2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Jahn-Geschäftsführer Christian Keller hofft, dass er bis zum Trainingsstart am 26. Juni einen Coach gefunden hat. Foto: Eibner
Jahn-Geschäftsführer Christian Keller hofft, dass er bis zum Trainingsstart am 26. Juni einen Coach gefunden hat. Foto: Eibner

Trainersuche: Der neue Anfang beim Jahn

Christian Keller nimmt zur Kritik an seinem Management Stellung – und appelliert daran, wieder positiv nach vorn zu schauen.

Turbulente Tage liegen hinter Christian Keller. Vergangene Woche wurde der Geschäftsführer des SSV Jahn Regensburg urplötzlich vor vollendete Tatsachen gestellt: Trainer Heiko Herrlich geht. Genauso wie die Fans des Vereins dürfte auch Keller gewisse Zeit gebraucht haben, um diesen Schock zu verdauen. Nun richte er den Blick aber nur noch nach vorne, sagt er – auch, um die Stimmung rund um den Verein, die seit Herrlichs Abschied gedrückt war, wieder aufzubessern: „Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne. Jeder Anfang ist auch eine neue Chance.“

In den kommenden Tagen dürfte die Verpflichtung des neuen Trainers die mit weitem Abstand wichtigste Aufgabe für Keller sein. Im Idealfall werde dieser bis zum Trainingsstart am 26. Juni präsentiert: „Ziel ist, dass er dann da ist. Wenn wir aber bis dahin keine gute Lösung haben, kommt er eben ein paar Tage später.“


„Vertragspanne in Regensburg“

Mit Spannung wird dabei erwartet, welche Laufzeit und welche Klauseln der Vertrag des neuen Coaches hat. Die Umstände des Wechsels von Herrlich zu Bayer Leverkusen hatten schließlich für viel Wirbel gesorgt. Bundesweit berichteten Medien über eine „Vertragspanne in Regensburg“. Herrlich konnte ablösefrei gehen, da sein Kontrakt sich nur in der 3. Liga automatisch um eine weitere Saison verlängert hätte. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga lief er jedoch aus. Keller muss sich seitdem Vorwürfe anhören, dass er frühzeitig Herrlichs Kontrakt auch für den Fall des Aufstiegs ausweiten hätte sollen. Die Kritik nimmt er zur Kenntnis: „Vielleicht kann man das so sehen, das kann ich dann aber nicht ändern.“ Er verweist weiter darauf, dass es sehr wohl den Vorstoß gegeben habe, Herrlichs Vertrag frühzeitig auszuweiten und zu verlängern: „Wir haben miteinander gesprochen und gesagt, dass wir gemeinsam weitermachen wollen, auch im Fall des Aufstiegs. Wir haben gesagt, wenn es dann wirklich so kommt, sprechen wir in Ruhe nach dem Saisonende.“

Viel debattiert wird in Regensburg seit Herrlichs Abschied darüber, ob die vielerorts üblichen Liga-Klauseln in den Verträgen im Profi-Fußball sinnvoll sind. Schließlich schaute der SSV Jahn jetzt bei Herrlich in die Röhre und bekam keine Ablöse. Experten sagen allerdings, dass ein Fall wie der in Regensburg eher die Ausnahme sei. Viel öfter passiere es, dass der Verein davon profitiere, wenn er mit dem Trainer einen Vertrag habe, der immer wieder Ausstiegsmöglichkeiten biete. Keller zufolge hätte übrigens auch ein gültiger Vertrag Herrlich kaum in Regensburg halten können: „Wenn einer unbedingt weg will und sich vorher um den Verein verdient gemacht hat, dann es ist im Fußball immer so, dass man ihm keine Steine in den Weg legt.“ Der Geschäftsführer räumt allerdings ein, dass es bei einem laufenden Vertrag, „zumindest ein Schmerzensgeld“ gegeben hätte.

Dass es zuletzt zum Bruch mit Herrlich gekommen ist, wie spekuliert wurde, weist Keller energisch zurück: „Das gab es nicht. Wir haben uns in den eineinhalb Jahren immer wieder in der Sache gerne gefetzt. Das war aber immer sehr fruchtbar und gut dafür, um gemeinsam nach vorne zu kommen.“



Am Ende zählt nur der Erfolg

Wer wird nun neuer Trainer? Unser Medienhaus hat mit einem Experten gesprochen: Peter Neururer. Der Kult-Trainer und TV-Experte kennt die 2.Liga sehr gut. Den Durchmarsch des Jahn hat er genau verfolgt. Dass es nun einen bestimmten Trainer-Typ braucht, um auch nach Herrlich erfolgreich sein zu können, glaubt Neururer nicht. „Das ist egal. Am Ende zählt nur eins: Wenn er gewinnt, ist er der Richtige, wenn er verliert, ist er es nicht.“ Dem Jahn müsse insbesondere bei der Kaderplanung eines bewusst sein: „Die 2. Liga ist im Vergleich zur 3. Liga wesentlich athletischer und die Leistungsstärke der Mannschaften ist natürlich viel dichter.“ Der Teamgeist, den die Mannschaft des Jahn zuletzt verkörperte, könne aber auch in der 2. Liga etwas bewirken: „Damit kannst du immer etwas erreichen.“

Neururer glaubt nicht, dass eine Neuverpflichtung an den Gehaltsvorstellungen des Trainerkandidaten scheitern würde – auch bei einem Verein wie dem Jahn, der nicht in Geld schwimmt. In der 2. Liga sei die Bandbreite nämlich grundsätzlich sehr groß. Einsteiger seien oft sehr günstig zu haben. Erfahrene Trainer, die vielleicht auch schon in der Bundesliga gearbeitet haben, hätten zwar zunächst ganz andere Vorstellungen, der Großteil der Coaches, da ist sich Neururer sicher, orientiere sich aber an den Möglichkeiten, die der Verein hat: „Wenn er Interesse an der Aufgabe hat, dann wird man sich einig.“


Viele Bewerbungen eingegangen

Keller muss nun erst einmal sichten. Bereits im dreistelligen Bereich liegt die Zahl der Bewerbungen, die bei ihm eingegangen sind. Der Jahn-Geschäftsführer will auch nicht ausschließen, dass der neue Mann hier dabei sein könnte, der Klub mache sich zusätzlich aber eigene Gedanken. Die Auswahl verlaufe wie beim Jahn üblich, verrät er. Zunächst werde der Kandidatenkreis immer weiter reduziert. Wenn noch zwei oder drei übrig bleiben, präsentieren sich diese in einem persönlichen Gespräch vor einem erweiterten Kreis von Vereinsfunktionären. Der Umstand, dass Klubpräsident Hans Rothammer derzeit in den USA im Urlaub ist, verzögere das Verfahren nicht, sagt Keller. Wenn die persönlichen Gespräche mit Kandidaten anstehen, sei Rothammer schließlich wieder zurück. Spekuliert wird derweil wie wild. Am Montag fiel der Name Mirko Slomka am öftesten, er soll sogar in Regensburg gesichtet worden sein. Einige Fans plädierten zudem für Dirk Schuster, den ehemaligen Darmstädter Erfolgscoach. Auf einen bestimmten Trainer-Typ – also etwa ob Routinier oder Newcomer – will sich Keller vorab nicht festlegen. Er sei da offen: „Man muss alles im Einzelfall sehen. Der Trainer muss zum Verein passen, das ist das Wichtigste und da ist es zunächst einmal nicht entscheidend, was er vorher gemacht hat.“

Aufrufe: 013.6.2017, 20:00 Uhr
Jürgen Scharf, MZAutor