2024-05-08T14:46:11.570Z

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Weht die SSV-Flagge bald in der 3. Liga? Das ist jedenfalls das Ziel der Verantwortlichen. Eine Professionalisierung wäre der erste Schritt.  Archivfoto: Alexander Kaya
Weht die SSV-Flagge bald in der 3. Liga? Das ist jedenfalls das Ziel der Verantwortlichen. Eine Professionalisierung wäre der erste Schritt. Archivfoto: Alexander Kaya

Mitglieder sagen Ja zur Ausgliederung

Die Spatzen machen den ersten Schritt in Richtung Professionalisierung +++ Drohen Verhältnisse wie in Hoffenheim?

Im Profi-Fußball geht es ums Geld. Das ist keine allzu neue Feststellung, aber eine, die der SSV Ulm 1846 derzeit stärker zu spüren bekommt als zuvor. Auf Platz 15 stehen die Spatzen derzeit in der Regionalliga Südwest, Mannschaften wie der 1. FC Saarbrücken, Waldhof Mannheim oder die Kickers Offenbach sind ihnen längst enteilt. Der Unterschied: diese Mannschaften arbeiten professionell. Da kann Ulm mit seinen Teilzeit-Fußballern nicht mithalten. Und weil das nicht zum Selbstbild der Spatzen passt, die immer noch den Bundesligazeiten der Saison 1999/2000 hinterhertrauern, will der Verein seine erste Mannschaft in eine Kapitalgesellschaft auslagern und den Kader professionalisieren. Das Ziel ist die 3. Liga.

Der Grundstein dazu wurde auf der Mitgliederversammlung im Kornhaus gelegt. Einstimmig entschieden sich die 156 anwesenden Mitglieder dafür, den Verein auf die Mission Professionalisierung zu schicken. Ein finales Votum ist das aber noch nicht, denn zuerst muss der SSV eine sogenannte Ausgliederungsdokumentation ausarbeiten, in der alle Formalien geklärt sind. Der muss dann in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zugestimmt werden – von mindestens 75 Prozent der anwesenden Mitglieder.

„Der professionelle Fußball ist uns davongaloppiert“, sagte Vorstandsmitglied Anton Gugelfuß. „Wir haben viel Zeit versäumt.“ Die wollen die Ulmer jetzt aufholen. Eine Ausgliederung des Lizenzteams hat aus Sicht des SSV einige Vorteile. Der wichtigste ist, dass die Gemeinnützigkeit der ersten Mannschaft wegfällt. Dadurch können die Ulmer wirtschaftlich arbeiten, mit Unterstützung von externen Aktionären. Durch die Ausgliederung bleibt aber die Gemeinnützigkeit des restlichen SSV Ulm 1846 (also der Jugend- und Frauenbereich) bestehen. Das schafft zusätzliche Sicherheit. Denn sollten die Ulmer Fußballer nach der Ausgliederung mal wieder insolvenzgefährdet sein, bestünde kein Risiko für den Rest des Vereins, von der Insolvenz betroffen zu sein. Angst davor, den Geldhahn zugedreht zu bekommen, muss die Jugendabteilung auch nicht haben. Deren Sponsoren bleiben erhalten.

Für die A-Spieler würden dann die Aktionäre in die Bresche springen. Laut Anton Gugelfuß soll es dafür schon erste Gespräche und mündliche Zusagen gegeben haben – von „ordentlichen, sehr potenten Unternehmen“, wie er sagt. Bei den Fans schrillen bei solchen Aussagen die Alarmglocken. Konstrukte wie die TSG 1899 Hoffenheim oder Bayer Leverkusen sind vielen Anhängern ein Dorn im Auge. Die Angst wurde auch in der Fragerunde der Mitgliederversammlung deutlich.

Doch dass ein Unternehmen die Stimmgewalt bei Ulm übernehmen könnte verhindert zum einen die „50+1-Regel“ des Deutschen Fußballbunds (DFB), die besagt, dass der Verein mindestens 51 Prozent der Stimmrechte halten muss. Zum anderen soll die Ulmer Mannschaft als „Kommanditgesellschaft auf Aktien“ (KGaA) angelegt werden. Dritte dürfen an der zwar einen Anteil von über 51 Prozent halten. Die KGaA hat allerdings keinerlei geschäftsführende Befugnisse. Die liegen bei einer ebenfalls neu gegründeten GmbH. Da diese zu 100 Prozent dem Mutterverein gehören würde, bliebe die Hoheit der Stimmen beim SSV Ulm 1846. Eine Ausnahmeregel ist die „Lex Leverkusen“. Die besagt, dass ein Unternehmen oder eine Einzelperson die Mehrheit der Stimmen halten darf. Allerdings nur dann, wenn das Engagement im Verein seit über 20 Jahren besteht. Das ist in Leverkusen (Bayer), Wolfsburg (VW) und Hoffenheim (Dietmar Hopp) so – alles GmbHs. In Ulm wäre das wegen der KGaA-Struktur nicht möglich.

Der Rechtsanwalt Johannes Richter, der die Ulmer auf dem Weg zur Ausgliederung betreut, rechnet damit, dass der Vorgang „mit sehr viel Druck“ zur neuen Saison abgeschlossen sein kann. Das wäre im Herbst der Fall. Doch die größte Hürde zur Professionalisierung liegt, wie im Fußball üblich, auf dem Platz. Denn sollten die Spatzen den Klassenerhalt dieses Jahr nicht schaffen, käme eine Ausgliederung gar nicht erst in Frage.

Aufrufe: 07.3.2018, 17:28 Uhr
Neu-Ulmer Zeitung / Gideon ÖtingerAutor