwas verändert. Mario Sopic und Michael Turkalj, die in der Landesliga überragend waren, verließen den Verein. Damit war das Herzstück der Mannschaft weg. Das ist jetzt nicht so, der Großteil der Mannschaft wurde gehalten und der Kader erweitert. Die Lehre von damals war, dass die Verbandsliga die Spieler ganz anders fordern wird, von der ersten bis zur 90. Minute. Dass wir mehr Verletzungen haben werden und mehr Wechsel innerhalb der Mannschaft. Darauf müssen wir vorbereitet sein.

Sie sagten, dass sich durch die vielen Zugänge nicht nur das Gesicht der Mannschaft ändern wird, sondern auch die Spielweise. Was schwebt Ihnen vor?

Genau müssen wir das erst herausfinden. Aber ich glaube, dass unser Spiel mehr Dynamik entfalten wird. Bisher war es so, dass wir ein Spiel kontrolliert haben, den Gegner in den ersten zehn, 15 Minuten spielen ließen, um zu sehen, was er vorhat und dann darauf zu reagieren. Künftig werden wir vielleicht früher attackieren oder, im Gegenteil, uns zurückziehen und auf Konter spielen. Wir haben einige schnelle, dribbelstarke Spieler.

Das Spiel von Süd wird also unberechenbarer?

In die vergangene Saison waren wir mit dem Plan von zwei Spielsystemen gestartet. Das haben wir in der Vorbereitung durchgezogen und in den ersten Spielen umgesetzt. Dann stellte sich das 4-4-2 als das erfolgreiche System heraus, das wir unterschiedlich interpretiert haben. Damit sind wir gut zurechtgekommen, haben es favorisiert und das andere nicht mehr trainiert.

Welches war das andere System?

In der Vorrunde haben wir auch ein 4-1-4-1 gespielt. Künftig kann es ein 4-3-3 sein oder wir spielen mit fünf Leuten hinten, was wir dann bei Ballbesitz ändern. Das sind Sachen, die mich schon jetzt beschäftigen.

Sie äußerten sich nach dem letzten Saisonspiel gegen Oberzell positiv über Ihren jetzigen Verein, Erfolg war ebenfalls da. Also war die Entscheidung, bei Ehingen-Süd Trainer zu werden, die richtige?

Bisher bin ich sehr zufrieden und ich denke, der Verein ist es auch. Momentan passt alles. Man muss sehen, was passiert, wenn mal nicht alles rund läuft. Aber ich bin überzeugt, dass auch dann der Zusammenhalt da sein wird.

Aufrufe: 023.6.2017, 17:24 Uhr
Schwäbische ZeitungAutor