2024-05-10T08:19:16.237Z

Transfers
Der Ex-Trainer und sein unmittelbarer Nachfolger, der einst sein „Co“ war: Andreas Rill (links) soll zumindest bis zur Winterpause die Arbeit als Cheftrainer beim SSV Reutlingen Fußball fortführen. Jochen Class (rechts) steht seit Samstag nicht mehr zur Verfügung.  Archiv
Der Ex-Trainer und sein unmittelbarer Nachfolger, der einst sein „Co“ war: Andreas Rill (links) soll zumindest bis zur Winterpause die Arbeit als Cheftrainer beim SSV Reutlingen Fußball fortführen. Jochen Class (rechts) steht seit Samstag nicht mehr zur Verfügung. Archiv

Jochen Class Opfer von fehlender Kontinuität

Analyse nach Trainer-Rücktritt beim SSV Reutlingen

Oberliga: Beim SSV Reutlingen analysiert man die Lage nach dem Rücktritt von Trainer Jochen Class. Spieler zeigen sich selbstkritisch. Verein hat Fehler in Teamzusammenstellung gemacht.

Nach Lothar Mattner, Murat Isik und Georgi Donkov ist Jochen Class nun der vierte Trainer des Oberligisten SSV Reutlingen Fußball in Folge, der sein Amt nicht bis zum Vertragsende ausübte. SSV-Kapitän Pierre Eiberger war überrascht nach der Entscheidung vom Wochenende. „Es ist nichts vorgefallen, wir hatten eben keine gute Einstellung in Göppingen, verloren mit 1:2. Aber es lag doch nicht am Trainer, wir sind schuld, wir standen auf dem Platz und wir ließen die Göppinger gewähren. Jochen Class hat einiges versucht, der Trainer gab uns Vorgaben, die wir nicht umsetzten.“

Eiberger, der 2005 als B-Jugendlicher zum Kreuzeiche-Klub kam und seither den rot-schwarzen Dress trägt, ergänzt: „Beim SSV Reutlingen Fußball fehlt es seit Jahren an einer Kontinuität, wir können nicht immer zwölf Neue integrieren, das geht nicht. Hierbei trägt Class doch keine Schuld, wenn Leistungsträger mit Torgarantie uns verlassen. Im Training gaben wir Gas. Class war immer gut vorbereitet. Wir erfuhren die Trainer-Entscheidung am Samstag und waren alle überrascht. Nichts deutete auf einen Rücktritt hin. Sportlich sind wir in einer gefährlichen Lage, die Abstiegszone rückt näher.“

Dem SSV-Eigengewächs ist klar: „Das neue Trainergespann Andreas Rill (der langjährige Ex-Spieler kam ab und zu zum Training, brachte sich ein, die Red.) und Volker Grimminger ist uns bestens bekannt. Wir müssen nun den Bock umstoßen und den FC Nöttingen schlagen. Wir als Mannschaft sind gefordert, hoffentlich hat nach der Ansprache der Bosse jeder verstanden, um was es geht. ”

SSV-Sportdirektor Giuseppe Ricciardi betont: „Michael Schuster und ich haben Jochen Class gestärkt, ihm Rückendeckung gegeben gegen Stimmen aus dem Umfeld, aus dem zuletzt viel Kritik kam. Doch wir müssen jetzt auf die Tabelle schauen, das ist eine verrückte Oberliga (Backnang besiegt Villingen, Oberachern siegt 6:0 in Bahlingen etc, die Red.). Wir sollten höllisch aufpasssen, nicht voll unten in der Tabelle reinzurutschen. Es gibt keine Alibis mehr, keiner kann sich mehr hinter Class verstecken, jetzt müssen alle mitziehen. Jeder ist in der Pflicht, ich hoffe, alle haben das verstanden, was wir am Montag in der Kabine sagten.“

Der ehemalige SSV-Spieler Ricchiardi, dreifacher Elfmeter-Torschütze im DFB-Pokal gegen den damaligen Zweitligisten Karlsruher SC, meint weiter: „Wir haben ein Team mit viel Potenzial, das dies nicht immer abrufen konnte. Wenn wir den Stamm halten, uns punktuell verstärken — es laufen schon Gespräche mit Spielern — haben wir ein gutes Team. Aber es wird nie mehr vorkommen, dass ein Trainer zwölf Neue einbauen muss. Es sollten, siehe am Beispiel der TSG Balingen, höchstens vier sein. Wir führten viele Einzelgespräche, so auch mit Prediger, der am Samstag mal eine Halbzeit zeigte, wie wertvoll er werden kann. Es fehlt die letzte Konsequenz und auch die Konzentration. Wir müssen cooler, abgezockter werden. Das Kollektiv machte Fehler, da fehlte der letzte Biss.”

Ricciardi ergänzt: „Wir haben Jochen Class nicht entlassen, er kam von selbst. Das ist ein feiner Zug von ihm, das ehrt ihn. Er hatte unsere Unterstützung. Wir halfen ihm, er nahm diese Hilfe nicht immer in Anspruch. Lob für diese Haltung. Er hat am Samstag in der Kabine zu Spielleiter Martin Göggelmann und mir gesagt, dass er aufhören wird, seinen Rücktritt einreicht. Da war klar, dass wir ihn nicht umstimmen wollten. Er hatte unsere Rückendeckung, das wusste er. Sein Nachfolger Andreas Rill kennt das Team, war auch in den letzten Wochen immer wieder dabei. Volker Grimminger kennt die Spieler ebenfalls. Die beiden Ex-SSV-Spieler werden nun bis Weihnachten das Training leiten. Rill als Chef-Trainer und Grimminger als Co-Trainer.“

Der Sportdirektor macht klar: „Wir suchen in Ruhe einen Trainer. Der SSV Reutlingen Fußball hat trotz der sportlichen Negativentwicklung der letzten Jahre noch immer einen guten Namen.”

SSV-Fußball-Boss Michael „Dino” Schuster schildert seine Version der Geschehnisse: „Ich fuhr am Samstag aus Göppingen gleich nach Hause. Doch wenn ich Trainer gewesen wäre, hätte ich auch meinen Rücktritt nach dieser Leistung eingereicht. Ich ahnte da etwas. Der Trainer zeigte seinen echten, starken Charakter. Manche Trainer bei uns klebten mit Pattex an ihrem Stuhl, andere wollten jeden Cent ausbezahlt bekommen. Da ist Class ein anderer, feiner Kerl. Er kommt uns entgegen und hat mit seinem Gehalt das SSV-Budget ohnehin nicht arg belastet. Das ist eine saubere Trennung.“


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Aufrufe: 024.10.2017, 08:44 Uhr
SWP / Wolfgang GattikerAutor