2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Lässt keinen Zweifel daran, dass Geschäftsführer Christian Keller und er weiterhin die Geschicke des SSV Jahn bestimmen: Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer Foto: altrofoto.de
Lässt keinen Zweifel daran, dass Geschäftsführer Christian Keller und er weiterhin die Geschicke des SSV Jahn bestimmen: Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer Foto: altrofoto.de

"Jahn ist kein Laufsteg der Eitelkeiten"

Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer und Geschäftsführer Christian Keller im MZ-Interview

Die Spitze des Regensburger Fußball-Zweitligisten grenzt sich unmissverständlich vom neuen Investor Philipp Schober ab.

Herr Rothammer, Herr Keller, zunächst der abrupte Abgang von Trainer Heiko Herrlich, nun der Einstieg des neuen Mehrheitsanteilseigners Philipp Schober, der für Irritationen sorgt. Beim SSV Jahn scheint das Glück nie von Dauer zu sein. Ist gerade mal gut vier Wochen nach dem Aufstieg die Euphorie schon wieder verflogen?

Rothammer: Nein. Lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Wir haben in den vergangenen Jahren alles dafür getan, seriös zu arbeiten und dem Jahn damit ein neues Image zu verschaffen. Und von diesem Weg werden wir keinen Schritt abweichen. Der Verkauf der Aktien der KGaA hat keinerlei Auswirkungen auf die laufende Geschäftspolitik des Jahn. Herr Schober kann gegen unseren Willen keinen Einfluss ausüben, weder rechtlich noch wirtschaftlich noch sonst irgendwie. Und das wird auch so bleiben. Insofern herrscht bei uns Kontinuität.

Bleibt die Frage, warum der Jahn nicht selbst zugegriffen hat, als im Zuge der Regensburger Korruptionsaffäre klar war, dass sich der Immobilienunternehmer und langjährige Jahn-Gönner Volker Tretzel von seinen Anteilen an der KGaA trennen würde.

Rothammer: Wir haben versucht, mit Herrn Tretzel in Kontakt zu treten. Das ist uns nur ansatzweise und meist indirekt in Gesprächen mit seinen Rechtsbeiständen gelungen. Auch ein Kontaktversuch von Rudolf Schels (Regensburger Unternehmer, Ex-Vizepräsident von Bayern München und Jahn-Sponsor/d. Red.), der wie andere Unternehmer aus der Region hinter uns steht und der uns in dieser Sache unterstützen wollte, schlug fehl. Herr Tretzel hat seine Anteile verkauft. Das ist als Eigentümer sein gutes Recht. Ich mache aber kein Hehl daraus, dass wir uns eine verantwortungsvollere und standortorientiertere Lösung gewünscht hätten. Den Verkauf an Herrn Schober halten wir nicht für richtig.

Lesen Sie hier: Jahn-Investor Schober: „Sehe ich aus wie eine Heuschrecke?“

Klingt da massive Verärgerung durch?

Rothammer: In der Tat. Besonders ärgert uns, dass uns Herr Tretzel in der abgelaufenen Saison auf einer Finanzierungslücke von 500 000 Euro sitzengelassen hat. Diese Summe hatte er uns fest zugesagt, sie wurde im Etat eingeplant und ausgegeben. Hätten wir die Lücke nicht aus den Jahn-Gremien heraus geschlossen, wäre der Jahn zahlungsunfähig gewesen. Und Herr Tretzel hätte nichts mehr gehabt, das er hätte verkaufen können.

Fehlte eventuell der Nachdruck bei den Kontaktversuchen?

Rothammer: Wir haben Herrn Tretzel Teppiche in allen möglichen Farben ausgerollt. Bereits als er in Untersuchungshaft saß, hat er von uns einen persönlichen Brief mit der Bitte um eine konstruktive Lösung erhalten. Wir haben ihm beispielsweise angeboten, auf unsere Kosten ein Gutachten über den tatsächlichen Wert seiner Anteile erstellen zu lassen. Aber wir konnten natürlich keine Fantasiesummen zahlen. Offenbar lag letztlich ein spekulativer Ansatz auf dem Tisch, der zu einem höheren Angebot führte.

Nun rätseln weiterhin viele, was hinter dem Engagement von Herrn Schober steckt. Wissen Sie mehr?

Rothammer: Wir können bis heute nicht die Absichten von Herrn Schober ergründen. Auch nach persönlichen Gesprächen sind wir da nicht weiter. Wir haben allerdings Bedingungen formuliert, wie wir uns eine konstruktive Zusammenarbeit vorstellen. Eine Reaktion steht aus. Es herrschte bis zum Aufstieg Funkstille. Dann wurde uns der Verkauf der Anteile mitgeteilt. Am 10. Juli findet nun die Hauptversammlung statt, in der der formale Akt der Übertragung vollzogen wird.

Herr Schober beruft sich auf einen väterlichen Freund, der ihm beim Kauf finanziell unter die Arme gegriffen hat. Das heizt Spekulationen an. Wie ist Ihr Stand der Dinge?

Rothammer: Es stimmt, es kursieren abenteuerliche Gerüchte, es fallen Namen weit über den Raum Regensburg hinaus. Die Rede war von einer Investorengruppe. Aber wir wissen nicht, wer dahintersteckt. Herr Schober ist im Moment unser Ansprechpartner.

Und was sagen Sie Ihrem Ansprechpartner?

Rothammer: Ich habe ihm in einem Gespräch am vergangenen Samstag sehr, sehr deutlich gemacht und will das in der Öffentlichkeit gerne wiederholen: Herr Schober ist nicht berechtigt, für den SSV Jahn zu sprechen – weder für den Hauptverein noch für die Kapitalgesellschaft. Der Jahn wird in erster Linie vertreten durch den Geschäftsführer Christian Keller und den Vorstandsvorsitzenden, das bin ich.

In einem Gespräch mit unserem Medienhaus („Sehe ich aus wie eine Heuschrecke?“, MZ vom 23. Juni/d. Red.) hat Herr Schober aber bereits sehr konkrete Vorhaben skizziert.

Rothammer: Mag sein, dass er Pläne hat. Aber das hat mit uns erst mal gar nichts zu tun. Ich habe bislang nur unrealistische Investitionsaussagen gehört. Wenn Herr Schober unbedingt ein Nachwuchsleistungszentrum bauen will, soll er das tun. Er selbst kann das aber definitiv nicht für den Jahn umsetzen! Wir sind bis über das Jahr 2030 hinaus vertraglich an das Trainingsgelände am Kaulbachweg gebunden. Grundstückseigentümer ist die Stadt, wir sind nur Erbbauberechtigte. Wir kommen da vertraglich nicht raus – und wir wollen das auch gar nicht. Wenn Herr Schober uns finanziell dabei unterstützen möchte, Infrastrukturmaßnahmen am Kaulbachweg umzusetzen, dann werden wir das an klare Bedingungen knüpfen.

Kommt nun über Herrn Schober und seine möglichen Partner wieder die alte Idee ins Spiel, rund um die Continental-Arena weitere Infrastruktur anzusiedeln?

Rothammer: Die Gedanken, dort ein Leistungszentrum, ein Hotel oder ein Ärztehaus anzusiedeln, sind ja prinzipiell nicht abwegig. Aber der Regensburger Stadtrat hat sich nun mal anders entschieden. Punkt! Nach meinen Informationen gehören die Grundstücke rund um die Arena überwiegend der Stadt, die dort auch Pläne hat, aber diese nicht verwirklichen kann, weil dort Landwirte Sperrgrundstücke besitzen. Wenn überhaupt, dann wird die Stadt dort tätig – und kein privater Investor.

Herrn Schobers Aussagen sind in der Öffentlichkeit so aufgefasst worden, dass er dem Jahn finanziell helfen will.

Rothammer: Wenn Herr Schober Geld oder Ideen hat, die er einbringen will, dann werden wir uns in den dafür zuständigen Jahn-Gremien damit befassen. Damit wir überhaupt darüber nachdenken, etwas zu machen, müssen die oben genannten Bedingungen erfüllt sein – die wichtigste davon ist: wir werden kein Fremdkapital, also Darlehen, von Herrn Schober annehmen. So ist der Weg. Ich habe Herrn Schober auch bereits auf die Möglichkeit hingewiesen, uns bei unseren Vorhaben, zum Beispiel beim Neubau eines Trainingsplatzes für die Jahnschmiede, mit Spenden behilflich zu sein. Das hat er ziemlich deutlich überhört. Nochmals zur Verdeutlichung: Der SSV Jahn ist keine Übungsfirma oder ein Laufsteg der persönlichen Eitelkeiten.

So, wie Sie die Lage darstellen, könnte Sie Herrn Schobers Engagement mangels Einflussmöglichkeiten doch völlig kalt lassen, oder?

Keller: Grundsätzlich ist das so, ja. Aussagen wie jene, die er im Interview Ihrer Zeitung gemacht hat, können uns aber schon wehtun. Ich nenne sein Vorgehen mal suboptimal. Jetzt steht bundesweit die Vision einer Erstligazukunft des SSV Jahn im Raum, nun ist davon die Rede, dass wir mit Herrn Schobers Unterstützung zweitligaerfahrene Spieler finanzieren könnten. Das lesen Spieler, das lesen deren Berater, das lesen die Fans. Bei denen setzt sich der Eindruck fest, dass die Zeiten vorbei sind, in denen der Jahn wegen seiner geringen finanziellen Möglichkeiten auf die Tränendrüse drückt und jetzt auf einmal alles golden ist. Letzteres stimmt zweifellos nicht, kommt dann nach außen aber so an: Da gibt es jetzt einen Investor und damit Geld. Es ist aber nicht nur so, dass Herr Schober nicht für den Jahn sprechen kann, es ist auch höchst zweifelhaft, ob jemals ein Cent von ihm an den SSV Jahn fließen wird.

Gab es weitere Reaktionen auf Schobers Aussagen?

Rothammer: Wir mussten einige Sponsoren beruhigen. Die fragen uns: Habt ihr jetzt plötzlich die Bodenhaftung verloren?

Diesen Verdacht können Sie doch leicht aus der Welt schaffen, oder?

Keller: Das stimmt und das werden wir auch tun, trotzdem sorgen solche deplatzierten Aussagen für unnötige Unruhe. Formal betrachtet haben wir im Übrigen einigen unserer Sponsoren im Zuge der sogenannten Regensburger Korruptionsaffäre ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, falls sich die Mehrheitsverhältnisse beim Jahn ändern. Die könnten theoretisch ihr Engagement beenden. Insofern wäre es schön, wenn Herr Schober sich zurücknehmen würde.

Das alles klingt absolut nicht nach einer Basis für eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen dem Jahn und dem neuen Investor, um es vorsichtig auszudrücken.

Rothammer: Das möchte ich so noch nicht sagen. Wir haben Herrn Schober aufgezeigt, wie er seine Anteile schützt und der Jahn gleichzeitig seinen Weg weitergehen kann. Dafür gibt’s einen konkreten Plan, den habe ich ihm erläutert. Herr Schober ist im Urlaub, wir haben uns auf Mitte Juli vertagt. Dann werden wir weiter darüber sprechen, ob er unseren Weg mitgeht. Das wäre zwar immer noch nicht das, was wir uns zu hundert Prozent gewünscht hätten. Aber es wäre ein Weg. Wenn er diesen nicht gehen will, dann haben wir genügend andere Möglichkeiten, unseren Weg auch ohne ihn weiter zu beschreiten.

Wie sehen diese Möglichkeiten aus?

Rothammer: Da will ich die Karten noch nicht auf den Tisch legen. Nur so viel: Wenn es notwendig sein sollte, uns vor Herrn Schober zu schützen, dann werden wir das tun.

Das müssen Sie der Öffentlichkeit näher erläutern. Herr Schober ist im Besitz von rund 90 Prozent der Anteile der KGaA. An ihm kommt der Jahn doch nicht mehr vorbei, oder?

Rothammer: Schauen wir mal die Rechte an, die ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft auf Aktien hat. Er kann sich laut Satzung natürlich in den Aufsichtsrat der KGaA wählen lassen und dort abstimmen, wenn wir Darlehen von mehr als 50 000 Euro aufnehmen, wenn wir uns an anderen Unternehmen beteiligen, Unternehmensanteile veräußern oder Schuldverschreibungen ausgeben möchten. All das haben wir nicht vor, und es wird auch nicht passieren.

Um es verkürzt auszudrücken: Hat der Mehrheitsanteilseigner der Jahn-KGaA also die Aktien, aber kaum etwas zu sagen?

Keller: Die bekannte 50+1-Regel im deutschen Profifußball wäre ja in unserem Fall durchkreuzt, wenn Herr Schober 90 Prozent der Anteile hält und damit gleichzeitig das Sagen im Verein hätte. In unserer besonderen Rechtsform der KGaA haben die Aktionäre auf die Arbeit der Geschäftsführung null Prozent Einfluss. Das ist die Top-Lösung für einen Fußballverein, der seine Fußballabteilung ausgliedert.

Aber wenn Sie zusätzliches Geld – sprich: ein Darlehen – brauchen, um beispielsweise einen Neuzugang in der Winterpause zu finanzieren, dann kommt der Investor ins Spiel. Schränkt das Ihre Handlungsmöglichkeiten enorm ein?

Keller: Wir werden kein Fremdkapital von Herrn Schober annehmen, um die Wahrscheinlichkeit auf sportlichen Erfolg zu erhöhen. Es kommt nicht in Frage, dass wir uns in eine derartige Abhängigkeit begeben. Unsere aktuelle wirtschaftliche Saisonplanung ist so, dass wir, wenn’s normal läuft, ein bisschen Speck ansetzen können. Das wären dann Mittel, die uns auch die Möglichkeit geben würden, sportlich noch einmal nachzulegen.

Herr Schober hat uns gegenüber einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren genannt, die er vorläufig für sein Engagement beim Jahn ansetzt

Rothammer: Ich bin 64 und gehe jetzt in meine zweite dreijährige Amtszeit als Vorstandsvorsitzender beim Jahn. Solange Christian Keller und ich da sind und der Jahn seinen Weg nicht verlässt, wird nichts passieren, was nicht im dargelegten Interesse des SSV Jahn ist. Wenn Herr Schober andere Dinge im Sinn haben sollte, ist wohl die Frage, wer den längeren Atem hat (lacht).

Keller: Grundsätzlich ist das so, ja. Aussagen wie jene, die er im Interview Ihrer Zeitung gemacht hat, können uns aber schon wehtun. Ich nenne sein Vorgehen mal suboptimal. Jetzt steht bundesweit die Vision einer Erstligazukunft des SSV Jahn im Raum, nun ist davon die Rede, dass wir mit Herrn Schobers Unterstützung zweitligaerfahrene Spieler finanzieren könnten. Das lesen Spieler, das lesen deren Berater, das lesen die Fans. Bei denen setzt sich der Eindruck fest, dass die Zeiten vorbei sind, in denen der Jahn wegen seiner geringen finanziellen Möglichkeiten auf die Tränendrüse drückt und jetzt auf einmal alles golden ist. Letzteres stimmt zweifellos nicht, kommt dann nach außen aber so an: Da gibt es jetzt einen Investor und damit Geld. Es ist aber nicht nur so, dass Herr Schober nicht für den Jahn sprechen kann, es ist auch höchst zweifelhaft, ob jemals ein Cent von ihm an den SSV Jahn fließen wird.

Gab es weitere Reaktionen auf Schobers Aussagen?

Rothammer: Wir mussten einige Sponsoren beruhigen. Die fragen uns: Habt ihr jetzt plötzlich die Bodenhaftung verloren?

Diesen Verdacht können Sie doch leicht aus der Welt schaffen, oder?

Keller: Das stimmt und das werden wir auch tun, trotzdem sorgen solche deplatzierten Aussagen für unnötige Unruhe. Formal betrachtet haben wir im Übrigen einigen unserer Sponsoren im Zuge der sogenannten Regensburger Korruptionsaffäre ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, falls sich die Mehrheitsverhältnisse beim Jahn ändern. Die könnten theoretisch ihr Engagement beenden. Insofern wäre es schön, wenn Herr Schober sich zurücknehmen würde.

Das alles klingt absolut nicht nach einer Basis für eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen dem Jahn und dem neuen Investor, um es vorsichtig auszudrücken.

Rothammer: Das möchte ich so noch nicht sagen. Wir haben Herrn Schober aufgezeigt, wie er seine Anteile schützt und der Jahn gleichzeitig seinen Weg weitergehen kann. Dafür gibt’s einen konkreten Plan, den habe ich ihm erläutert. Herr Schober ist im Urlaub, wir haben uns auf Mitte Juli vertagt. Dann werden wir weiter darüber sprechen, ob er unseren Weg mitgeht. Das wäre zwar immer noch nicht das, was wir uns zu hundert Prozent gewünscht hätten. Aber es wäre ein Weg. Wenn er diesen nicht gehen will, dann haben wir genügend andere Möglichkeiten, unseren Weg auch ohne ihn weiter zu beschreiten.

Wie sehen diese Möglichkeiten aus?

Rothammer: Da will ich die Karten noch nicht auf den Tisch legen. Nur so viel: Wenn es notwendig sein sollte, uns vor Herrn Schober zu schützen, dann werden wir das tun.

Das müssen Sie der Öffentlichkeit näher erläutern. Herr Schober ist im Besitz von rund 90 Prozent der Anteile der KGaA. An ihm kommt der Jahn doch nicht mehr vorbei, oder?

Rothammer: Schauen wir mal die Rechte an, die ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft auf Aktien hat. Er kann sich laut Satzung natürlich in den Aufsichtsrat der KGaA wählen lassen und dort abstimmen, wenn wir Darlehen von mehr als 50 000 Euro aufnehmen, wenn wir uns an anderen Unternehmen beteiligen, Unternehmensanteile veräußern oder Schuldverschreibungen ausgeben möchten. All das haben wir nicht vor, und es wird auch nicht passieren.

Um es verkürzt auszudrücken: Hat der Mehrheitsanteilseigner der Jahn-KGaA also die Aktien, aber kaum etwas zu sagen?

Keller: Die bekannte 50+1-Regel im deutschen Profifußball wäre ja in unserem Fall durchkreuzt, wenn Herr Schober 90 Prozent der Anteile hält und damit gleichzeitig das Sagen im Verein hätte. In unserer besonderen Rechtsform der KGaA haben die Aktionäre auf die Arbeit der Geschäftsführung null Prozent Einfluss. Das ist die Top-Lösung für einen Fußballverein, der seine Fußballabteilung ausgliedert.

Aber wenn Sie zusätzliches Geld – sprich: ein Darlehen – brauchen, um beispielsweise einen Neuzugang in der Winterpause zu finanzieren, dann kommt der Investor ins Spiel. Schränkt das Ihre Handlungsmöglichkeiten enorm ein?

Keller: Wir werden kein Fremdkapital von Herrn Schober annehmen, um die Wahrscheinlichkeit auf sportlichen Erfolg zu erhöhen. Es kommt nicht in Frage, dass wir uns in eine derartige Abhängigkeit begeben. Unsere aktuelle wirtschaftliche Saisonplanung ist so, dass wir, wenn’s normal läuft, ein bisschen Speck ansetzen können. Das wären dann Mittel, die uns auch die Möglichkeit geben würden, sportlich noch einmal nachzulegen.

Herr Schober hat uns gegenüber einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren genannt, die er vorläufig für sein Engagement beim Jahn ansetzt

Rothammer: Ich bin 64 und gehe jetzt in meine zweite dreijährige Amtszeit als Vorstandsvorsitzender beim Jahn. Solange Christian Keller und ich da sind und der Jahn seinen Weg nicht verlässt, wird nichts passieren, was nicht im dargelegten Interesse des SSV Jahn ist. Wenn Herr Schober andere Dinge im Sinn haben sollte, ist wohl die Frage, wer den längeren Atem hat (lacht).


Herr Keller, Herr Rothammer: Nicht nur der Einstieg des neuen Investors bewegt die Jahn-Fans. Auch der Abschied von Coach Herrlich ist noch ein Thema. Können Sie zur Aufklärung beitragen und Details nennen?

Rothammer: Als ich mich nach dem Aufstieg in den USA-Urlaub verabschiedet habe, hatte ich keinerlei Zweifel, dass er auch in der zweiten Liga unser Trainer sein wird. Christian Keller hat mit Herrlichs Berater Michael Meier in Dortmund unser Vertragsangebot erörtert, das wir auf dessen Wunsch hin noch nachgebessert haben. Es gab also eine Einigung – das war mein Stand noch am Donnerstag, 8. Juni.

Keller: Heiko hat mich an jenem Donnerstagabend gegen 22 Uhr angerufen und seine Entscheidung mitgeteilt, zu Bayer Leverkusen zu wechseln. Wir waren uns auch vor den Vertragsverhandlungen darüber einig, weiter zusammenarbeiten zu wollen, das wurde ja auch immer wieder öffentlich kommuniziert. Ich dachte, das reicht.

Hat es offenbar nicht...

Keller: Das kann man, wenn man so will, als mein Versäumnis erachten. Ich lerne daraus, dass wir Verträge, die wir anstreben, so schnell wie möglich auch schriftlich fixieren. So ist uns sicher ein kleines Schmerzensgeld aus Leverkusen entgangen.

Herr Keller, Hand aufs Herz: Wie tief sitzt Ihre menschliche Enttäuschung, zumal Heiko Herrlich öffentlich den Eindruck erweckt, der Jahn habe sich nicht um ihn bemüht?

Keller: Zunächst einmal: Ich verstehe total, dass Heiko die Chance in Leverkusen unbedingt nutzen wollte. Wie ich sein Verhalten und seine Aussagen nach dem Wechsel persönlich bewerte, ist etwas anderes. Das haben Heiko und ich persönlich zu klären. Öffentlich werden Sie von mir dazu aber nichts hören. Auch das gehört zum seriösen Weg des SSV Jahn

Herr Keller, der Jahn hat nach den Aufstiegen 2003 und 2012 jeweils personell enorm aufgerüstet. Viele sehen darin die Ursache für die sofortigen Wiederabstiege. Wird sich dieser Fehler wiederholen?

Keller: Der harte Kern unserer Jungs ist jetzt zweimal hintereinander aufgestiegen. Die haben sich die Chance verdient, zweite Liga zu spielen. Dieses Kollektiv aufzubrechen, wäre nicht nur undankbar, sonder hätte auch keinen Sinn. Natürlich ist das aber auch ein gewisses Risiko. Nur mit Euphorie und Herzblut kann man nicht über 34 Spieltage bestehen. Deshalb haben wir bewusst mit Achim Beierlorzer einen Trainer verpflichtet, der Spieler weiterentwickeln kann. Denn ganz viele unserer Jungs haben noch Potentiale, die es zu heben gilt.

Die Regensburger Korruptionsaffäre wird aller Voraussicht nach ab Herbst vor Gericht aufgearbeitet. Dabei wird sicherlich die Rolle des SSV Jahn im vermuteten Geflecht zwischen der Stadtspitze und Tretzel häufig zur Sprache kommen. Fürchten Sie diese Außenwirkung und mögliche Imageschäden?

Rothammer: Wir können nicht verhindern, dass der Name SSV Jahn in diesem Zusammenhang fallen wird. Ich sehe das aber mit sehr großer Gelassenheit – und ich sehe nicht, dass das Einfluss auf unsere laufende Geschäftspolitik haben wird. Wissen Sie, ich habe nach dem Aufstieg die rote Wand unserer Fans in der Münchner Allianz Arena jubeln gesehen. Das nimmt mir keiner mehr. Unser Ziel war es, dass die Stadt und die Region wieder stolz auf den SSV Jahn sein können. Da sind wir ein bedeutendes Stück weitergekommen. Und dieser Stolz wird vieles überlagern.

Keller: Natürlich bedeutet der mögliche Prozess aber, dass wir öffentlich wieder gegen etwas anarbeiten müssen, was es nicht bräuchte. Wir haben sehr früh die Beziehungen zwischen Herrn Tretzel und dem SSV Jahn transparent gemacht und aufgezeigt, dass zwischen SSV Jahn und Tretzel sowie SSV Jahn und Stadt alles sauber war. Der SSV Jahn wird in diesem Verfahren nicht belangt werden – zumindest nicht für den Zeitraum, in dem ich hier tätig bin. Dafür lege ich die Hand ins Feuer!

Aufrufe: 02.7.2017, 11:00 Uhr
Heinz Gläser, Christian Kucznierz und Ernst WaAutor