2024-04-25T14:35:39.956Z

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Sind glücklich, dass der SSV Jahn Regensburg nun wieder sich selbst gehört: Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer (links) und Geschäftsführer Christian Keller Foto: Gatzka
Sind glücklich, dass der SSV Jahn Regensburg nun wieder sich selbst gehört: Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer (links) und Geschäftsführer Christian Keller Foto: Gatzka

Was passiert jetzt beim Jahn?

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Nach einem monatelangen Investoren-Streit hat der Verein die Anteile selbst gekauft. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum verkaufte Philipp Schober seine Anteile?

Philipp Schober hatte am Freitag in seiner Presseerklärung mitgeteilt, dass er den Weg frei machen wolle für eine Struktur, wie sie dem aktuellen Vorstand und der Geschäftsführung des Jahn vorschwebt. Er betonte, dass es sich nicht um eine Rückabwicklung, sondern um einen freiwilligen Verkauf seiner gesamten Aktien gehandelt habe. Das steht im Widerspruch zu einer Pressemitteilung von Bauteam Tretzel (BTT) und SSV Jahn vom 24. September, in der ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht als Grund angeführt wurde, warum zunächst 62 Prozent der von Schober gehaltenen rund 90 Prozent an den SSV Jahn zurückübertragen worden sein sollen. Der Kaufvertrag sah eine solche Möglichkeit für Verzögerungen bei den vereinbarten Ratenzahlungen vor, weiß man beim Jahn. BTT hatte gegen Schober inzwischen zudem eine Urkundenklage angestrengt. Die Verhandlung war für November terminiert. Für beide Parteien stand aufgrund des hohen Streitwertes viel Geld auf dem Spiel. Als neuer Mehrheitseigner hätte der SSV Jahn e.V. zudem die Einflussnahme Schobers auf die Kapitalgesellschaft (KG) minimieren können. Der Rückzug Schobers sei am Ende dennoch überraschend schnell gekommen, sagten Jahn-Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer und Geschäftsführer Christian Keller im Gespräch mit unserem Medienhaus.

Wie wäre es mit Schober beim Jahn weitergegangen?

Beim SSV Jahn geht man davon aus, dass Schobers vorrangiges Ziel war, seine Anteile schnell weiterzuverkaufen. Dem widerspricht die Aussage des Investors in einem Interview mit der Mittelbayerischen im Juni dieses Jahres: „Mein Ziel ist ein langfristiges Engagement beim Jahn.“ Diesem Versprechen wollten der Fußballklub und die Fans keinen Glauben schenken.

Warum verkaufte BTT nicht gleich an den Jahn?

Zwischen BTT-Inhaber Volker Tretzel und dem Jahn-Präsidenten Rothammer gilt bis heute ein Kontaktverbot, das die Staatsanwaltschaft im Zuge der Korruptionsaffäre, in die Tretzel verwickelt ist, ausgesprochen hat. Zu dem Zeitpunkt, als Schober mit BTT in Kontakt getreten sei, habe es für die Vereinsführung keine Möglichkeit zu direkten Kaufgesprächen mit Volker Tretzel gegeben, sagt Geschäftsführer Keller. Diese Gespräche seien vornehmlich mit den Rechtsbeiständen von BTT geführt worden. Rothammer ergänzt: „Uns wurde von den Rechtsbeiständen trotz Nachfragen nicht gesagt, wie viel die Anteile kosten sollen. Es ist nicht richtig, dass wir lediglich 500 000 Euro geboten haben. Wir wollten ein Gutachten über den Wert erstellen lassen und hatten mindestens 500 000 Euro angeboten.“

Wie viel hat der Jahn für die Anteile bezahlt?

Darüber sei Stillschweigen vereinbart worden, sagen Rothammer und Keller. Beide wollen auch keinen Rahmen, in dem sich der Kaufpreis bewegt, nennen. „Wir haben bezahlt, was wir bezahlen mussten“, sagt Rothammer. Ebenfalls erledigt ist Keller zufolge durch den Aktienkauf des e. V. die Rückzahlung von früheren Darlehen von Tretzel an den Jahn, die zum Stand 30. Juni 2017 noch mit rund 870 000 Euro in den Büchern der KG geführt wurden. Keller sagt: „Der Dank des SSV Jahn für diesen historischen Schritt gilt Volker Tretzel. Dass er den Aktienkauf durch den Verein ermöglicht hat, ist nicht hoch genug einzuschätzen.“

Wie wurde der Kauf finanziert?

Es gebe Zusagen von namhaften Unternehmen aus der Region, die Hilfe bei der Finanzierung angeboten haben, sagt Rothammer. Zunächst sei der Kaufpreis aber aus der laufenden Liquidität des Vereins finanziert worden, sagt Keller. Den Kauf will der Verein mithilfe eines Finanzierungskonzeptes refinanzieren. Es sollen verschiedene Modelle durchdacht werden. Dabei ist langfristig auch denkbar, dass über neuerliche Kapitalerhöhungen auch wieder Anteile an Investoren verkauft werden. „Die Basis dafür bildet aber ein Beschluss der Mitgliederversammlung, wonach der e. V. in Zukunft dauerhaft mindestens 51 Prozent der Aktien halten wird. Daran sehen wir uns gebunden. Und wir werden uns natürlich genau überlegen, mit wem wir zusammenarbeiten. Wir sind nicht auf der Suche“, sagt Rothammer. Potenzielle neue Gesellschafter müssten die Markenwerte des Jahn, vor allem Bodenständigkeit und Glaubwürdigkeit verkörpern. Weiterhin arbeite man daran, den Kreis der Sponsoren auszubauen.

Wie finanzstark ist der SSV Jahn jetzt?

Der Betrieb der GmbH & Co KGaA, in die die Profimannschaft ausgegliedert ist, sei voll durchfinanziert, sagt Geschäftsführer Keller. Rothammer sagt, dass der Klub weiter klar nach dem Motto „Nicht mehr ausgeben, als einnehmen“ verfahren werde. Dass wie noch vor zwei Jahren nur großzügige Zahlungen des BTT für eine ausgeglichene Liquiditätssituation der GmbH & Co. KGaA sorgen, ist Rothammer zufolge nicht mehr nötig. „Diese Zahlungen damals waren quasi eine Start up-Hilfe.“ Jetzt stehe die GmbH & Co. KGaA auf eigenen Beinen.

Wer sind die Anteilseigner der GmbH & Co. KGaA?

Bereits kurz nach Gründung der Kapitalgesellschaft besaß BTT die Mehrheit der Anteile. Immer wieder glich BTT mit Darlehen Verluste des Klubs aus. Diese wurden später in neue Anteile umgewandelt. Die Einlage stieg dadurch über die Jahre auf acht Millionen Euro. BTT besaß am Ende etwa 90 Prozent der Anteile. Diese 90 Prozent hat nun der Verein erworben. Die restlichen knapp zehn Prozent verteilen sich auf sieben weitere Anteilseigner.

Gibt es für den SSV Jahn einen Imageschaden?

„Nein“, sagt Rothammer. Den hätte er nur gesehen, wenn Schober Hauptanteilseigner geblieben wäre. Der Verein lege bei seiner Außendarstellung weiter großen Wert auf „Seriosität, Bodenständigkeit und Glaubwürdigkeit“ Wert legen, betont er. Auf die Finanzierung des Betriebs der Profimannschaft habe die aktuelle Entwicklung bei den Klubanteilen ohnehin keine Auswirkung, sagt Keller. Der e.V. sowie die KG seien zwei verschiedene Träger, die unabhängig voneinander wirtschaften. Es dürfe schon rechtlich kein Geld aus der GmbH & Co. KGaA abgezogen werden, um den Kauf der Anteile zu realisieren.

Ist mit Änderungen im Aufsichtsrat zu rechnen?

Im Aufsichtsrat der KGaA sitzt mit Stadtrat Norbert Hartl ein Beschuldigter der Korruptionsaffäre. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm in der Anklageschrift Beihilfe zur Bestechlichkeit vor. Eine Entscheidung des Landgerichts Regensburg, ob es zu einem Prozess kommt, steht noch aus. Rothammer betont, dass er aktuell keine Veranlassung sehe, Veränderungen vorzunehmen. „Für mich ist Hartl so lange unschuldig, bis ein gerichtliches Urteil etwas anderes sagt.“ Der Aufsichtsrat werde in Teilen auf der nächsten regulären Hauptversammlung der KG, die voraussichtlich im Dezember stattfinden wird, gewählt.

Aufrufe: 018.10.2017, 18:59 Uhr
Isolde Stöcker-Gietl, Jürgen Scharf und ChristAutor